Automobilindustrie

Daimlers Strategie fußt auf China

Das Wachstum im Reich der Mitte hilft der Daimler-Tochter Mercedes-Benz, die kostspielige Elektrifizierung voranzutreiben. CEO Ola Källenius sieht dennoch weiteren Sparbedarf. Die strukturellen Kosten seien noch immer zu hoch. Dabei hat der Autobauer ein Großteil des mittelfristigen Sparziels bereits realisiert.

Daimlers Strategie fußt auf China

Von Sebastian Schmid, Frankfurt

Nach einem starken Schlussspurt 2020 fährt Daimler-CEO Ola Källenius optimistisch ins neue Jahr. Sowohl beim Absatz als auch bei Umsatz und Ergebnis erwartet der Stuttgarter Automobilkonzern deutliche Steigerungen. Zum einen setzt Källenius dabei natürlich auf eine Erholung der in der Coronakrise arg gebeutelten Märkte in Europa und Nordamerika. Aber auch in China, wo Mercedes-Benz seit April in jedem Monat mehr Autos verkaufen konnte als im Vergleichsmonat 2019, wird dem Pkw-Markt­ ein leichtes Wachstum zugetraut. Källenius setzt darauf, dass Mercedes erneut besser als der Gesamtmarkt abschneiden kann. Zuletzt stieg der Marktanteil von 3,3 auf 3,9%. Die im Oktober vorgestellte Strategie, die Luxus-Untermarken zu entwickeln, zielt darauf, das ausgemachte Absatzpotenzial in der wachsenden chinesischen Oberschicht noch besser zu heben.

Dabei geht es dem Konzernchef nicht um kurzfristige Gewinnmaximierung. Der im schwäbischen heimische Schwede und Finanzvorstand Harald Wilhelm sind überzeugt, dass die renditestarken Verkäufe der überwiegend mit effizienten hybridisierten Antrieben ausgestatteten Verbrenner nötig sein werden, um den derzeit rasant wachsenden Absatzanteil elektrifizierter Autos zu kompensieren. Im abgelaufenen Jahr waren erst 7,4% der neu zugelassenen Mercedes elektrifiziert. In diesem Jahr soll sich der Anteil auf 13% fast verdoppeln. Dazu sollen vier batterieelektrische Modelle hinzukommen. EQA, EQB, EQE und EQS sollen helfen, dass auch die strengere CO2-Flot­tenemissionsgrenze 2021 auf nicht überschritten wird. „Verbrenner sind Cash-Maschinen, die Batterieautos den Weg bereiten“, erklärt Finanzvorstand Wilhelm unzweideutig. E-Autos und Plug-in-Hybride werden in der Marge erst nach und nach besser werden, erwartet Källenius. Dennoch soll das mittelfristige Ziel für die Umsatzrendite im Pkw-Geschäft von 8 bis 10% schon in diesem Jahr erreicht werden. Auch im Truck-Segment wird pünktlich vor der Abspaltung mit einer Trendwende in der Margenentwicklung gerechnet (siehe Grafik).

Kosten strukturell zu hoch

Deshalb will der Daimler-Vorstand mit den Sparanstrengungen nach den Verbesserungen im vergangenen Jahr nicht nachlassen. Laut Källenius sind die Kosten strukturell weiter zu hoch. Auf die Frage, ob die Mitarbeiter anders als im Herbst angekündigt an der starken Entwicklung des abgelaufenen Jahres mit einer Sonderzahlung beteiligt werden, ging der Konzernchef nicht ein. Er geht davon aus, dass die Kosten für den Autobauer ohnehin wieder etwas steigen, wenn sich eine Normalisierung des Wirtschaftslebens einstellt.

2020 sanken die Fixkosten in der Sparte Mercedes-Benz Cars & Vans laut CFO Wilhelm um 14%, die Sachinvestitionen um 17% und die Forschungs- und Entwicklungskosten um 11%. Damit ist ein Gutteil der angestrebten Kostensenkungen von 20% in diesen Bereichen bis 2025 schon heute erreicht. Die Restrukturierungen verursachten einen Einmalaufwand von knapp 1,5 Mrd. Euro im Pkw-Geschäft, wobei gut 600 Mill. Euro auf den Personalabbau zurückgehen. CEO und CFO warnen davor, die Einsparungen auf 2021 fortzuschreiben. So habe auch die Sondersituation der Pandemie den Aufwand gedrückt – etwa durch Kurzarbeitergeld im ersten Halbjahr. Die Summe, die durch Kurzarbeitergeld eingespart werden konnte, wird auf rund 500 Mill. Euro bei Mercedes-Benz und 700 Mill. Euro auf Konzernebene beziffert. Positive Effekte erwartet sich der Daimler-Finanzvorstand etwa durch die Verlängerung der Abschreibungsdauer auf Sachanlagen, die sich mit 800 Mill. Euro positiv aufs Ergebnis vor Zinsen und Steuern auswirken sollen. Eine langsamere Abschreibung senkt zudem die Sachinvestitionskosten, weil der Investitionsbedarf sinkt.

Auch erlösseitig würde Källenius gerne mehr Gas geben. „Es ist etwas frustrierend, dass uns die Chipflaute jetzt bremst“, klagt er. Bei SUVs sei Daimler aktuell quasi ausverkauft. Die Schuld für den Mangel an elektronischen Bauteilen sieht Källenius nicht beim Autobauer. „Wir haben frühzeitig signalisiert, welche Mengen wir benötigen.“ Die Schuldfrage stehe aber auch nicht im Vordergrund. Man arbeite gemeinsam mit den Zulieferern daran, das Problem zu lösen. An der Börse ist das Vertrauen Daimler derzeit hoch. Der Kurs legte am Donnerstag um 2,5% zu und hat sich seit dem Tief im vergangenen März mehr als verdreifacht.