Bundestagswahl aktuell

Hochrechnungen sehen SPD als stärkste Partei

Die SPD hat ihren Vorsprung zur Union Hochrechnungen zufolge weiter ausgebaut und ist stärkste Fraktion im Bundestag. Eine rot-grün-rote Koalition hätte wohl keine rechnerische Mehrheit. Daher kommt es jetzt auf das Votum von Grünen und FDP an, mit wem sie verhandeln wollen.

Hochrechnungen sehen SPD als stärkste Partei

Starke Gewinne bei der SPD, herbe Verluste für CDU/CSU: Die Sozialdemokraten mit ihrem Kanzlerkandidaten Olaf Scholz sind letzten Hochrechnungen zufolge erstmals seit 2002 als stärkste Kraft aus der Bundestagswahl hervorgegangen, während CDU/CSU nach starken Verlusten ihr bislang schlechtestes Abschneiden hinnehmen muss. Allerdings zeichnet sich bereits eine schwierige Regierungsbildung ab, da mehrere Koalitionen möglich sind. Den Ausschlag geben werden die zur Nummer drei aufgestiegenen Grünen und die FDP, die sich als viertstärkste Kraft etablieren könnte.

Die SPD kommt laut der jüngsten der ARD-Hochrechnung (22.30h) zufolge auf 25,9 Prozent (2017: 20,5 Prozent). CDU/CSU können demnach nur noch mit 24,1 Prozent rechnen (2017: 32,9 Prozent). Scholz bekräftigte seinen Anspruch auf die Nachfolge der 16 Jahren amtierenden Angela Merkel (CDU), die sich nicht wieder zur Wahl gestellt hatte. Die Wähler hätten die SPD klar gestärkt. „Sie haben entschieden, dass die Sozialdemokratische Partei bei allen Balken nach oben geht – und das ist ein großer Erfolg“, sagte er. Die Wähler hätten die SPD wegen ihrer Themen gewählt, wollten Gerechtigkeit und Klimaschutz. „Und auch weil sie wollen, dass der nächste Kanzler dieser Republik Olaf Scholz heißt.“ Es werde aber noch ein langer Wahlabend.

Laschet will „Zukunftskoalition“

Aber auch die Union hat die Hoffnung auf eine Regierungsbildung mit ihr an der Spitze trotz der herben Schlappe nicht aufgegeben. „Wir werden alles daran setzen, eine Bundesregierung unter Führung der Union zu bilden“, sagte Laschet und wählte erneut das Wort „Zukunftskoalition“. Damit deute er ein Bündnis mit FDP und Grünen an. Das Wahlergebnis stelle aber eine große Herausforderung dar. „Deshalb bedarf es jetzt einer großen Kraftanstrengung aller Demokratinnen und Demokraten“, sagt er. „Wir müssen Deutschland zusammenhalten.“

Deutliche Zugewinne verzeichneten die Grünen, die mit Annalena Baerbock erstmals eine eigene Kanzlerkandidatin aufgestellt hatten: Sie kommen auf knapp 15 Prozent (2017: 8,9) Prozent. Baerbock räumte ein, dass die Partei ihr Wahlziel verfehlt hat. Man habe als führende Kraft das Land gestalten wollen, sagte sie am Wahlabend. „Wir wollten mehr. Das haben wir nicht erreicht, auch aufgrund eigener Fehler zu Beginn des Wahlkampfs in der Kampagne – eigener Fehler von mir.“

Die AfD kann mit mehr als zehn Prozent (2017: 12,6) Prozent rechnen, die FDP mit mehr als elf Prozent (10,7) Prozent. Knapp wieder in den Bundestag einziehen könnte die Linke, die mit 5,0 (9,2) Prozent rechnen kann.

Schwierige Regierungsbildung

Sollten sich die ersten Hochrechnungen bestätigen, zeichnet sich eine schwierige Regierungsbildung ab, da gleich mehrere Koalitionen möglich wären.

Denkbar wäre etwa eine Fortsetzung der großen Koalition von Union und SPD, diesmal womöglich unter Führung der Sozialdemokraten mit einem Kanzler Scholz. Rechnerisch machbar wäre auch ein Ampel-Regierung unter Führung der SPD mit den Grünen und der FDP. Auch ein sogenanntes Jamaika-Bündnis unter Führung der Union mit Grünen und FDP mit Laschet als Kanzler ließe sich formen.

Aufgerufen zur Abstimmung waren 60,4 Millionen Deutsche. Die Wahlbeteiligung lag ersten Angaben zufolge bei 76,0 Prozent und damit etwas niedriger als 2017 mit 76,2 Prozent.

Grüne in Berlin vorn

In der Hauptstadt Berlin zeichnete sich ein Rückschlag für die SPD ab. Bei der parallel stattfindenden Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus landen die Grünen mit ihrer Spitzenkandidatin Bettina Jarasch in einer ersten Prognose des rbb auf dem ersten Platz. Sie kommen demnach auf 23,5 Prozent und lösen damit die SPD mit ihrer Spitzenkandidatin Franziska Giffey als Nummer eins ab, die nur noch 21,5 Prozent erreicht. Die CDU kommt auf 15,0 Prozent, die Linke folgt mit 14,5 Prozent. Die FDP erhält der Prognose zufolge 7,5 Prozent und die AfD 7,0 Prozent.

Bei der Abstimmung vor fünf Jahren war die SPD mit 21,6 Prozent noch stärkste Kraft geworden. Sie ging mit Michael Müller als Regierendem Bürgermeister eine Koalition mit der Linken und den Grünen ein, die auf 15,6 Prozent beziehungsweise 15,2 Prozent kamen. Müller trat nicht zur Wiederwahl an.

SPD stärkste Kraft in MV

Bei der Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern ist die SPD ersten Prognosen zufolge erneut stärkste Kraft. Sie kommt laut NDR auf 37 Prozent der Stimmen, die mitregierende CDU erhält 14 Prozent. Erneut zweitstärkste Kraft ist die AfD mit 18,5 Prozent, die Linke kommt der Prognose zufolge auf zehn Prozent. Sowohl Grüne als auch FDP können sich Hoffnung auf einen Einzug in den Landtag in Schwerin machen: Die Grünen erzielen sieben Prozent und die FDP 6,5 Prozent. Die SPD von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig kann der Prognose zufolge im Vergleich zur letzten Wahl 2016 zulegen. „Das ist ein wunderbarer Abend für unser Land, für die SPD und Mecklenburg-Vorpommern“, sagte sie.

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