Insolvenzen

Euler Hermes erwartet verzögerte „Zombie“-Pleiten

Trotz der scharfen Rezession gab es 2020 wegen der üppigen Staatshilfen weniger Unternehmenspleiten als sonst. Das ändert sich jetzt, sagt der Kreditversicherer Euler Hermes voraus. Mit einer Insolvenzwelle sei in der zweiten Jahreshälfte zu rechnen.

Euler Hermes erwartet verzögerte „Zombie“-Pleiten

cru Frankfurt – Nach Einschätzung des Kreditversicherers Euler Hermes wird in der zweiten Jahreshälfte 2021 zusammen mit dem allmählichen Auslaufen der staatlichen Unterstützungsmaßnahmen für Unternehmen ein Wiederanstieg der lange ausbleibenden Insolvenzen in zahlreichen Ländern einsetzen.

Weltweit dürften Insolvenzen 2021 um 25% gegenüber dem Vorjahr zunehmen und in der Eurozone um 29% ansteigen. Der höchste Anstieg wird für Italien mit 73% erwartet. „Das ist hauptsächlich auf einen Basiseffekt zurückzuführen. 2020 sind Insolvenzen vielerorts durch die zahlreichen Unterstützungsmaßnahmen deutlich zurückgegangen“, erklärt Ludovic Subran, Chefökonom von Euler Hermes und dem Mutterkonzern Allianz. 2022 dürften die Insolvenzen laut Euler Hermes weltweit um 12% und in der Eurozone um 17% ansteigen.

Trotz der Lockdowns hatten laut Eurostat im dritten Quartal 2020 rund ein Fünftel weniger Unternehmen Insolvenz angemeldet als ein Jahr zuvor. Im zweiten Quartal 2020 waren es sogar 41% weniger. Hauptgrund dafür sind die üppigen Staatshilfen. Die vier Eurozonen-Riesen Deutschland Frankreich, Italien und Spanien haben für Kreditgarantien, Kurzarbeitergeld für Millionen Beschäftigte und direkte Rettungspakete mehr als 3 Bill. Euro bereitgestellt – ein Drittel Inlandsprodukte.

Die breit angelegte Verlängerung der „temporären“ Unterstützungsmaßnahmen bis 2021 dürfte laut Euler Hermes die Insolvenzen länger künstlich niedrig halten. „Jede neue Verlängerung in Bezug auf den Zeitpunkt oder das Ausmaß würde zu einem veränderten Ausblick führen, mit weniger Insolvenzen auf kurze Sicht, aber mehr Insolvenzen auf lange Sicht aufgrund der verstärkten ‚Zombifizierung‘ von Unternehmen.“ Ein Auslaufen der Staatshilfen dürfte aber bereits im zweiten Halbjahr 2021 einen Anstieg der Insolvenzen einleiten, der sich vor allem aus „Zombies“ – Unternehmen, deren Gewinn kaum für die Schuldzinsen ausreicht – aus der Zeit vor Covid-19 zusammensetzt und aus neuen überschuldeten „Zombies“ aus der Covid-19-Zeit: „Infolgedessen erwarten wir, dass unser globaler Insolvenzindex dank des Basiseffekts, der durch den starken Rückgang um 10% in 2020 entstanden ist, sowohl 2021 mit 25% als auch 2022 mit 13% deutlich steigen wird. Das gilt für alle Regionen – aber besonders für Nordamerika. Dennoch würde jedes zweite Land in unserer Stichprobe im Jahr 2021 immer noch eine niedrige Zahl von Insolvenzen im Vergleich zur großen Finanzkrise und sogar zum langfristigen Durchschnitt verzeichnen, insbesondere unter den fortgeschrittenen Volkswirtschaften. Alles in allem wäre unser globaler Insolvenzindex für 2021 um 13% höher als 2019, also vor der Krise, und 2022 um 27% höher als 2019.“

Selbst in Deutschland, wo die Bundesregierung gemessen an der Wirtschaftsleistung mehr für Stützungsmaßnahmen ausgegeben hat als andere Länder, fordert der verlängerte Lockdown seinen Tribut: Zahlreiche Hotels sind pleite, darunter Sofitel Berlin oder Nordport Plaza in Hamburg – weil der Umsatz der Branche laut Hotelverband Dehoga um die Hälfte eingebrochen ist. Die Insolvenzen nehmen zu, obwohl die seit März 2020 geltende Aussetzung der Insolvenzantragspflicht für überschuldete Unternehmen bis April 2021 verlängert wurde.