Immobilienbonds

Evergrande auf dünnem Eis

Die Vertrauenskrise am chinesischen Bondmarkt weitet sich aus. Sie erfasst nun auch Immobilienentwickler, die sich anders als Evergrande nicht in akuten Liquiditätsnöten befinden.

Evergrande auf dünnem Eis

nh Schanghai

Die Marktunruhe rund um Default-Gefahren des schwer angeschlagenen Immobilienentwicklers China Evergrande und anderer chinesischer Bauträger zieht weitere Kreise. Allem Anschein nach ist Evergrande weiterhin nicht in der Lage oder willens, einen regulären Zinsendienst auf ihre im Offshoremarkt begebenen Dollaranleihen aufrechtzuerhalten. Wie aus Investorenkreisen verlautet, hat Evergrande am Samstag fällige Kuponzahlungen auf zwei Dollarbonds ihres Konzernablegers Scenery Journey Ltd. bislang nicht beglichen und dürfte damit erneut eine sogenannte Grace Period von 30 Tagen beanspruchen.

Der vorläufige Zahlungsausfall betrifft zwei Bonds mit 13% beziehungsweise 13,75% Kuponverzinsung und erstreckt sich insgesamt auf 82,5 Mill. Dollar. Zwar ist damit zu rechnen, dass Evergrande zum Ablauf der Nachreichfrist ihren Verpflichtungen nachkommen wird, um einen förmlichen Default zu verhindern. Doch wird erneut ersichtlich, auf welch dünnem Eis sich die Gesellschaft bewegt. Seit September ist es mehrfach zu vergleichbaren Manövern gekommen, bei denen Evergrande Zinszahlungstermine verstreichen ließ, dann aber gerade noch im Rahmen der Grace Period die fälligen Beträge nachreichte.

Das Pokerspiel bei Evergrande und wachsende Zweifel an der Bonität anderer hoch verschuldeter chinesischer Bauträger verdichten sich indes zu einem breiten Rückzug aus ihren Dollaranleihen. Der seit Mitte Oktober verstärkte Kursdruck lässt die durchschnittliche Rendite auf Dollardenominierte Hochzinsanleihen chinesischer Unternehmen auf rekordhohe 21% klettern. Dabei wächst der Kreis von Immobilienfirmen, denen Ratingagenturen und Investoren das Vertrauen entziehen.

Nunmehr geraten auch chinesische Emittenten mit Investment-Grade-Rating und bislang unbeflecktem Ruf am Bondmarkt unter Druck. Davon sind insbesondere der nach Verkaufsflächen größte chinesische Immobilienentwickler Country Garden Holdings sowie die Nummer 3 im Markt, China Vanke Group, betroffen. Der in der vergangenen Woche losgetretene Sell-off hat sich am Montag fortgesetzt und die Kurse von einschlägigen Dollartiteln der beiden Emittenten auf das bislang niedrigste Niveau geschickt.

Bezeichnenderweise trifft der Vertrauensentzug mittlerweile sogar chinesische Bauträger mit staatlicher Rückendeckung. Bestes Beispiel ist die Sino Ocean Group Holding, die von der Zentralregierung beziehungsweise dem Finanzministerium teilkontrolliert wird und sowohl bei Moody’s wie auch bei Fitch ein bislang stabiles Investment-Grade-Rating von „Baa3“ beziehungsweise „BBB–“ aufweist. Am Montag jedoch fiel die Notierung einer Dollaranleihe von Sino Ocean mit 4,75% Kuponzins und Laufzeit bis 2030 auf 73,5 Cent zum Dollar zurück. Damit haben die Titel über ein Viertel ihres Nominalwertes eingebüßt und liegen auf einem ähnlichen Kursniveau wie die rein private Country Garden.

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