Deutsche Finanzbranche äußert Unmut über Vorgaben aus Brüssel
Deutsche Finanzbranche äußert Unmut über Vorgaben aus Brüssel
fed Brüssel
Oft treffen Vorschläge für europäische Finanzmarktregulierung bei Banken, Fonds und Versicherungen auf Kritik. Doch es kommt nicht so häufig vor, dass Teile der Finanzindustrie die EU-Kommission auffordern, ihren Vorschlag komplett aufzugeben. Genau das ist bei der Retail Investment Strategy der Fall.
„Die EU-Kommission sollte endlich den Mut aufbringen, die Kleinanlegerstrategie zurückzuziehen“, lautet etwa die unmissverständliche Forderung des deutschen Fondsverbands BVI. Hauptgeschäftsführer Thomas Richter beklagt, die Kleinanlegerstrategie sei zum Selbstzweck geworden, unabhängig von Nutzen und Aufwand. „Praktisch alle Beteiligten sind mit ihr unzufrieden, die Finanzbranche, Verbraucherschützer und Aufseher“, moniert der BVI-Vertreter – und zwar in Kenntnis der Vorschläge für Vereinfachungen, die aber nicht helfen würden, die Ziele zu erreichen. In Brüssel scheine der Prozess jedoch wichtiger zu sein als das Ergebnis. „Hat der Zug erst einmal den Bahnhof verlassen, will niemand die Notbremse ziehen, obwohl er in die falsche Richtung fährt“, lautet Richters enttäuschtes Fazit.
Auch Banken mit scharfer Kritik
Nicht viel günstiger fällt das Urteil der Deutschen Kreditwirtschaft (DK) aus, also der Verbände von Sparkassen, Volksbanken, privaten Geldhäusern, Pfandbriefbanken und öffentlichen Instituten. Die DK unterstütze zwar das Ziel, mehr Privatanleger an den Kapitalmarkt zu bringen. Doch statt echte Anreize zu setzen, erschwere der aktuelle Vorschlag vielfach den Zugang zu Kapitalmarkt, Beratung und zu geeigneten Produkten. Die EU-Kommission verpasse mit Ihren unzureichenden Vereinfachungsvorschlägen die Trendumkehr.
Es müsse Ziel sein, Hürden abzubauen und das Wertpapiergeschäft einfach und praxistauglich zu gestalten, sagt Heiner Herkenhoff, Hauptgeschäftsführer des Bankenverbands, mit Blick auf das aktuelle Non-Paper der Europäischen Kommission zur Retail Investment Strategy. Aus Sicht der Kreditwirtschaft droht die geplante Strategie in der jetzigen Fassung ihr Ziel deutlich zu verfehlen. „Die RIS muss deutlich einfacher werden – oder vom Tisch. Eine gut gemeinte Idee sollte nicht schlecht umgesetzt werden“, unterstreicht Herkenhoff.
Starrer Fokus auf Kosten
Konkret beanstandet die DK unter anderem, dass die Vorgaben zum Thema Value for Money zu einem Bürokratiemonster führten und deshalb abzulehnen seien – zumal der Schwerpunkt der derzeitigen Vorschläge viel zu sehr auf einer umfangreichen, starren Prüfung von Kosten liege.
Deutschlands Assekuranzen bedauern, dass die Kleinanlegerstrategie der EU-Kommission ein erster Schritt sei, aber deutlich hinter den Möglichkeiten zurückbleibe. Das Vereinfachungspotenzial werde nicht ausgeschöpft. Der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft, Jörg Asmussen, ist überzeugt: „Die europäischen Co-Gesetzgeber sollten den eingeschlagenen Weg, die RIS zu vereinfachen, ehrgeizig und zügig weiterverfolgen.“ Entscheidend sei dabei, dass der Nutzen neuer Vorgaben überwiege - für Anbieter wie für Verbraucher. Regelungen, die den Beratungs- und Entscheidungsprozess weiter verkomplizierten, sollten vermieden werden. „Dazu zählt beispielsweise eine Ausweitung des ohnehin schon umfangreichen Fragenkatalogs, mit denen Kundinnen und Kunden im Beratungsprozess konfrontiert werden“, so Asmussen.