Geldpolitik

EZB-Notenbanker plädiert für große Flexibilität nach PEPP-Ende

Der EZB-Rat steht vor zentralen Weichenstellungen für die künftige Geldpolitik im Euroraum. Im Interview mit der Börsen-Zeitung äußert sich Frankreichs Zentralbankchef François Villeroy de Galhau über das, was bevorsteht.

EZB-Notenbanker plädiert für große Flexibilität nach PEPP-Ende

ms Frankfurt

Die Europäische Zentralbank (EZB) sollte nach Einschätzung von Frankreichs Zentralbankchef François Villeroy de Galhau die Lehren aus ihren Corona-Kriseninstrumenten ziehen – und insbesondere die große Flexibilität des Notfallanleihekaufprogramms PEPP auch über dessen avisiertes Ende im März 2022 hinaus soweit wie möglich erhalten. Als eine leicht umzusetzende Option nennt das EZB-Ratsmitglied im Interview der Börsen-Zeitung dabei die Möglichkeit, statt eines monatlichen Kaufvolumens ein Gesamtvolumen festzusetzen. Andere Elemente der PEPP-Flexibilität könne die EZB auf anderen Wegen in ihrem „virtuellen Werkzeugkasten“ bewahren.

Die Aussagen kommen mitten hinein in eine Zeit, da im EZB-Rat wesentliche Weichen für die Zukunft der Geldpolitik gestellt werden. Für die Sitzung Mitte Dezember hat EZB-Präsidentin Christine Lagarde wichtige Entscheidungen angekündigt. Als nahezu ausgemacht gilt, dass das 1,85 Bill. Euro umfassende PEPP-Programm im März 2022 beendet wird. Unklar ist aber, wie es danach weitergeht – ob etwa das parallele Anleihekaufprogramm APP aufgestockt wird. Heftig umstritten im EZB-Rat ist vor allem auch die Frage, ob und wie die PEPP-Flexibilität erhalten werden soll. Bundesbankpräsident Jens Weidmann, der zum Jahresende vorzeitig zurücktritt, hat sich dazu stets kritisch geäußert.

„Flexibilität ist mindestens genauso wichtig wie Volumina“, formuliert Villeroy de Galhau nun eine aus seiner Sicht zentrale Lehre, die die EZB aus ihren Corona-Kriseninstrumenten und speziell PEPP ziehen solle. Ein wesentliches Element dieser Flexibilität sei es, dass es kein festes Kaufvolumen pro Monat gibt. „Diese Flexibilität könnte leicht auf das APP übertragen werden“, so Villeroy de Galhau. Derzeit kauft das Eurosystem im Zuge von PEPP für 20 Mrd. Euro pro Monat vor allem Staatsanleihen. Eine Erhöhung der APP-Nettokäufe bei einem Ende von PEPP sei „zum jetzigen Zeitpunkt eine Möglichkeit, aber noch keine Notwendigkeit“, betonte der Notenbanker.

Die anderen Elemente der PEPP-Flexibilität seien jene über Assetklassen und Länder hinweg, so Villeroy de Galhau. Das sei zwar für das APP nicht relevant. „Aber es lohnt sich, darüber nachzudenken, wie wir solche Elemente der Flexibilität in anderen Formen in Zukunft als Teil unseres ,virtuellen Werkzeugkastens‘ bewahren können.“

Angesichts der unerwartet hartnäckig hohen Inflation im Euroraum sieht Villeroy de Galhau die EZB aktuell vor einer besonderen Gratwanderung. „Wir müssen gleichzeitig geduldig und wachsam sein“, sagt er. „Wir dürfen nicht überreagieren und die Geldpolitik vorzeitig straffen.“ Der aktuelle Inflationsanstieg sei vorübergehend. Zugleich müsse die EZB aber genau aufpassen und gegensteuern, falls sich die inflationären Kräfte verfestigen sollten. „Wenn sich die Situation ändert, sollten wir nicht zögern zu handeln.“

Grundsätzlich steuert die EZB laut Villeroy de Galhau nach dem avisierten PEPP-Ende im März 2022 auf eine weitere allmähliche Normalisierung ihrer Geldpolitik zu – wobei Zeitpunkt und Tempo aber offen und abhängig von der Inflationsentwicklung sind. Über die „generelle Ausrichtung unserer Geldpolitik“ gebe es „einen breiten Konsens in unserem EZB-Rat“. Laut Villeroy de Galhau geht es jetzt um zwei Schritte: „Erstens: Wir müssen aus unseren bewährten Kriseninstrumenten aussteigen.“ Das gelte für das PEPP und für das derzeitige TLTRO-Programm. „Danach werden wir in einem zweiten Schritt damit beginnen, unsere geldpolitische Akkomodierung allmählich anzupassen“, so der Franzose. Dann werde der EZB-Rat über das parallele Anleihekaufprogramm APP und die Leitzinsen entscheiden. Überlegungen seines EZB-Ratskollegen Robert Holzmann über ein Ende aller Anleihekäufe im September nannte Villeroy de Galhau indes „verfrüht“.

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