AGI sieht Chancen in Technologie und Rüstung
AGI sieht Chancen in Technologie und Rüstung
Bondmarktkrise in den USA gilt den Kapitalmarktexperten als unwahrscheinlich − „Digitaler Darwinismus“ gestaltet Aktienmärkte um
Der Assetmanager AGI sieht weiterhin gute Chancen für Anleger im Technologiebereich, aber auch in Sektoren wie Rüstung und Cybersecurity. AGI erwartet keinen enormen Abbau von Positionen in US-Staatsanleihen seitens ausländischer Investoren. Von daher sehe man auch keine Bondkrise in den USA aufkommen.
kjo/ku Frankfurt
Weiterhin und auch auf lange Sicht große Chancen in Technologiewerten erwartet Virginie Maisonneuve, Global Chief Investment Officer Equity bei Allianz Global Investors (AGI). Auf einer Podiumsdiskussion sprach sie von einem „digitalen Darwinismus“: In zehn Jahren würden 20% der heute existierenden börsennotierten Unternehmen nicht mehr vorhanden sein. Dies spreche für eine aktive Vermögensverwaltung gegenüber rein passiven Investments. Innerhalb der Aktienmärkte gebe es eine Rotation, wobei Technologie alle Bereiche dominieren werde. In Zukunft würden die „Magnificent Seven“, also die sieben großen US-Technologiewerte, nicht mehr den Aktienmarkt dominieren. Gleichwohl müssten Anleger im Technologiebereich investiert seien, zumal Bereiche wie das Internet of Things und Quantencomputer sehr vielversprechend seien.
„Agents“ als nächster KI-Boom
Im Bereich der künstlichen Intelligenz seien „Agents“ nun die nächste sehr interessante Entwicklung, in der den KI-Modellen mehr Autonomie gegeben werde und sich die Benutzer stärker auf die Ergebnisse der KI-Modelle verließen. Chancen sieht Maisonneuve in chinesischen Technologiewerten, aber auch in europäischen Aktien.
„Verteidigung ist Technologie“
Was die Aussichten für Aktien aus dem Rüstungssektor betrifft, so komme es nun darauf an, dass die europäischen Pläne für eine Aufrüstung auch umgesetzt würden. Es werde etwa zwei Jahre dauern, bis sich reale Auswirkungen der Pläne zeigen, aber der Aktienmarkt werde vermutlich früher reagieren. Ein zentraler Aspekt der Investments im Defense-Sektor sei auch Cybersecurity, denn „Verteidigung ist Technology, und Technologie ist Verteidigung“. Sie erwartet, dass das Streben der EU nach militärischer Unabhängigkeit von den USA einen enormen technologischen Innovationsboom auslösen könne.
Stürmisches Jahr
Für Gregor Hirt, Global Chief Investment Officer Multi Asset bei AGI, ist 2025 ein stürmisches Jahr an den Märkten, wobei es drei systemische Veränderungen gebe. So seien Zölle quasi eine Religion für den US-Präsidenten Donald Trump. Dieser gehe davon aus, dass es entweder Gewinner oder Verlierer gebe, aber keine Win-win-Situation. Das Ergebnis könne eine höhere Inflation für alle Beteiligten sein. Die zweite wesentliche Veränderung ist seiner Meinung nach das Ende der Pax Americana, eine umfassende geopolitische Neuaufstellung. Von größter Bedeutung sei − drittens −, dass Trump die „Büchse der Pandora der sicheren Häfen“ aufgemacht habe. Trump strebe einen schwächeren Dollar an und sei auch nicht daran interessiert, dass Ausländer in großem Umfang US-Treasuries hielten. Längerfristig geht Hirt von einer De-Dollarisierung der Weltwirtschaft aus.
Überraschend ausgeprägte Erholung
Kurzfristig habe es eine ausgeprägte Erholung gegeben von einer, wie er es nennt, „Sentiment-Rezession“. Er sei überrascht, dass sogar der amerikanische Aktienmarkt wieder so hoch stehe wie vor der Ankündigung umfangreicher Zölle durch Trump. Diese Entwicklung könne sich noch eine Weile fortsetzen, mit Blick auf die Bewertungen sei aber später im Jahr mit einer Korrektur zu rechnen, denn gegenwärtig ignoriere der Markt die Fundamentaldaten. Maisonneuve ergänzte, sie sei für den weiteren Jahresverlauf vorsichtig optimistisch gestimmt, auch wenn es sich um ein schwieriges Jahr handele.
