Versicherungsbranche

Wachstum dank künstlicher Intelligenz

Noch unterschätzen Versicherer das Potenzial von Machine Learning und Artificial Intelligence. Richtig eingesetzt, kann die Automatisierung intelligenten Verhaltens enormes Wachstum für die Branche entfachen.

Wachstum dank künstlicher Intelligenz

Wenn es um die Digitalisierung geht, ist die Versicherungsbranche mitunter noch immer mit angezogener Handbremse unterwegs. Dabei ist spätestens in der Coronakrise klar geworden, dass Versicherer bei dem Thema Gas geben müssen. Denn mit Covid-19 ist die Nutzung von Online-Services innerhalb kürzester Zeit nach oben geschnellt. Viele Verbraucher haben sich quasi im Zeitraffer an das digitale Serviceerlebnis gewöhnt und es schätzen gelernt. Versicherer müssen die neue Kundenschnittstelle jetzt ausbauen und weiter in die Digitalisierung investieren.

Bislang aber lassen sie insbesondere in puncto Machine Learning und Artificial Intelligence noch viel Wachstumspotenzial ungenutzt und beschränken sich bei diesen Themen zu sehr auf die Möglichkeiten von Kosteneinsparungen durch die Automatisierung von Routine-Backoffice-Tätigkeiten – zum Beispiel beim Underwriting, im Claims Handling oder im Servicing. Sicher, Machine Learning kann dabei behilflich sein. Doch wer bei Machine Learning und Artificial Intelligence nur an die Kosten oder das Fraud Management denkt, vergisst den viel größeren Wert dieser beiden Werkzeuge: das Potenzial auf der Umsatzseite. 

Blick nach Asien

Wie groß dieses Potenzial sein kann, zeigt ein Blick auf andere Versicherungsmärkte. In Südost- und Zentralasien beispielsweise haben Versicherer die großen Chancen auf der Top-Line-Seite bereits erkannt. Sie nutzen in diesen Märkten die zunehmende Digitalisierung der Touchpoints mit ihren Kunden als Möglichkeit, wertvolle Datenpunkte systematisch zu sammeln, zu aggregieren, anzureichern und anschließend in gezielten Anwendungen intelligent zu verwenden. Jeder einzelne Kontakt, jeder Klick und jede Suche werden genutzt, um dem Kunden ein für ihn passendes Produkt zu bieten. In Europa stehen die Versicherer in dieser Hinsicht oft noch am Anfang.

Das bedeutet im Umkehrschluss auch, dass es für heimische Versicherer noch enormes Wachstumspotenzial auf diesem Gebiet gibt. Machine Learning lässt sich gewinnbringend etwa bei der Optimierung von Produktempfehlungen, der Verbesserung des Cross-Selling oder Upselling sowie im Customer Lifecycle Management einsetzen. Alles führt auf ein großes Ziel hinaus: die hyperpersonalisierte Kundenbetreuung. Weg von starren Policen, die der breiten Masse angeboten werden, und hin zu einer maßgeschneiderten, sich sowohl kunden- als auch kanalspezifisch kontextuell anpassenden Angebotsstruktur.

Versicherer, die ihre vorliegenden Daten mit Hilfe von Artificial Intelligence konsequent analysieren und daraus die richtigen Ableitungen ziehen, können individuellere und zielgerichtetere Produktempfehlungen aussprechen.

Machine Learning ermöglicht es den Versicherungen, Kunden bei ihren individuellen Bedürfnissen exakt abzuholen und so im gleichen Zug sowohl die Kundenzufriedenheit zu erhöhen als auch die maximale Zahlungsbereitschaft des spezifischen Kunden abzuschöpfen, während der Kunde letztlich nur für die Leistungen zahlt, die er auch wirklich möchte.

Flexibel einsetzbar

Was Versicherer bisher überschätzen, sind die technischen Hürden, um eine digitale Business-Strategie zu implementieren. Immer wieder ist zu hören, dass Versicherungsunternehmen sich vor dem Einsatz von Machine Learning und Artificial Intelligence scheuen, da sie denken, dass dies zu lange dauert, die Technik nicht in die eigene IT-Infrastruktur eingebunden oder nicht auf andere Märkte skaliert werden kann. Doch das Gegenteil ist der Fall. Machine Learning und Artificial Intelligence sind bereits jetzt nutzbar und flexibel einsetzbar – egal, in welcher technischen Infrastruktur und in welchem Markt. Denn die technologischen Möglichkeiten haben sich in den vergangenen fünf Jahren stark weiterentwickelt.

Vereinfachte Prozesse

Machine Learning und Artificial Intelligence ins eigene Unternehmen zu integrieren, hat sich dadurch deutlich vereinfacht – auch in Legacy-IT-Systemen. Softwarelösungen wie Docker und das bewusste Zusammenspiel von Softwareentwicklung und IT haben die Prozesse stark vereinfacht. Mit der „Container“-Philosophie, die über Technologien wie Docker ermöglicht wird, lassen sich Best Practices sowie bereits entwickelte Lösungskomponenten dynamisch kombinieren, um auch komplexere Machine-Learning-Anwendungen in vereinfachter Weise zu entwickeln und in bestehende Altsysteme zu integrieren.

Bislang dauerte die Projektentwicklung und Implementierung einer fortgeschrittenen Machine-Learning-Anwendung rund sechs Monate. Bei Simon-Kucher arbeiten wir auf Machine-Learning-Projekten bei unseren Klienten mit einer selbstentwickelten Lösung – damit können wir diese Zeit ungefähr halbieren. Das zeigt, wie viel Effizienzgewinn in der Phase der Implementation möglich ist. In jedem Fall kann die Implementierung leistungsfähiger Machine-Learning- und Artificial-Intelligence-Anwendungen ein sinnvolles Investment sein: Denn nur der Versicherer, der seinen Kunden wirklich kennt und ihm zum richtigen Zeitpunkt das zu seinen Bedürfnissen passende Produkt anbieten kann, hat das Potenzial, auch im Markt der Zukunft weiter zu wachsen.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.