ESG-Pflichten für kleine Unternehmen

„Die Banken wissen selbst nicht, was sie tun sollen“

ESG-Berichtspflichten fordern nicht nur kleine und mittlere Unternehmen heraus, sondern auch ihre Geldgeber, wie auf der Konferenz „Green Transformation Incubator“ in Frankfurt deutlich wurde.

„Die Banken wissen selbst nicht, was sie tun sollen“

"Die Banken wissen selbst nicht, was sie tun sollen"

ESG-Berichtspflichten fordern nicht nur kleine und mittlere Unternehmen heraus, sondern auch ihre Geldgeber, wie auf einer Fintech-Konferenz deutlich wird

jsc Frankfurt

Der Ruf nach belastbaren Angaben rund um Nachhaltigkeit lässt nicht nur mittelständische Unternehmen, sondern auch finanzierende Banken häufig ratlos zurück. Bisher seien gewöhnliche Firmen anders als viele kapitalmarktnahe Konzerne weit von einer soliden ESG-Berichterstattung entfernt und mit der Aufgabe überfordert, sagte Wali Manan, Mitgründer des Software-Start-ups ESGendium, am Donnerstag auf der Konferenz „Green Transformation Incubator“ im Techquartier in Frankfurt.

Die Ratlosigkeit unter Geldgebern, was sie konkret von den Firmen für ihre eigene ESG-Berichterstattung verlangen können, sei groß. „Die Banken, mit denen wir ins Gespräch kommen, wissen selbst nicht, was sie tun sollen“, sagte der Gründer. Ein Umgang mit Berichtspflichten, die absehbar mit der europäischen Regulierung auf viele Unternehmen zukommen, entwickele sich schrittweise.

Ruf nach „Quick-and-dirty-Lösungen“

Das Start-up bietet ein Programm an, das kleine und mittlere Unternehmen Schritt für Schritt begleitet und rudimentäre Nachhaltigkeitsberichte erstellen kann. Ziel seien zunächst keine ausgefeilten ESG-Angaben, sondern brauchbare "Quick-and-dirty-Lösungen", wie Manan es salopp formulierte.

Die Banken wollten in erster Linie sehen, dass Unternehmen überhaupt ein Verständnis für ESG-Kriterien zeigten. Dazu zählten nicht nur Treibhausgasemissionen, sondern stärker als bei Großkonzernen auch soziale Kriterien, etwa Kennziffern und Einschätzungen zur Diversität der Belegschaft oder zu fairen Verträgen.

„Schiere Komplexität der Dinge“

Doch selbst dort, wo Nachhaltigkeitsberichte bereits ausgefeilt sind, fallen konkrete Aussagen schwer, wie auf der Konferenz deutlich wurde. Die „schiere Komplexität der Dinge“ erschwere die Entscheidung zur Nachhaltigkeit, sagte Sebastian Hoepfner, Datenforscher und Berater von Deloitte. So gebe es zum Klimaeffekt von Elektroautos etliche Studien, die jeweils plausibel begründet seien, aber zu unterschiedlichen Ergebnissen kämen.

Die Deutsche-Börse-Tochter Eurex wiederum, die als Clearinghaus im Derivatehandel zwischen die Parteien tritt und Sicherheiten entgegennimmt, räumt Unterschiede zwischen ESG-Ratingagenturen ein. Das Clearinghaus greift auf Daten des Nachhaltigkeitsspezialisten ISS zurück und weist für hinterlegte Sicherheiten im Clearing auch ESG-Kenngrößen aus. Das Ergebnis „sähe potenziell anders aus, wenn wir eine andere Ratingagentur nutzen würden“, sagte Eurex-Expertin Elizabeth Regan. Die Deutsche Börse hat ISS vor drei Jahren übernommen.

Keine Angst vor Greenwashing

Die Sorge, in der Öffentlichkeit des „Greenwashing“ bezichtigt zu werden, verunsichere Unternehmen weiter, erklärte ESGendium-Mitgründer Manan. Es dürfe keine Lösung sein, ganz auf ESG-Berichte zu verzichten, ergänzte Eurex-Expertin Regan. Wichtig sei eine klare Kommunikation. „Man muss vorsichtig mit dem Versprechen sein“, befand Knut Peters, Co-Gründer des Daten-Start-ups Zero 3.

Die Firma unterstützt Unternehmen dabei, den Treibhausgasausstoß in der Lieferkette zu messen. Die bisherigen Fortschritte in der Vermeidung von Emissionen reichten absehbar nicht aus, um bestehende Klimaziele zu erreichen. Vielen Firmen gehe es zunächst nur darum, eine Übersicht über die Folgen ihres Geschäfts zu erlangen, sagte Peters. Der Weg ist also noch weit.

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