Australiens Börse tritt auf der Stelle

ASX Index unter Stand von Ende 2013 - Von China und dem Immobilienboom gehen erhebliche Risiken aus

Australiens Börse tritt auf der Stelle

Seit rund drei Jahren entwickelt sich Australiens Börse deutlich unterdurchschnittlich. Ihr Hauptindex liegt unter dem Stand von Ende 2013. Optimisten hoffen, dass der Markt in den kommenden zwölf Monaten um mehr als 10 % zulegen wird. Allerdings gehen von China und dem Immobilien-Boom erhebliche Risiken aus.Von Alexander Hofmann, SydneyAustraliens Aktienmarkt driftet weiterhin seitwärts. Derzeit ist der Aktienindex ASX/S & P 200 mit 5 229 Punkten sogar niedriger als vor fast drei Jahren, als er das Jahr 2013 bei rund 5 400 beendete. Optimisten unter den Experten hoffen aber auf einen deutlichen Aufschwung von mindestens 10 % über die nächsten zwölf Monate. Erhebliche Risiken stellen vor allem der weiterhin schwindelerregende Immobilienboom sowie die Wirtschafts- und Schuldenentwicklung bei Australiens wichtigstem Handelspartner China dar. Erträge von 15 ProzentCredit Suisse rechnet mit guten Erträgen am Aktienmarkt. Inklusive Dividenden könnten die Investoren mit Erträgen von rund 15 % rechnen, erklärte Equity Strategist Hasan Tevfik. Er rechnet damit, dass die Gewinne pro Aktie der im ASX/ S & P 200 vertretenen Papiere im Finanzjahr 2016/2017 im Durchschnitt um 5 % steigen werden. In den vergangenen beiden Finanzjahren waren die Ergebnisse pro Aktie zurückgegangen. Credit Suisse sagt einen Anstieg des Leitindex auf 6 000 Punkte zum Ende des nächsten Kalenderjahres voraus. Dieses Niveau hat der Index seit seinem Absturz vom Rekordniveau von 6 828 Punkten (November 2007) nur einmal – fast – erreicht, das war im März vergangenen Jahres. Ein gewisses Risiko stellen weiterhin die Banken dar, deren Aktien ohnehin schon kräftig abgesunken sind, die aber trotzdem den ASX/S & P 200 weiterhin beherrschen. Sollte der anhaltende Immobilienboom zu einem jähen Ende kommen, könnten ihre Aktien ins Taumeln geraten.Credit Suisse sieht so unterschiedliche Unternehmen wie Bluescope Steel (vor ein paar Jahren aus dem Bergbauriesen BHP Billiton abgespaltener Stahlproduzent), Caltex (Öl), Macquarie Group (Bank) und Myer (Kaufhäuser) als zukünftige Gewinner. Sie alle operieren in einem Wirtschaftsumfeld, das sich in den vergangenen Jahren stark verändert hat. Nach dem Jahrhundertboom der Rohstoffe, der enorme Profite in das Land spülte und dem Staat via Steuern die Taschen füllte, bestimmen derzeit Bauprojekte die Aktivität, sowohl privat als auch öffentlich. So hat z. B. die Landesregierung von New South Wales mit der Hauptstadt Sydney durch Privatisierungen vor allem in der Stromversorgung rund 21 Mrd. austr. Dollar eingenommen und will diese vornehmlich in Infrastruktur investieren.Gleichzeitig entstehen in Sydney, aber auch in der zweitgrößten Stadt Melbourne ständig neue Wohnhochhäuser. Der Anstieg der Immobilienpreise hat sich zwar in den vergangenen Monaten etwas verringert, ist aber immer noch enorm. In Sydney haben sich die Preise für private Immobilien in den vergangenen acht Jahren fast verdoppelt. Morgan Stanley erwartet bereits Ende 2018 einen Überschuss von 100 000 Wohnungen vor allem in Brisbane, Melbourne and Perth, obwohl die Reserve Bank of Australia (RBA) durch regulatorische Maßnahmen die Geldaufnahme für Investoren schwieriger gemacht hat. Es gibt aber auch andere Stimmen. So rechnet UBS damit, dass der Bauboom länger anhalten wird als bisher angenommen, andere Experten prophezeien einen eher gemäßigten Abschwung. Superfunds setzen auf KasseDie massive Aktivität im Immobiliensektor ist aber auch ein Grund, warum der australische Aktienmarkt sich kaum bewegt oder sogar verloren hat. Viele Investoren haben ihr Geld lieber in Wohnungen und Häuser gesteckt, weil die Erträge dort attraktiver sind, obwohl die Mieten nicht mit den Wertsteigerungen Schritt gehalten haben. Auch die australischen Superfunds (jeder Arbeitgeber muss in einen vom Arbeitnehmer nominierten “Superannuation Fund” 9,5 % zusätzlich zum Bruttolohn einzahlen) haben weniger als sonst am australischen Markt investiert, und sie nehmen immerhin 65 Mrd. austr. Dollar pro Jahr ein, die angelegt werden müssen. Obwohl dort kaum ein Ertrag zu erzielen ist, halten die Superfunds derzeit mehr Geld in liquiden Mitteln als üblich, um sich gegen die immer noch als unsicher angesehene Wirtschaftslage abzusichern. Zwar ist die Arbeitslosenrate im September auf den niedrigsten Stand seit Ende 2013 gefallen (5,6 %), gleichzeitig ist aber der Anteil an Teilzeitarbeitern gewaltig gestiegen, so dass in Expertenkreisen bereits das Wort von der “Unterbeschäftigung” gehandelt wird. Im September ist die Zahl an Vollzeitbeschäftigten so stark wie noch nie in den vergangenen fünf Jahren gesunken. Da passt es auch ins Bild, dass die Stimmung der Australier in Hinblick auf ihre wirtschaftliche Situation deutlich abgesunken ist. Kaum gestiegene Einkommen dürften dazu ebenso beigetragen haben, obwohl die Inflation immer noch marginal ist (rund 1,5 %).Und nicht alle Australier profitieren von den Zinsen, die weiterhin auf einem historischen Tiefststand sind. Die RBA ließ den Leitzins am vergangenen Dienstag wie erwartet bei 1,5 %. Nach Kommentaren der Zentralbank zu ihrer Entscheidung rechnen nun mehr Experten als zuvor damit, dass die RBA die Zinsen möglicherweise langfristig unverändert lässt und nicht wie bis vor kurzem angenommen in den nächsten sechs bis zwölf Monaten noch zweimal senkt.Der Dollar hat sich in den vergangenen Monaten im Verhältnis zu seinem amerikanischen Namensvetter kaum verändert und von einer zwischenzeitlichen Erholung der Rohstoffpreise profitiert. Sollte die Fed aber die Zinsen erhöhen, könnte dies den “Aussie-Dollar” unattraktiver machen, genauso wie ein Wahlsieg von Donald Trump, ein stark verlangsamtes Wirtschaftswachstum in China oder ein erneutes Absinken der Rohstoffpreise.