Japanische Aktien erleben Höhenflug

ETF-Käufe der Notenbank und die Wende bei Konjunktur und Firmengewinnen treiben Nikkei auf höchsten Stand seit fast 30 Jahren.

Japanische Aktien erleben Höhenflug

Von Martin Fritz, TokioAuch die japanischen Aktienmarktbarometer haben der Pandemie getrotzt und im abgelaufenen Jahr im internationalen Vergleich gut abgeschnitten. Der Nikkei 225 gewann über 16 % und erreichte den höchsten Stand seit beinahe 30 Jahren. Dem marktbreiten Topix gelang ein Plus von 4,8 %. Das deutlich bessere Abschneiden des Nikkei 225 im Vergleich zum Topix, verursacht in erster Linie durch den höheren Anteil an Technologiewerten, führte zu einem rekordhohen Quotienten der Indizes von 15. Zugleich kletterte das Kurs-Gewinn-Verhältnis des Topix für 2020 auf 23 und für das neue Jahr auf 16,4.Die Rally selbst, die sich ab dem Spätherbst beschleunigte, beruhte zum einen auf der extrem expansiven Geld- und Fiskalpolitik. Die Bilanzsumme der Bank of Japan wuchs infolge spezieller Pandemie-Hilfskredite sowie Wertpapierkäufen seit dem März um ein Fünftel auf 712 Bill. Yen (umgerechnet rund 5,6 Bill. Euro) bzw. 132 % des aktuellen realen Bruttoinlandsproduktes. Zugleich weitete der Staat seinen Haushalt um 71 % auf 176 Bill. Yen (1,4 Bill. Euro) aus. Impulse aus ChinaZum Zweiten war Japans Wirtschaft aufgrund der engen Verflechtung ein Nutznießer der starken Konjunkturerholung in China. Der China-Anteil von Japans Exporten hat sich binnen zwei Jahrzehnten auf 22 % mehr als verdreifacht. Zum Dritten zeichnete sich eine Wende bei den Gewinnen ab, als unerwartet viele Unternehmen bei der Vorlage der Halbjahreszahlen ihre Prognose für das Geschäftsjahr 2020 (bis 31. März 2021) nach oben korrigierten.Ein wichtiger Antreiber und zugleich ein Gewinner der Aktienmarktrally war die Bank of Japan (BoJ). Als Reaktion auf die Ausbreitung von Covid-19 beschloss sie Ende Februar, ihr jährliches Kauflimit für Nikkei- und Topix-Indexfonds auf 12 Bill. Yen (95 Mrd. Euro) zu verdoppeln. Möglicherweise haben ihre Käufe börsengehandelter Indexfonds (ETFs) dazu beigetragen, dass die Kurseinbrüche von japanischen Dividendentiteln im März nicht ganz so heftig ausfielen wie etwa in Europa und den Vereinigten Staaten. Jedenfalls hielt die BoJ während der kritischen Phase im März und April das versprochene doppelte Volumen mit ETF-Käufen von 2,3 Bill. Yen durch. Bis zum Jahresende wuchs die Summe insgesamt jedoch nur auf 6,3 Bill. Yen. Angesichts der höheren Kurse konnte das Portfolio erhebliche Zugewinne verbuchen. Dadurch hat die Notenbank Schätzungen zufolge den Pensionsfonds GPIF als größten Halter von japanischen Aktien abgelöst. Ausländer kehren zurückDen Ausbruch nach oben verdankte der Nikkei 225 der vorübergehenden Rückkehr von ausländischen Investoren. Sie halten 30 % der Aktien und machen 70 % des Tageshandels aus. Ihre Kapitalflüsse entscheiden letztlich über Wohl oder Wehe am Aktienmarkt in Tokio. Im Rally-Monat November kauften ausländische Adressen japanische Dividendentitel für netto 3,1 Bill. Yen (24,6 Mrd. Euro). Dadurch trieben sie den Nikkei 225 zeitweise über 27 000 Yen. Doch im Gesamtjahr zogen diese Investoren laut Bloomberg netto 62 Mrd. Dollar aus Aktien und Terminkontrakten ab. Ihre Verkäufe zwischen 2015 und 2019 summierten sich auf weitere 134 Mrd. Dollar. Lockdown stützt NintendoZu den Gewinnern mit bekannteren Namen zählten Softbank Group und Nintendo. Auf den größten Jahresverlust der Firmengeschichte reagierte Softbank-Gründer Masayoshi Son mit seinem größten Aktienrückkauf, indem er Tafelsilber von Alibaba bis T-Mobile verkaufte. Zugleich erregte er Aufsehen, als er mit Terminkontrakten die Nasdaq-Rally forcierte. Seit dem Tief im März verdreifachte sich der Aktienkurs. Nintendo gehörte mit einer knappen Kursverdoppelung zu den Nutznießern der Lockdowns, weil mehr gespielt wurde, und kam mit der Produktion der Switch-Konsole kaum hinterher.