Siemens-Finanzvorstand Ralf Thomas

„Europa braucht eine Lösung für digitales Geld“

Neue Tatkraft braucht das Land: Siemens-Finanzvorstand Ralf Thomas wünscht von der neuen Bundesregierung eine schnelle und praxistaugliche Umsetzung von Vorhaben. Dies gelte zum Beispiel für digitales Geld. 

„Europa braucht eine Lösung für digitales Geld“

mic München

Siemens plädiert für eine einheitliche europäische Lösung bei der Digitalisierung des Geldes. „Wir brauchen eine klare und zügige Antwort auf die Frage, wie wir mit digitalem Geld umgehen wollen“, sagte Siemens-Finanzvorstand Ralf Thomas im CFO-Interview der Börsen-Zeitung. Er wünsche sich von der neuen Bundesregierung auch bei anderen Vorhaben, dass sie Dinge strukturell begleite und dann vor allem für deren schnelle und praxistaugliche Umsetzung sorge.

Es gehe bei der Digitalisierung gar nicht so sehr um das Geld als solches, sondern um die Umsetzung neuer Geschäftsmodelle, erklärte Thomas. Beispielsweise würden in Zukunft einzelne Bilder von Computertomografen mit Krankenhausträgern abgerechnet: „Man kann natürlich nicht für jede Dezimal-Cent-Leistung eine Rechnung schicken.“ Also müsse dieser Prozess in riesigen Datenpaketen abgearbeitet werden, so Thomas:  „Europa braucht eine Lösung für digitales Geld.“ Andernfalls werde Deutschland wieder Standards hinterherlaufen, die das Land als Exportnation zu erfüllen habe.

Europa müsse insgesamt kleinstaatlerisches Denken überwinden, forderte Thomas: „Bundesregierung und Wirtschaft sollten gemeinsam überlegen, wie wir uns als europäische Kapital- und Finanzmärkte im internationalen Wettbewerb besser positionieren können.“ Er wies da­rauf hin, dass einige neue Biopharmaunternehmen aus Deutschland sehr genau abgewogen hätten, wo sie ihre Zukunftstechnologien in die Kapitalmärkte bringen: „Sie wandern oft an die US-Börsen ab.“ Die Multiples dort seien höher als in Europa.

Die neue Coronawelle, die zahlreiche Länder erfasst hat, beeinträchtigt Siemens aktuell nicht fundamental: „Die Nachfrage nach unseren Produkten ist hoch und gut, auch im Quervergleich mit unseren Wettbewerbern.“ Es gebe aus heutiger Sicht keine signifikanten zusätzlichen ökonomischen Beeinträchtigungen. Thomas rechnet unverändert mit einem besseren Ge­schäfts­verlauf in der zweiten Hälfte des Geschäftsjahres.

Die Lieferbeschränkungen der Zulieferer werden sich Thomas zufolge voraussichtlich in absehbarer Zeit zu einem gewissen Teil auflösen. Dem Einfluss inflationsbedingt höherer Einkaufspreise auf den eigenen Gewinn möchte Siemens mit Preisgleitklauseln oder ähnlichen Regeln entgegenwirken.

Für die Aktie sieht Thomas weiteres Kurspotenzial. Er traue Siemens zu, dass das Kursziel der Analysten von 180 Euro mittelfristig sogar übertroffen werden könnte. Am Freitag beendete die Aktie den Xetra-Handel mit 147,90 Euro. Unverändert bestehe die Absicht, zeitnah beim Beteiligungsabbau an Siemens Energy tätig zu werden, sagte Thomas:  „Wir werden den ersten und sicher gut überlegten Schritt machen, wenn es der Markt erlaubt und es für Siemens Energy nicht nachteilig ist.“ Eine wesentliche Reduktion der Beteiligung werde sich aber über einen längeren Zeitraum erstrecken.

Interview Seite 8

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