USA

Bidens Klima-Revolution

Der neue US-Präsident Joe Biden sagt mit einem umfangreichen Programm dem Klimawandel den Kampf an. Bei der Umsetzung ist er allerdings auf republikanische Stimmen angewiesen.

Bidens Klima-Revolution

Von Peter De Thier, Washington

Geht es nach Joe Biden, dann werden bis 2035 Amerikas Stromversorgungsunternehmen kein Kohlendioxid mehr ausstoßen und 15 Jahre danach die gesamte Wirtschaft auf erneuerbare Energien umgesattelt haben. Kein anderer Präsident in der US-Geschichte hat sich im Kampf gegen den Klimawandel die Ziele so hoch gesteckt wie Biden, der zudem glaubt, mit Investitionen in saubere Energien zehn Millionen neue Arbeitsplätze schaffen zu können. Obwohl die politische Stimmung in einer zunehmend umweltbewussten US-Gesellschaft Biden eine günstige Ausgangsposition bietet, hat er keinen leichten Stand. Die meisten Initiativen müssen in Gesetzesform gegossen werden, und die republikanische Opposition läuft bereits Sturm gegen Bidens „Clean Energy Revolution“.

Schon kurz nach seiner Vereidigung setzte der 46. Präsident mit dem Wiedereintritt in das Pariser Klimaabkommen ein klares Zeichen. Stünden derzeit nicht der Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie und das Tauziehen um ein Konjunkturpaket im Vordergrund, wäre zweifellos die Energie- und Klimapolitik an der Spitze der politischen Tagesordnung zu finden.

Welche Bedeutung die Umwelt für Biden ungeachtet der akuten Herausforderungen während der ersten Phase seiner Amtszeit hat, kommt schon in den zahlreichen Dekreten zum Ausdruck. Herbe Rückschläge für fossile Energieträger sind sowohl das Verbot weiterer Ölförderung auf öffentlichem Land ebenso wie die angeordneten Einschränkungen beim Fracking.

Mit der Gründung einer National Climate Task Force, der Experten aus mehr als 20 Bundesbehörden angehören, will er zudem sicherstellen, dass der Kampf gegen den Klimawandel in sämtlichen Aspekten der Regierungspolitik seinen Niederschlag findet. Illustriert wird dies unter anderem durch seinen Wunsch, dass der Fiskus für Dienstwagen und Fahrzeuge für den staatlichen Gebrauch künftig nur noch elektrische Autos kaufen soll.

Gipfel im April

Als Gastgeber eines Klimagipfels im April ist es ihm zudem ein Anliegen, sicherzustellen, dass die Rückkehr zum Pariser Abkommen nicht als Lippenbekenntnis aufgefasst wird – im Gegenteil. Bidens „Klima-Zar“, der frühere Senator John Kerry hat bereits durchblicken lassen, dass ihm die Pariser Ziele nicht weit genug gehen. Er fordert, dass Unternehmen in sämtlichen Unterzeichnerländern bis 2050 „netto kohlenstoffneutral“ sind und alle fünf Jahre Zwischenziele gesteckt werden, die entsprechende Fortschritte messen. Ungeachtet des globalen Ansatzes muss Biden als Präsident des weltweit zweitgrößten CO2-Emittenten natürlich zunächst vor der eigenen Türe kehren. 2 Bill. Dollar soll seine Energierevolution kosten. Geplant sind unter anderem umfangreiche Investitionen in grüne Umwelttechnologien und eine weitreichende Modernisierung des öffentlichen Transportwesens, bei dem die Nutzung erneuerbarer Energien im Mittelpunkt steht. Auch sollen Unternehmen ebenso wie private Haushalte für den freiwilligen Übergang zu erneuerbaren Energien staatliche Zuschüsse erhalten.

Langfristiges Ziel ist eine abgasfreie US-Wirtschaft in 30 Jahren. Um das zu realisieren, muss Biden aber sein gesamtes Verhandlungsgeschick einsetzen und seinem Ruf als Integrationsfigur gerecht werden, die mit jedem politischen Gegner zu Verhandlungen bereit ist.

Im Gegensatz zur Debatte um ein neues Konjunkturgesetz, welches die Demokraten notfalls im Alleingang durchsetzen können, muss der Präsident für sein ambitioniertes Umweltprojekt zehn Republikaner an Bord holen. Nur so kann er einen sogenannten Filibuster blockieren, eine endlose Senatsdebatte, die Gesetzesentwürfe faktisch torpediert. Das könnte schwierig werden, da viele Vertreter des konservativen Parteiflügels weiterhin den Klimawandel leugnen und selbst Moderate in ihren Heimatstaaten auf die Interessen der fossilen Energieindustrie Rücksicht nehmen müssen.