Geldpolitik

IWF sieht Negativzinsen als vollen Erfolg

Der Internationale Währungsfonds (IWF) bewertet die unter anderem von der Europäischen Zentralbank (EZB) eingeführte Negativzinspolitik als vollen Erfolg und sieht sogar Spielraum für noch niedrigere Zinsen.

IWF sieht Negativzinsen als vollen Erfolg

ms Frankfurt

Der Internationale Währungsfonds (IWF) bewertet die unter anderem von der Europäischen Zentralbank (EZB) eingeführte Negativzinspolitik als vollen Erfolg und sieht sogar Spielraum für noch niedrigere Zinsen. Das Instrument habe die erhoffte geldpolitische Wirkung entfaltet und Wachstum und Inflation unterstützt, während sich viele Befürchtungen nicht bestätigt hätten, heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Arbeitspapier des Fonds. Es gebe zudem weiteren Zinssenkungsspielraum, so die Botschaft des Papiers, das Mittwochnachmittag auch bei einem virtuellen Seminar von IWF und Institute for Monetary and Financial Stability (IMFS) diskutiert wurde.

Das Papier kommt zu einer Zeit, da im Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie wieder verstärkt über Negativzinsen diskutiert wird. Die EZB, die wegen der Mini-Inflation 2014 als erste der großen Zentralbanken ihren Einlagenzins unter 0% gesenkt hatte, betont stets ihre Bereitschaft, den aktuellen Satz von –0,5% weiter zu senken, auch wenn es im EZB-Rat Vorbehalte gibt. Aber auch in den USA und Großbritannien gibt es immer wieder Debatten, ob das Instrument noch zum Einsatz kommt.

Klagen in Deutschland

Dabei gelten Negativzinsen als eines der größten geldpolitischen Experimente der vergangenen Jahre. Zuvor hatte ein Niveau von 0% lange als effektive Untergrenze für die Leitzinsen gegolten. Eine der Sorgen war beispielsweise, dass Unternehmen und Privathaushalte zunehmend in Bargeld flüchten könnten – mit möglichen negativen Folgen auch für das Bankensystem und die Kreditvergabe. Vor allem in Deutschland gibt es viele Klagen über den Negativzins, zumal Banken diesen zunehmend an die Privatkunden weitergeben.

Der IWF kommt nun zu einem überaus positiven Urteil über die Negativzinspolitik (Negative Interest Rate Policies, NIRP). Sie habe sich als effektiv erwiesen, was die geldpolitische Transmission betrifft. Sie habe die Geldmarktsätze genauso gedrückt wie die langfristigen Anleiherenditen und die Bankzinsen. Zudem hätten sich die Kreditvolumina grundsätzlich erhöht und auch die Profitabilität der Banken habe sich nicht wesentlich verschlechtert. Letztlich hätten die Negativzinsen „Wachstum und Inflation gestützt“.

Zudem hätten sich viele Befürchtungen zumindest bislang nicht realisiert. So seien etwa Bankkunden nicht in großem Stil in Bargeld ausgewichen. Auch was die Finanzstabilität betrifft, hätten Negativzinsen die Risiken nicht überproportional erhöht gegenüber niedrigen Zinsen.

In ihrem Papier bezeichnen die IWF-Experten es als „offene Frage“, wie weit die entsprechenden Zentralbanken ihre Negativzinsen noch weiter senken können. Da es bislang aber keine Hinweise gebe, dass die Negativzinsen die Finanzintermediation beschädigten oder sich andere negative Nebeneffekte einstellten, „könnte es durchaus Spielraum geben, um die Zinsen weiter zu senken“.

Der IWF argumentiert, dass Zentralbanken Negativzinsen nicht ausschließen und als Teil ihres Instrumentenkastens behalten sollten, selbst wenn es unwahrscheinlich sei, dass sie dieses Instrument nutzen: „Angesichts des niedrigen Niveaus der neutralen Realzinsen könnten viele Zentralbanken gezwungen sein, NIRP früher oder später in Erwägung zu ziehen, auch wenn es wesentliche negative Nebenwirkungen gibt.“

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