Gold-Allokation reduziert
Hirt betonte, in der kurzfristigen Sicht habe AGI die taktische Gold-Allokation im Portfolio reduziert, und zwar von zuvor 25% auf 7%. Langfristig glaube er aber nach wie vor an die Qualitäten von Gold als einem sicheren Hafen für Investoren. Hirt rechnet mit einem schwächeren Dollar. Die Prognose von AGI für den Euro in zwölf Monaten liege bei 1,15 Dollar. Hirt rät auch zu Investments im Schweizer Franken. Dieser zeige zwar kurzfristig eine gewisse Schwäche, biete aber als sicherer Hafen der Stabilität langfristig Potenzial.
Vom Renditeniveau profitiert
An den Märkten wird derzeit diskutiert, dass es zu einer Rotationsbewegung raus US-Assets, allen voran US-Treasuries, hin zu anderen Assets, etwa europäischen Staatsanleihen, seitens internationaler Anleger kommt. „In der Tendenz halte ich das für sehr wahrscheinlich. Die Frage ist natürlich, über welchen Zeithorizont das letzten Endes geschieht. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass der Anteil ausländischer Investoren in US-Treasuries in den kommenden zehn Jahren insgesamt um etwa 5 bis 10% niedriger liegen wird“, sagt Michael Krautzberger, Global CIO Fixed Income bei AGI. Man werde aber wohl keinen dramatischen Abbau der US-Positionen bei ausländischen institutionellen Anlegern sehen. In der jüngeren Vergangenheit habe die US-Staatsverschuldung zudem immer vom sehr niedrigen Renditeniveau profitiert. „Das könnte sich nun jedoch ändern, da die Zinsstrukturkurve in den USA ja steiler wird. Dies dürfte in nächster Zeit weiter anhalten“, führt er aus.
Nur teilweise Reinvestments
Krautzberger sieht derzeit keine enormen Umschichtungen seitens chinesischer oder japanischer Adressen auf den Markt zukommen. „Vorstellbar ist durchaus, dass etwa chinesische Accounts bei ihren Treasury-Käufen erstmal eine Pause einlegen, um die weitere Entwicklung des Zollkonflikts abzuwarten. Starke Abverkäufe erwarte ich hier aber nicht. Denn das würde ja nur mit entsprechenden Kursverlusten einhergehen, was diese Anleger werden vermeiden wollen.“ Über die Zeit hinweg sei aber durchaus denkbar, dass die Nominalvolumina auslaufender US-Treasury-Papiere nicht mehr zu 100% in US-Staatsanleihen reinvestiert werden, sondern nur noch teilweise. Der Differenzbetrag könnte dann anderen Fixed-Income-Marktsegmenten zugutekommen. Mit Blick auf die Stabilität des US-Staatsanleihemarktes, der rund 29 Bill. Dollar schwer ist und ca. 10% des globalen Marktes für Staatsschuldpapiere ausmacht, sagt er: „Ohne Frage wird der US-Staatsanleihemarkt solche Umschichtungen verkraften, dafür ist er stabil genug. Zumal es ja auch nicht zu erheblichen, sondern eher marktschonenden Umschichtungen kommen dürfte. Große staatliche Anleger wie etwa Sovereign Wealth Funds wollen sich durch derartige Maßnahmen ja nicht ins eigene Knie schießen. Insofern sehe ich in den USA keine Bondkrise auf uns zukommen.“
Verschiebungen zu erwarten
Aber die Wiederanlage von Geldern könne durchaus zu Verschiebungen führen. Daher geht er am langen Ende der Kurve auch weiterhin von leicht steigenden Renditen der US-Staatsbonds aus, also einer steiler werdenden Kurve. Zugutekommen könnten die Umschichtungen den europäischen Staatstiteln. „Wir werden hier mehr Nachfrage sehen. Und vor allem: Europa braucht diese zusätzliche Nachfrage in den kommenden Jahren auch.“ Die deutsche Staatsverschuldung werde sich durch Infrastruktur- und Verteidigungsausgaben in den kommenden Jahren deutlich erhöhen. Dafür brauche man mehr Investorennachfrage, die die Länder mit den größeren Gewichtungen in den Benchmark-Indizes auch zu spüren bekommen werden. „Dazu zähle ich in der EU Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien. Aber auch Großbritannien wird hiervon profitieren.“
