Berenberg für US-Banken skeptisch

Institut rät nur zur Aktie der Citigroup - Goldman Sachs, J.P. Morgan und Wells Fargo mit Sell eingestuft

Berenberg für US-Banken skeptisch

Die Aktien der meisten US-Banken sind einer Studie der Berenberg Bank zufolge viel zu hoch bewertet. Am Markt sei man blauäugig in Bezug auf die Risiken. Die Kursziele werden zwar angehoben, liegen aber zum Teil immer noch deutlich unter den aktuellen Kursniveaus.amb Frankfurt – Nach der überwiegend sehr guten Kursentwicklung von Aktien US-amerikanischer Banken rät die Berenberg Bank zur Vorsicht. Einige der Titel seien viel zu teuer, heißt es in einer Studie. Die positiven zyklischen Effekte schwächten sich ab, die strukturellen Probleme blieben aber. Zum Kauf geraten wird daher nur bei Citigroup, während Goldman Sachs, J. P. Morgan und Wells Fargo auf “Sell” gestuft werden. “Hold” lautet das Votum für Bank of America und Morgan Stanley. Die Kursziele werden im Rahmen eines Analystenwechsels zwar durchweg angehoben, liegen in vielen Fällen aber immer noch sehr deutlich unter den aktuellen Notierungen. Die Aktien der US-Banken haben sich in den vergangenen anderthalb Jahren überdurchschnittlich entwickelt, zuletzt gab es noch einen Schub durch die US-Steuerreform. So haben sich zum Beispiel die Kurse von J. P. Morgan und Bank of America in etwa verdoppelt. Den Analysten zufolge haben die Banken von einem sehr günstigen Umfeld mit steigenden Zinsen und guten Konjunkturaussichten profitiert. Nach Einschätzungen der Berenberg-Experten war das aber eine Ausnahmesituation, die sich nicht fortsetzen werde. Zinsanstieg nicht nur gutAm Markt blicke man derzeit zu sehr auf die anziehenden Zinsen und die positiven Auswirkungen der US-Steuerreform, gerechnet werde für 2018 im Vergleich zum bereits sehr guten Jahr 2017 mit nochmals stark steigenden Einnahmen und niedrigen Kreditausfällen. “US-Banken sind strukturell gegenüber europäischen Banken zwar im Vorteil, immun gegen Rücksetzer bei den Erträgen sind sie aber nicht”, schreiben die Analysten. Sie zweifeln angesichts bereits hoher Bewertungen mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 13,2 gegenüber 11,2 in der Vergangenheit am Aufwärtspotenzial der Aktien.Ihrer Ansicht nach werden die steigenden Zinsen zu positiv gesehen. Ein Zinsanstieg läute in der Regel das Ende des Kreditzyklus ein, schreiben sie. Die Kreditausfälle stiegen schon leicht, das Kreditwachstum schwäche sich bereits ab. Während man am Markt von einem Kreditwachstum von 4,5 % p. a. ausgehe bei niedrigen Ausfällen, halten die Analysten die Hälfte für realistischer – bei höheren Kreditausfallraten. Dazu kämen die langfristigen Risiken durch die stark steigende Staatsverschuldung, die nach Einschätzung der Analysten das langfristige Wachstum und auch ganz konkret die Aussichten für das Kreditgeschäft gefährdet. Die Perspektiven für das Hypothekengeschäft seien darüber hinaus nicht gut, da junge Leute angesichts immer höherer Studienkredite Familiengründung und Hauskauf verschöben. Die Konsumentenkredite befänden sich bereits auf einem hohen Niveau. Auch das Geschäft mit Autofinanzierungen berge Risiken. Niedergang von DauerDie Experten gehen zwar davon aus, dass den Investmentbanken im ersten Quartal dieses Jahres noch die höhere Volatilität an den Märkten zugutekommen wird, die strukturellen Probleme wögen aber schwer. Die Berenberg Bank rechne nicht damit, dass die Banken zu den Eigenkapitalrenditen der 2000er Jahre zurückkehren werden. Der Niedergang des Geschäfts mit Anleihen, Währungen und Rohstoffen (FICC/Fixed Income, Currencies and Commodities), das 2009 noch 60 % zu den Erträgen beigetragen habe, jetzt aber nur noch 40 %, sei von Dauer. Skeptisch zeigen sich die Analysten auch bezüglich möglicher Folgen einer Deregulierung in den USA: Ihrer Ansicht nach wird diese fast ausschließlich den kleineren, nicht systemrelevanten US-Banken zugutekommen.Einzige Empfehlung ist Citigroup (“Buy”), das Kursziel wird noch von 75 auf 80 (aktuell 73,24 Dollar) angehoben. Begründet wird die positive Einschätzung mit den Vorteilen durch die weltweite Aufstellung der “Bank