„Ich bin davon überzeugt, dass Bitcoin über 200.000 Dollar steigen kann“
Im Interview: Lukas Enzersdorfer-Konrad
„Bitcoin kann über 200.000 Dollar steigen“
Bitpanda-Stratege sieht noch viel Rückenwind für die Krypto-Devise – Volatilität lässt seit Jahren stark nach – Kurssprünge bei kleineren Währungen
Bitcoin ist zuletzt auf ein Allzeithoch geklettert. Lukas Enzersdorfer-Konrad, Krypto-Experte und Deputy-CEO beim österreichischen Fintech Bitpanda, erklärt im Interview der Börsen-Zeitung, was Bitcoin aktuell treibt, wie weit der Kurs noch steigen kann und wie es bei kleineren Krypto-Devisen aussieht.
Herr Enzersdorfer-Konrad, Bitcoin ist auf ein Allzeithoch geklettert. Woher kommt der neue Rückenwind?
Schon Ende letzten Jahres und Anfang dieses Jahres entstand durch politische Veränderungen in den USA – insbesondere durch Donald Trump – ein positives Sentiment. Dies führte dazu, dass institutionelle Investoren, sowohl in den USA als auch international, Kryptowährungen final annehmen. Bitcoin, oft als „digitales Gold“ bezeichnet, profitierte als führendes Krypto-Asset am stärksten davon. Ein deutliches Zeichen dieses Trends ist der massive Zufluss von Kapital in Bitcoin-ETFs, wie jene von BlackRock, was zu neuen Höchstständen beim Volumen führte und als Preistreiber wirkt. Allerdings wurde diese positive Entwicklung dann durch geopolitische Risiken wie Spannungen mit dem Iran und Unsicherheiten rund um Trump und seine Zölle belastet. Diese Faktoren drückten allgemein auf die Kapitalmärkte – und damit auch auf den Kryptomarkt. Zuletzt konnte Bitcoin aber wieder anziehen vom Niveau von 110.000 bis 112.000 Dollar auf mehr als 123.000 Dollar.
Ihre Einschätzung: Wie geht es nun weiter?
Was etwas eigenartig ist, ist dass wir an den Kapitalmärkten aktuell eine Seitwärtsbewegung sehen und es bei Bitcoin dennoch nach oben geht. Das liegt daran, dass das institutionelle Interesse nicht nur ungebrochen ist, sondern sich sogar laufend erhöht. Der Grund dafür ist unter anderem die zunehmende regulatorische Klarheit – etwa durch den USPA Coin Act, der Ende Juni verabschiedet wurde.
Was beinhaltet der?
Der USPA Coin Act erleichtert US-Unternehmen den Umgang mit Krypto und sorgt dafür, dass US-Behörden nicht mehr aktiv gegen Krypto-Firmen vorgehen. Aber auch auf europäischer Seite wird die Regulierung vorangetrieben. Diese Entwicklungen schaffen Vertrauen bei institutionellen Investoren, die zunehmend Kapital in Bitcoin stecken. Das sorgt für ein positives Marktsentiment und befeuert die Nachfrage.
Hilft hier auch die sogenannte „Crypto Week“ in den USA?
Es gibt natürlich nie den einen Grund. Die Entwicklung bei Bitcoin ist viel mehr ein Sentiment-Thema. Und das ist bei Bitcoin derzeit sehr gut. Außerdem hoffen Anleger, dass die USA nun in ruhigere Fahrwasser steuern.
Wo sehen Sie Bitcoin am Ende des Jahres?
Ich bin davon überzeugt, dass Bitcoin auf jeden Fall in absehbarer Zeit über 200.000 Dollar steigen kann. Warum? Weil es einfach immer mehr relevante Marktteilnehmer gibt, die bis jetzt an der Seitenlinie gestanden und nur zugesehen haben, aber nicht agieren konnten. Die wollen jetzt auch einsteigen und investieren. Ob Bitcoin schon zum Jahresende auf 200.000 Dollar steigt, oder erst danach, das wird sich zeigen.
Was raten Sie Anlegern? Jetzt noch einstiegen, oder ist eher Zurückhaltung gefragt?
Grundsätzlich ist der Einstieg in Kryptowährungen immer mit Unsicherheiten verbunden, besonders kurzfristig und vor allem, wenn Kurse bereits Höchststände erreicht haben. Für langfristig orientierte Anleger mit einem Anlagehorizont von etwa drei Jahren spielt der genaue Einstiegszeitpunkt jedoch keine Rolle. Da macht es keinen Unterschied, ob man jetzt kauft oder ob man abwartet. Schwankungen und mögliche Rücksetzer muss man in Kauf nehmen und durchhalten. Wer an das langfristige Potenzial von Krypto glaubt und an die zunehmende institutionelle Akzeptanz, für den ist es sinnvoll, jetzt zu investieren und so auch sein Portfolio weiter zu diversifizieren.
Die Volatilität bei Bitcoin hat zuletzt ein Stück weit nachgelassen. Erwarten Sie hier eine weitere Stabilisierung?
Die Volatilität von Bitcoin hat langfristig betrachtet in den letzten zehn Jahren tatsächlich Stück für Stück abgenommen, was vor allem auf die zunehmende institutionelle Akzeptanz zurückzuführen ist. Mit steigendem Marktvolumen und höherer Kapitalbindung wird es aber auch schwieriger, so extreme Preisschwankungen wie in der Frühphase zu erzeugen. Eine vollständige Stabilisierung bei Bitcoin wird noch Zeit brauchen, aber tendenziell wird Bitcoin immer stabiler. Dagegen bleibt die Volatilität bei anderen, kleineren Kryptowährungen weiterhin sehr hoch.
Gutes Stichwort: Bei Bitpanda kann man auch andere Kryptowährungen wie Ether oder Solana handeln. Spüren Sie auch hier einen frischen Rückenwind?
Auch bei Kryptowährungen wie Ether und Solana ist ein positiver Trend spürbar. Das sind nur zwei Beispiele von mehr als 650 Kryptowährungen, die wir anbieten. Da gibt es innovative Technologieprojekte, die allein in den letzten 24 Stunden über 50% Rendite gemacht haben. Besonders Projekte mit kleinerer Marktkapitalisierung zeigen bei gutem Marktsentiment teils extreme Kursgewinne. Diese kleineren Titel reagieren stärker auf Marktbewegungen als „Blue-Chips“ wie Bitcoin.
Die USA haben Bitcoin im März als Reserve etabliert. Was spricht für, was gegen die Asset-Klasse?
Bitcoin eignet sich sicher nicht als alleinige Grundlage für Staatsreserven, ebenso wenig wie Gold oder andere Edelmetalle. Dennoch bringt es viel Eigenschaften mit sich, die auch Gold hat. Eigenschaften wie Begrenztheit und Wertspeicherung. Dazu kommt eine zunehmende Anerkennung als digitales Asset. Deshalb kann Bitcoin als beigemischte Reservekomponente sinnvoll sein, besonders in einem Umfeld, in dem klassische Goldreserven an Bedeutung verlieren. Bitcoin hat da also definitiv eine Daseinsberechtigung.
Zur Person: Lukas Enzersdorfer-Konrad ist Deputy-CEO bei Bitpanda. Dort beaufsichtigt er seit 2019 einen großen Teil des Unternehmens – von Business Operations über Growth und Produktentwicklung bis hin zu Bitpanda’s Custody-Plattform. Enzersdorfer-Konrad ist zudem CEO bei Bitpanda Technology Solutions und leitet den B2B-Zweig der Bitpanda Group.
Das Interview führte Tobias Möllers.
Das Interview führte Tobias Möllers.