Wegbereiter

Der letzte Postminister

Als letzter Postminister hat Wolfgang Bötsch den Weg für die Privatisierung von Telekom und Post bereitet und sein Amt damit selbst abgeschafft.

Der letzte Postminister

Den Weg für den Börsengang der Deutschen Telekom geebnet hat Wolfgang Bötsch. Der 2017 verstorbene CSU-Politiker war von 1993 bis 1997 unter Kanzler Helmut Kohl der letzte Bundesminister für Post und Telekommunikation. Und durch die erfolgreiche Privatisierung von Post und Telekom hat der Unterfranke sein eigenes Ministeramt praktisch selbst abgeschafft.

Kein Bürgermeister aber immerhin Minister

In einem Interview 1996 am Sitz des Postministeriums in Bonn, wenige Tage vor dem Telekom-Börsengang, zeigte sich der bodenständige Bötsch redselig, kompetent und auch mit Detailfragen sehr gut vertraut.  Als er hörte, dass die Finanzjournalistin, die ihn interviewte, aus Wesel stammte, rief der Postminister laut: „Wie heißt der Bürgermeister von Wesel?“ Frammersbach, den Heimatort des anderen Finanzjournalisten, der ihn interviewte, kannte der Unterfranke Bötsch, der eigentlich Oberbürgermeister in seiner Heimatstadt Würzburg werden wollte, aber nicht Minister, sowieso. Wie natürlich auch den Nachbarort Partenstein. Aber wenn der promovierte Jurist Bötsch auch nicht OB in Würzburg wurde, Minister ist, wie er meinte, „auch etwas“.

Gelungene Werbung für die T-Aktie

 „Der bayerische Bürger Bötsch würde die Aktie zeichnen“, antwortete der Postminister damals auf die Frage, ob er die T-Aktie zeichnen wird. „Als verantwortlicher Regulierer unterlasse ich es aber, um mir keinen Vorwurf zuzuziehen.“ Eine der Fragen unmittelbar vor dem Börsengang der Telekom war auch, ob denn Privatanleger überhaupt eine Chance auf eine angemessene Zuteilung hätten. „Wir wollen nicht das Interesse für die Aktie in Deutschland stärken, um am Ende viele Enttäuschte zurückzulassen“, erklärte Bötsch. Und zu der durch die Fernsehwerbung mit dem Schauspieler Manfred Krug angeheizten Stimmung für die T-Aktie sagte der Postminister: „Selbst wenn es stimmt, dass Herr Krug weder ein Handy noch Aktien besitzt, war die Werbung eine gelungene Maßnahme.“

Problemloser Börsengang zum Abschied

Angesichts der Liberalisierung des Telekommarktes war die Wettbewerbsfähigkeit der Deutschen Telekom ein beim Börsengang kontrovers diskutiertes Thema. „Die Telekom ist durch ihre Ausgangsstellung als Monopolist mit Sicherheit konkurrenzfähig, auch wenn der Service teilweise noch weiter verbessert werden kann“, sagte Bötsch damals. Und dass der Service noch verbessert werden kann, das hätten damals sicher etliche Deutsche unterschrieben oder mitunter auch noch deutlicher zum Ausdruck gebracht.

Zunächst wurde ja nur eine erste Tranche der Aktien der Telekom platziert. Zur Frage, wann denn die Telekom die zweite Tranche platziert, gab Bötsch eine für ihn typische Antwort: „Wir machen das so wie die Franken mit den Bratwürsten: Wir essen eine nach der anderen. Erst einmal die erste Tranche abwarten.“ Und mit seiner Prognose, dass der Börsengang der Telekom problemlos laufen würde, hatte Bötsch recht. Als dann in den Jahren 1999 und 2000 die zweite und die dritte Tranche der Telekom-Aktie platziert wurde, war der CSU-Politiker schon nicht mehr Postminister. Und Kanzler Kohl übrigens auch nicht mehr an der Regierung. 

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.