ohne Grenzen”. Dadurch sei ein langfristiges Wachstum möglich, das über dem der Konkurrenten liege. Zudem schneide die Citigroup schon jetzt im Hinblick auf Dividenden und Aktienrückkäufe besser ab als die Peergroup. Die Aktie werde zu einem Abschlag von 15 % zum wichtigsten globalen Konkurrenten, der britischen HSBC, gehandelt. Die Gewinnschätzungen werden für 2018 und 2019 um 6 % und 3,2 % erhöht auf jetzt 6,10 und 6,63 Dollar je Aktie.Alle anderen Aktien hält die Bank für zu teuer oder schon angemessen bewertet. Klar abgeraten wird von Goldman Sachs (“Sell”). Das Kursziel wird erhöht, und zwar von 190 auf 200 Dollar, die aktuelle Notierung liegt aber weit darüber (aktuell 255,16 Dollar). Die Analysten rechnen wegen der anziehenden Handelsaktivitäten mit einem guten ersten Quartal. Goldman Sachs sei allerdings in einer schrumpfenden Branche tätig und “schwimme gegen den Strom”. Die Bank sei sich dessen zwar bewusst und versuche gegenzusteuern, ob das gelinge, bleibe aber noch abzuwarten. Am Markt sei man zu optimistisch. Die Gewinnschätzungen werden für dieses und das kommende Jahr aber um 9 % und 7,2 % erhöht auf jetzt 20,57 und 20,92 Dollar je Aktie. Mäßiges Risikomanagement Ebenfalls negativ gesehen wird J. P. Morgan (“Sell”), das Kursziel wird von 65 auf 85 Dollar angehoben, liegt aber weiter klar unter der derzeitigen Notierung von 111,72 Dollar. Den Analysten zufolge hat auch J. P. Morgan von steigenden Zinsen, sinkenden Steuern und dem insgesamt guten Umfeld profitiert, am Markt werde das nun für die neue Normalität gehalten und mit Ertragssteigerungen von 5 % pro Jahr gerechnet. Berenberg ist aber skeptisch und glaubt auch nicht, dass sich J. P. Morgan durch ein besonders gutes Risk Management auszeichnet. Die Gewinnprognosen für 2018 und 2019 werden um 17,3 % und 20,7 % angehoben auf jetzt 7,72 und 7,81 Dollar je Aktie.Auch bei der krisengeschüttelten Wells Fargo wird zum Verkauf geraten, als Kursziel nennen die Experten jetzt 45 statt 35 (aktuell 56,58 Dollar). Sie rechnen damit, dass die Bank die vom Management genannten Wachstumsziele eher nicht erreichen und den Markt enttäuschen wird. Wells Fargo habe es auch in der Vergangenheit nicht geschafft, Ertrags- in Gewinnwachstum umzumünzen. Die Analysten prognostizieren eine Verlangsamung des Kreditwachstums und einen Anstieg der Kreditausfälle, die Eigenkapitalrendite werde in Richtung 10 % fallen, trotz niedrigerer Steuer. Außerdem verweisen sie auf die Probleme aufgrund der Größe von Wells Fargo: Nach einem Skandal um Phantomkunden hatte die US-Notenbank Fed für Wells Fargo einen Wachstumsstopp angeordnet, zudem müssen vier Verwaltungsräte ausgetauscht werden. Die Berenberg Bank hebt die Gewinnschätzungen aber auch hier an um 15,9 % und 22,1 % auf jetzt 4,42 und 4,49 Dollar je Aktie für 2018 und 2019. Keine Luft mehr nach obenFür mehr oder weniger angemessen bewertet hält sie Bank of America und Morgan Stanley (“Hold”). Auch hier werden die Kursziele nach oben gesetzt und liegen nun in etwa auf den Niveaus der aktuellen Notierung. Bank of America (28 statt 22, aktuell 31,20 Dollar) habe ganz besonders vom zyklischen Rückenwind profitiert, heißt es, das Umfeld werde schwieriger. Die Bank sei zwar gut positioniert, um sich auch in einem raueren Umfeld behaupten zu können, die Aktie sei aber schon fair bewertet. Die Gewinnschätzungen werden für dieses Jahr um 11,2 % und für das kommende um 12,4 % angehoben auf jetzt 2,37 und 2,48 Dollar je Aktie. Auch Morgan Stanley (50 statt 40, aktuell 54,05 Dollar) habe kein Potenzial mehr. Die Analysten rechnen für den Bereich Investment Banking nur mit einer Rendite im hohen einstelligen Prozentbereich, während die Vermögensverwaltung viel besser abschneiden werde. Investoren, die an die Zukunft des Vermögensverwaltungsgeschäfts glaubten, sollten aber lieber auf die Schweizer Großbank UBS setzen, den einzigen wirklichen globalen Wealth Manager mit viel besseren Chancen im Asien/Pazifik-Raum, heißt es in der Studie. Die Ergebnisschätzungen für Morgan Stanley für die Jahre 2018 und 2019 werden um 11,6 % und 15,2 % erhöht auf jetzt 4,11 und 4,40 Dollar je Aktie.