Hochzinsanleihen – Zuflucht oder Falle?
Nach den wirtschaftlichen Krisen der letzten beiden Jahrzehnte und dem abflachenden Wachstum in den Industrieländern haben nicht zuletzt die Folgen der Covid-19-Pandemie mit den Reaktionen der Zentralbanken das ohnehin niedrige Renditeniveau von Anleihen jüngst weiter reduziert. Geringfügig positive Renditen sind in klassischen Bereichen noch mit Staatsanleihen von „Peripherieländern“ zu erzielen oder mit langlaufenden Unternehmensanleihen im unteren Bereich des Investment-Grade-Spektrums. Immer mehr Investoren öffnen sich in diesem Zusammenhang auch der Investition in Unternehmensanleihen aus dem High-Yield-Bereich. Kann diese Assetklasse eine Lösung aus dem Niedrigzinsdilemma bieten oder wiegen Ausfallrisiken schwerer als die Chancen bei den zuletzt rückläufigen Renditeaufschlägen?
Allein der Markt an Hochzinsanleihen von Unternehmen, die in Euro denominiert sind, umfasst ein Volumen von ca. 390 Mrd. Euro und 370 Emittenten. Fast 70% dieser Emittenten weisen ein „BB“-Rating auf, weitere 20% entfallen auf die „B“-Kategorie. Auf diese beiden Ratingcluster wird im Folgenden abgestellt. Die Branchenstruktur ist dabei relativ ausgewogen, mit größeren Gewichten im Automobil- und Telekommunikationssektor. Das Anlageuniversum bietet also eine ausreichende Breite und Diversität zur Portfoliozusammenstellung. High-Yield-Anleihen (gemessen am Bloomberg Barclays Euro HY ex Financials BB-B 3% Capped Index) haben in den letzten 15 Jahren durchschnittlich mit 5,4% pro Jahr rentiert. Damit schlagen sie sogar viele europäische Aktienkörbe. Der maximale Wertverlust lag in diesem Zeitraum bei Hochzinsanleihen bei ca. 33%, während man bei europäischen Aktienindizes wie dem Stoxx Europe 600 Net Return-Index maximale Rückschläge von über 50% beobachten konnte. Die höhere Rendite ging also mit geringeren Verlusten einher. Eine Erklärung dafür liegt in der jeweiligen Liquidität: Aktien sind liquider und das Risiko kann somit kurzfristig reduziert werden, während Hochzinsanleihen in Krisenphasen tendenziell illiquide sind und deshalb eine Illiquiditätsprämie beinhalten.
Default-Risiko im Fokus
Das Risiko von Ausfällen spielt bei Hochzinsanleihen eine zentrale Rolle. High-Yield-Emittenten haben sich im vergangenen Jahr trotz Lockdowns stabil gezeigt, die Ausfallrate lag über alle Ratingkategorien bei rund 5%. Historisch fallen über ein Jahr im Durchschnitt seit 1981 ca. 0,3% der europäischen Emittenten mit einem „BB“-Rating aus. Bei Emittenten mit einem „B“-Rating sind es ca. 2%. Im Maximum steigt dieser Wert allerdings auf rund 4% („BB“) beziehungsweise 14% („B“). Die Jahresrenditen für den High-Yield-Index schwankten im Betrachtungszeitraum zwischen −29,8% und +49,5%. Bemerkenswert an High-Yield-Anleihen als Assetklasse ist ihre schnelle Erholung von Rückschlägen. Rückrechnungen über die letzten 15 Jahre ergeben, dass sich Hochzinsanleihen von den größten Rückschlägen innerhalb von 30 Monaten erholt haben, während Aktien nach der globalen Finanzkrise in der Regel weit länger als fünf Jahre benötigten.
Diese Zahlen zeigen: Durchschnittsbetrachtungen im High-Yield-Bereich sind mit Vorsicht zu genießen, denn sie überdecken mitunter starke Schwankungen. Eine mittlere bis langfristige Haltedauer kann daher dazu beitragen, das Chance-Risiko-Profil der Assetklasse zu realisieren.
Zugang zu Corporate-High-Yield-Anleihen als Assetklasse bieten zahlreiche ETFs ebenso wie aktiv gemanagte Fonds. Bei einem ETF investiert man in alle Emittenten im entsprechenden Index, eine zusätzliche qualitative Auswahl findet nicht statt. Aktives Management kann durch eine positive Emittentenselektion dazu beitragen, das Ausfallrisiko zu senken. Beim Investieren mittels passiver ETFs sind allerdings Ausfälle in Kauf zu nehmen. Ferner lassen sich in einem aktiven Managementansatz auch individuelle, anspruchsvolle Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigen. Denn die zunehmende Ausrichtung an nachhaltigen Aspekten findet auch im High-Yield-Universum statt. Die Verfügbarkeit von Nachhaltigkeitsratings nimmt dabei stetig zu und ermöglicht passgenaue Auswahlprozesse.
Ausgehend vom aktuellen Niedrigzinsniveau stellen sich viele Marktteilnehmer die Frage, wie eine möglichst hohe Rendite vereinnahmt werden kann, ohne ein großes Zinsrisiko einzugehen. Zinsbewegungen sind für Hochzinsanleihen nicht der zentrale Werttreiber. Es überwiegen klar die Ausfall- und Spreadrisiken. In der Rückschau der letzten 15 Jahre haben High-Yield-Anleihen in Zinsanstiegsphasen sogar meistens stark profitiert. Das liegt unter anderem daran, dass Zinsanstiege in der Regel mit konjunkturellen Erholungen einhergehen und Emittenten mit schwächeren Bonitäten davon besonders stark profitieren. High Yields sind mit Aktien und klassischen Renten im langfristigen Mittel nur schwach korreliert und bereichern dadurch das Profil eines Portfolios.
Somit erscheinen High Yields als eine interessante Assetklasse zur Beimischung in Portfolios. Dabei sind „Fallen“ in Form von Ausfällen möglichst zu umgehen. Aufgrund der spezifischen Risiken sollte diese Assetklasse dosiert eingesetzt werden. Es empfiehlt sich eine Fondslösung, damit eine ausreichend große Streuung gewährleistet werden kann.
Zuletzt erschienen:
Dunkelgrün oder hellgrün, das ist hier die Frage (158), BNP Asset Management
Irrationaler Überschwang: Game Over bei Gamestop? (157), M.M. Warburg
Aktien scheinen teuer, aber nicht überbewertet (156), Assenagon