Japanische Aktien suchen neue Käufer

Nomura erwartet steigende Unternehmensgewinne - Yen-Aufwertung als Risikofaktor

Japanische Aktien suchen neue Käufer

Der japanische Aktienmarkt hat 2019 sehr gut abgeschnitten. Allerdings gibt es für 2020 Risikofaktoren, darunter die Geldpolitik der Notenbank, die sich auf Druck der Banken an der Politik der weiteren geldpolitischen Lockerung anderer großer Zentralbanken nicht beteiligt hat.Von Martin Fritz, TokioNach einem Anstieg um 18 % beendete der Leitindex Nikkei den Handel 2019 auf dem höchsten Jahresschlusskurs seit 1990 und dem höchsten Stand seit November 1991. Dem breiter gefassten Topix, der Benchmark für viele Japan-Anleger, gelang ein Plus von 15 %. Der Index erreichte ebenfalls den besten Wert seit November 1991. Dabei konnten beide Aktienbarometer widrigen Umständen trotzen, darunter schwache Exporte, weniger Industrieproduktion sowie eine höhere Konsumsteuer.Die Vorzeichen für das neue Aktienjahr stehen eigentlich gut: Die USA und China, Japans wichtigste Handelspartner, haben ihren Streit eingefroren, höhere US-Importzölle für japanische Autos sind mit dem bilateralen Handelsvertrag vorerst vom Tisch, die Konjunktur in China zeigt Anzeichen einer Erholung. In der Folge könnten japanische Exporte anziehen. Sicherheitshalber hat die Regierung ein Konjunkturpaket mit einer Wirkung von 26 Bill. Yen (213 Mrd. Euro) auf den Weg gebracht. Die zusätzliche Nachfrage von Staatsseite soll den befürchteten Konsumrückgang durch die höhere Steuer auffangen. Das mache eine Rezession unwahrscheinlicher, meint Kathy Matsui, Chefstrategin von Goldman Sachs Japan. UBS Japan sagt sogar Wachstum bis 2021 vorher. Stimulus wie im Vorjahr Japan-Ökonom Marcel Thielant von Capital Economics widerspricht. Die direkten Ausgaben betrügen nur 9,4 Bill. Yen (77 Mrd. Euro), unterm Strich bleibe der fiskalische Stimulus auf Vorjahresniveau. Tatsächlich will die Regierung ihre Ausgaben im Fiskaljahr 2020 nur um 1 % auf 102,7 Bill. Yen (842 Mrd. Euro) erhöhen. Ungeachtet der positiven Konjunktureffekte durch die Olympischen Sommerspiele in Tokio erwartet Thielant eine sinkende Wirtschaftsleistung im Gesamtjahr. Daraus erwächst die Gefahr, dass die Firmengewinne das zweite Jahr hintereinander zurückgehen könnten. Japanische Aktien seien preislich attraktiv, aber der Gewinnausblick erscheine nicht reizvoll, kommentiert etwa J.P. Morgan. Als Risiko nannten die Analysten einen stärkeren Yen.Weniger zurückhaltend fällt die Empfehlung von Morgan Stanley aus, japanische Aktien überzugewichten. In ihrem Basisszenario steigen die Gewinne um 10,6 %. Japan habe eine relativ gute Bewertung und geringe Risikoprämie, als Fokustitel nannte Morgan Stanley Tokyo Electron und Murata Manufacturing. Auch Nomura zeigte sich zuversichtlich. Für 2019 (bis 31.3.20) rechnet die Investmentbank mit einem Rückgang der Vorsteuergewinne im Russell/Nomura Large Cap Index um 5,3 %. Es wäre das erste Minus seit acht Jahren. Doch im Geschäftsjahr 2020 sollten die Gewinne um 9,3 % wieder anziehen, mit elektrischen Maschinen, Präzisionsgeräten, Fahrzeugen und Chemikalien als stärksten Treibern.Als großer Unsicherheitsfaktor gilt die Geldpolitik. An der monetären Lockerung in den USA und der EU 2019 hatte sich die Bank of Japan (BoJ) nicht beteiligt. Die Zinsdifferenz zu diesen Regionen schrumpfte zwar, dadurch wertete der Yen auf. Aber Japans Finanzinstitute lehnen einen verschärften Negativzins ab. Daher wird die Notenbank nur handeln, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Barclays Japan zum Beispiel erwartet daher für 2020 keine weitere Lockerung. Umso mehr gilt das Augenmerk der Investoren den Aktienkäufen der Notenbank. Einerseits haben ihre Käufe von Aktienindexfonds auf Nikkei und Topix den Markt in Abwärtsphasen stabilisiert und heftige Preisstürze abgefangen. Andererseits kritisieren einige ausländische Anleger, dass das BoJ-Kaufprogramm die Preisbildung verzerrt. Vermutlich deswegen fuhr die Zentralbank 2019 ihre ETF-Käufe erstmals herunter. Mit 4,4 Bill. Yen (36 Mrd. Euro) blieben sie mehr als ein Viertel unter dem Volumen von 6 Bill. Yen. Geplante BörsenreformDie Kehrseite dieser Entwicklung: Ohne die Notenbank und aufgrund der zuletzt anhaltenden Nettoverkäufe von ausländischen Investoren fehlen die Käufer für japanische Aktien. Der Handelsumsatz im abgelaufenen Jahr sank mit 512 Bill. Yen (4,2 Bill. Euro) auf den niedrigsten Wert während der siebenjährigen Amtszeit von Premierminister Shinzo Abe. Neues Interesse könnte jedoch die geplante Börsenreform wecken. Die Finanzaufsicht wünscht sich einen “Premiummarkt” für Blue Chips, ein Standardsegment für Mittelständler und eine Wachstumssektion für Start-ups. Im Fall einer solchen Fokussierung erwartet Jesper Koll, Japan-Chef von Wisdom Tree, eine Welle von Fusionen und Übernahmen, mit denen die Unternehmen die notwendige Größe für eine Indexaufnahme erreichen wollten.