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Finanzwende kritisiert grüne Zertifikate

Immer mehr Menschen wollen ihr Geld nachhaltig investieren. Das, was Genossenschaftsbanken und Sparkassen als grüne Zertifikate vertreiben, erfülle diese Anforderung nicht, schreibt der finanzkritische Verein Finanzwende.

Finanzwende kritisiert grüne Zertifikate

Finanzwende kritisiert grüne Zertifikate

Verein: Ausgestaltung der Produkte hält keiner ESG-Definition stand

lee Frankfurt

Der branchenkritische Verein Bürgerbewegung Finanzwende wirft den deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken "Greenwashing" vor. Die dem Berliner Verein angeschlossene Rechercheeinheit hat den stark wachsenden Markt grüner und nachhaltiger Zertifikate unter die Lupe genommen und kommt in der am Freitag vorgestellten Untersuchung zu dem Schluss: "Grün oder nachhaltig ist an den meisten dieser Zertifikate außer dem Marketing nichts."

Niedrige Hürden

Wie die Autorinnen Alison Schultz und Magdalena Senn in der Studie konstatieren, definieren Banken und Sparkassen ein Zertifikat als nachhaltig, wenn sowohl die emittierende Bank als auch der Basiswert als "nachhaltig" eingestuft sind. Die Hürde hierfür sei jedoch sehr niedrig: In der Praxis reiche es aus, wenn die Banken die von den Vereinten Nationen vorgeschlagene Selbstverpflichtungserklärung "Global Compact" unterzeichnet haben und von der Ratingagentur MSCI mit einem ESG-Rating von mindestens "A" eingestuft werden. Dieselben Anforderungen gelten für den Basiswert des jeweiligen Zertifikats.

"Diese Ausgestaltung hält keiner umfassenden Nachhaltigkeitsdefinition stand", teilt Finanzwende dazu mit. Ein "A"-Rating signalisiert laut MSCI lediglich Mittelklasse in Sachen Nachhaltigkeit, und eine Nichteinhaltung der Selbstverpflichtung wird nicht sanktioniert, so dass inzwischen so gut wie jede bedeutende Bank zu den Unterzeichnern gehöre.

Die Anforderungen an den Basiswert gestalten sich nach Darstellung der Autorinnen ebenfalls lax. Unter den von ihnen analysierten Papieren befänden sich daher auch Zertifikate mit Unternehmen als Basiswert, deren Geschäftsmodell auf fossilen Brennstoffen beruhe. Am problematischsten sei jedoch die Verwendung des durch grüne Zertifikate eingeworbenen Geldes. Es unterliege allein den allgemeinen Grenzen, die sich die Bank für ihr gesamtes Geschäft gesetzt hat. Zertifikate werden von Adressen wie DekaBank, DZ Bank, Helaba und LBBW emittiert.

Beliebige Verwendung der Gelder

Theoretisch könnten die von den Anlegern in "grüne Zertifikate" investierten Mittel daher also etwa direkt in Kredite zur Erschließung neuer Ölfelder fließen, wie die Kritik lautet. "Auch eine Nachhaltigkeitswirkung über den Basiswert ist nicht gegeben", merken die Autorinnen an. Denn das Unternehmen, dessen Kurs für die Rückzahlung eines Zertifikats maßgeblich ist, merke im Normalfall überhaupt nichts vom Kauf des Zertifikats.

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