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Was bleibt vom Sustainable-Finance-Beirat?

Mit dem Bruch der Ampel-Koalition kam das vorzeitige Aus für den Sustainable-Finance-Beirat der Bundesregierung. Silke Stremlau nimmt aus ihrer Zeit als Vorsitzende persönlich viel mit. Bei der Zielerreichung fällt ihr Fazit aber durchwachsen aus.

Was bleibt vom Sustainable-Finance-Beirat?

Lessons learned aus dem Sustainable-Finance-Beirat

Mit dem Bruch der Ampel-Koalition kam das vorzeitige Aus für den Sustainable-Finance-Beirat der Bundesregierung. Silke Stremlau nimmt aus ihrer Zeit als Vorsitzende persönlich viel mit. Bei der Zielerreichung fällt ihr Fazit aber durchwachsen aus.

Von Sabine Reifenberger, Frankfurt
sar Frankfurt

Als Expertengremium mit 34 Mitgliedern stand der Sustainable-Finance-Beirat der vergangenen Bundesregierung beratend zur Seite. Der Bruch der Ampel-Koalition im Herbst brachte ein vorzeitiges Ende. „Mir war ganz klar im November: Okay, wenn jetzt Ampel-Aus ist, dann machen wir noch bis zum Ende der Legislaturperiode“, erinnert sich die damalige Beiratsvorsitzende Silke Stremlau im Podcast „Nachhaltiges Investieren“ der Börsen-Zeitung. Stremlau war von 2019 an Mitglied des neu gegründeten Beirats, 2022 übernahm sie in der 20. Legislaturperiode den Vorsitz.

Zum Start hat sie sich damals gewünscht, dass der Beirat von der Bundesregierung zu konkreten Problemen angefragt wird und man messbare Erfolge in den Portfolios und bei der Regulierung sieht. Hat es geklappt? „Teils, teils“, resümiert Stremlau. Die Einbindung des Gremiums habe bei der Offenlegungsverordnung (SFDR) gut geklappt, beim Thema Aktienrente hingegen nicht. „Aber ehrlich gesagt, ich glaube, von dem, was ich mir damals gewünscht hätte, da haben wir vielleicht die Hälfte erreicht oder 40% erreicht.“

Gefehlt habe es unter anderem an Zeit – weshalb Stremlau hofft, dass das Gremium in der neuen Koalition wiederbelebt wird. „Die Arbeitsebene möchte einen neuen Sustainable-Finance-Beirat“, berichtet Stremlau. Ob das Thema vor der politischen Sommerpause noch angestoßen wird, ist aber offen. Stremlau hat aus der Selbstevaluierung des Gremiums einige Verbesserungsvorschläge mitgenommen – angefangen bei den 34 Beiratsmitgliedern. „Die Größe würde ich auf jeden Fall reduzieren. Ich finde, maximal 25 Personen reichen aus“, sagt sie.

Strategische Fokussierung

Zudem wünscht sie sich von der Bundesregierung mehr Klarheit über die gewünschte Ausrichtung und eine stärkere inhaltliche Fokussierung. In einem Gremium mit strategischem Schwerpunkt könnte man beispielsweise CEOs und Staatssekretäre auf Augenhöhe über grundlegende Fragen diskutieren lassen und begleiten. Bei einer stärker operativen Ausrichtung könnte die Arbeitsebene in den Fokus rücken, mit Experten, die täglich „mit dem Kleinklein der Regulierung befasst sind“. Ideal wäre es, über zwei verschiedene Gremien beide Bereiche abzudecken, findet Stremlau. Sie selbst würde man „wahrscheinlich eher auf der strategischen Ebene“ antreffen, sagt sie. Noch einmal den Vorsitz zu übernehmen, komme aber für sie nicht mehr in Frage.

Sie selbst nimmt aus der Zeit im Sustainable-Finance-Beirat mit, dass viel Wirkung durch Arbeit und Gespräche im Hintergrund entsteht. Allerdings ist das zeitintensiv. Stremlau ist als stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende bei der Umwelt Bank aktiv, ist Mitglied im Aufsichtsrat der Nord/LB und sitzt im Beirat des Family Offices Solvia Vermögensverwaltung. Ihren Vorstandsposten bei den Hannoverschen Kassen, einer Pensionskasse, hat sie 2023 geräumt.

Ehrenamt als Teilzeitjob

Von September 2023 bis August 2024 hatte Stremlau ein Senior Fellowship der Stiftung Mercator und konnte sich dadurch voll auf die Arbeit im Sustainable-Finance-Beirat fokussieren. Anders wäre der Aufwand auch „nicht zu stemmen gewesen“, sagt sie.

Wie die übrigen Gremienmitglieder war Stremlau ehrenamtlich tätig. Bei einer Neuauflage sollte man darüber nachdenken, zumindest den Vorsitz mit einer halben Stelle zu budgetieren, empfiehlt sie. „Das waren locker zwei bis drei Tage pro Woche.“ Neben Sitzungen mit den Ministerien, Arbeitsgruppen und Koordinierung war Stremlau auch persönlich gefragt, als Teilnehmerin in Diskussionsrunden, Gesprächspartnerin in Interviews oder als Impulsgeberin auf Tagungen und Kongressen. Sie habe versucht, Sustainable Finance „in die breite Masse zu tragen“, sagt sie. Missen möchte sie die Erfahrung trotz der arbeitsreichen Zeit nicht. „Es hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht, ich habe unglaublich viel gelernt.“

Regulierung übersetzen

Menschen würden sie mittlerweile erkennen und auf Konferenzen ansprechen. „Dann muss ich immer schmunzeln“, bekennt Stremlau. „Aber ich finde es eigentlich ganz schön, dass dieses Thema auch dadurch ein Gesicht bekommt.“ Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, die oft komplexen Inhalte, die sich hinter CSRD, SFDR, Taxonomie und Co. verstecken, zu übersetzen. „Die Menschen draußen, auch in den Banken, auch in den Unternehmen, die wollen erst mal nicht über Regulierung sprechen. Sondern die sehen, es wird immer heißer.“

In der Bundesregierung hätte die Relevanz höher sein können.

Silke Stremlau

Doch wie erfolgreich war der Sustainable-Finance-Beirat nun aus ihrer Sicht? Auf einer Skala von 1 bis 10 stuft sie die Relevanz mit 9 Punkten ein – zumindest mit Blick auf die Wirkung in den Markt hinein. „In der Bundesregierung hätte die Relevanz höher sein können.“ Beim Thema Wirkung hingegen sieht Stremlau das Gremium zwischen 5 und 6 Punkten. Viele Ideen seien konzeptionell gut aufgegleist worden. „Aber das in die Umsetzung zu bringen, dafür brauchen wir einfach noch mal vier Jahre.“

Stremlau will ihr Wissen im Bereich Sustainable Finance weiter einbringen, derzeit engagiert sie sich etwa in einer Arbeitsgruppe zur Vorbereitung der UN-Klimakonferenz COP30, die im November in Brasilien stattfindet. „Ich werde weiter an diesem Thema arbeiten“, betont sie. „Das ist keine Sache, die man mit so einem Beirat irgendwann in die Schublade steckt. Auf gar keinen Fall.“

Info
Hier geht es zur Podcast-Episode mit Silke Stremlau aus dem Sommer 2022.

Im Podcast: Silke Stremlau