5G

Google und Co mischen den 5G-Markt auf

Der 5G-Markt ist noch jung und schon wird es dort eng. Und das vor allem in dem Bereich, auf den sowohl Telekomnetzbetreiber als auch Ausrüster ihre größten Wachstumshoffnungen gesetzt haben: bei den privaten – kleinen und großen – Campusnetzen.

Google und Co mischen den 5G-Markt auf

Von Heidi Rohde, Frankfurt

Der 5G-Markt ist noch jung und schon wird es dort eng. Und das vor allem in dem Bereich, auf den sowohl Telekomnetzbetreiber als auch Ausrüster ihre größten Wachstumshoffnungen gesetzt haben: bei den privaten – kleinen und großen – Campusnetzen. Die Nachfrage nach privaten 5G-Netzen, die vor allem der Digitalisierung von Beschaffung und Produktionsprozessen, also der sogenannten Industrie 4.0 dienen sollen, ist weltweit groß. Die Marktforschungsgesellschaft Gartner geht deshalb davon aus, dass die Zahl der privaten Netzwerke schon 2027 die Zahl der öffentlichen Netze übersteigen wird. Jedoch sind nicht unbedingt die traditionellen Player der Branche am besten gerüstet, um von dieser Wachstumschance zu profitieren. Sylvain Fabre, Senior Research Director bei Gartner, weist darauf hin, dass deren Angebote gerade „für kleine und mittelständische Unternehmen oft viel zu teuer sind“.

Preistreibend wirkt dabei die in den vergangenen Jahren vollzogene Konsolidierung in der Ausrüsterbranche, die praktisch zu einem globalen Oligopol geführt hat, das in einigen Märkten – aufgrund von Sicherheitsbedenken gegen chinesische Anbieter wie Huawei oder ZTE – sogar zu einem Duopol wurde. Ericsson und Nokia hatten beide lange Zeit mit fehlgeschlagenen Akquisitionen zu tun. Nokia hat die Übernahme des Konkurrenten Alcatel-Lucent noch immer nicht ganz verdaut. Die Unternehmen kämpfen mit Innovationsstau und vielfach überbordendem Kostendruck. Dieser bringt auch die Telekomnetzbetreiber in die Bredouille, deren Ausrüsterauswahl sich stark verengt hat.

Auch deshalb sind die Angebote von Deutscher Telekom oder Vodafone für sogenannte Campusnetze häufig zu teuer. Ebenso sind die direkten Angebote von Nokia und Ericsson an Unternehmen, die hierzulande Teile des unlizenzierten Spektrums erworben haben, das die Bundesnetzagentur für private Netze bereitgestellt hat, oft für die Firmen unerschwinglich. Dies hat laut Fabre „ein neues Einfallstor“ für die „Hyperscaler“ geöffnet, die 5G-Firmennetze softwarebasiert aus der Cloud anbieten.

Vorstoß ohne Risiko

Amazon Web Services (AWS), Microsoft Azure und Google Cloud stoßen immer mehr ins angestammte Feld von Nokia, Ericsson und Co. vor, denn auch in der Netztechnik schreitet die Virtualisierung voran. Zumal der Preisdruck auf die Hardware im Radio-Antennennetzbereich zu­nimmt. Die Hyperscaler nutzen „die Möglichkeit, mit einem stärker integrierten vertikalen Plattformangebot mehr Umsatz im Kommunikationssegment zu erzielen“, so Fabre. Sie verstärken damit den Wettbewerbsdruck bei den Telekomausrüstern, die in der Software-Kompetenz Nachholbedarf haben. Während diese in der Vergangenheit oft mit teuren Zukäufen versucht haben, Kompetenzen zu arrondieren – „mit mäßigem Erfolg“ –, ist der Vorstoß in den Netzinfrastrukturmarkt für AWS, Azure und Google Cloud „sehr risikoarm“. Sie versuchen sich zunächst „in einzelnen Bereichen, wo sie das Handwerk ohnehin beherrschen“. Allen voran im Hosting, dann bei Billing-Lösungen. „Es ist ein geschicktes Trial and Error.“ Alle Angebote sind standardisiert und können von den Unternehmen problemlos skaliert werden – ein weiterer Vorteil, bei dem die klassischen Anbieter zu kämpfen haben.

Diese suchen nun zum Teil ihr Heil in der Kooperation. So hat beispielsweise Nokia, die im Vergleich zu Ericsson oder gar Huawei den größten Nachholbedarf in der Entwicklung von 5G-Lösungen hat, kürzlich zeitgleich Partnerschaften mit AWS und mit Google Cloud bekannt gegeben. Dabei geht es um die Überführung der klassischen Netztechnik (RAN) in cloudbasierte Lösungen und die Entwicklung neuer Anwendungsfelder für die Kunden.

Früh erkannt

Im Gegensatz zu Ericsson oder Huawei hat Nokia sehr früh darauf gesetzt, das Wachstumspotenzial im Bereich von Firmennetzen auszuschöpfen, während die beiden Konkurrenten eher darauf bedacht waren, ihre Stammkunden – also die Telekomnetzbetreiber – nicht durch ein Wildern in deren angestammter Geschäftskundenbasis zu vergraulen. Allerdings hat die von politischer Seite in zahlreichen Märkten gebremste Huawei zugleich ein technologisch führendes Cloud-Angebot für Unternehmensnetze aufgebaut, von dem die Chinesen auf ihrem Heimatmarkt profitieren.

Die westliche Welt bildet dennoch ein genügend großes Einfallstor für die Hyperscaler. Klassische Telekomausrüster und -netzbetreiber stehen unter Druck, ihr Angebot bei Campusnetzen „schlanker und kostengünstiger“ aufzustellen, wenn sie wettbewerbsfähig sein wollen. Sonst riskieren sie, dass die Internetriesen ihnen in einem weiteren wichtigen Zukunftsmarkt die Butter vom Brot nehmen.

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