Asset-Management

„KI rüstet die aktiven Strategien auf“

KI-gestützte Investment-Strategien stecken noch in den Kinderschuhen, gewinnen aber an Dynamik, wie die Fondsmanager Michael Günther und Pablo Hess von Tungsten Capital erklären.

„KI rüstet die aktiven Strategien auf“

„KI rüstet die aktiven Strategien auf“

Große deutsche Assetmanager in Experimentierphase – Tungsten startet zweiten Fonds

Von Heidi Rohde, Frankfurt

Der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) ist auch im Assetmanagement in aller Munde, seit ChatGPT den globalen Hype um die Technologie angefacht hat. Jedoch bilden KI-gestützte Fonds dem Schweizer Indexanbieter Next Gen Alpha zufolge mit global 40 bis 45 Investmentstrategien und einem Anlagevolumen von rund 3 Mrd. Euro bisher noch eine recht kleine Nische. Zugrunde liegende Kriterien für die Erfassung sind hier „keine aktiv gemanagten Konten“ sowie mindestens wöchentliche Liquidität. Im deutschsprachigen Raum verwalten geschätzt zwei Dutzend Anbieter per KI ein Kapital von 350 Mill. bis 450 Mill. Euro.

Allerdings zeichnet sich eine wachsende Dynamik ab, wie die Fondsmanager Michael Günther und Pablo Hess von Tungsten Capital der Börsen-Zeitung sagten. Die relativ kleine Fondsgesellschaft, die insgesamt 400 Mill. Euro für institutionelle Kunden wie Family Offices, Banken, Dachfonds und Corporates verwaltet, setzt für den Tungsten Trycon AI Global Markets bereits seit 2013 KI für die Anlagestrategie ein und blickt damit nach eigenen Angaben auf die am längsten existierende KI-Strategie der DACH-Region zurück. Der Fonds im aktuellen Volumen von rund 105 Mill. Euro verfolgt einen „Multi-Asset-Ansatz mit Long- und Short-Strategien“ und erstreckt sich auf 60 verschiedene Märkte und Indizes, die mehr als 4.000 Einzeltitel enthalten.

„Das Konzept bietet sich damit für eine KI unmittelbar an, da eine solche Fülle an Investitionsmöglichkeiten in einem herkömmlichen Management kaum zu bewältigen wäre“, so Günther. Obwohl eine KI naturgemäß einen quantitativen Ansatz widerspiegelt, gehen die beiden Manager nicht davon aus, dass die Nutzung der intelligenten Software per se dazu führt, dass passive Investmentstrategien zunehmen. „Wir glauben, KI rüstet die aktiven Strategien auf“, so Hess. Denn: Was die KI tut, wird sehr regelmäßig überwacht, um einen steten Performance-Überblick über den Fonds zu gewährleisten.

Tungsten verzeichnet eine wachsende Nachfrage nach dem Produkt, das „nicht als Renditetreiber, sondern klar zur Diversifizierung und zum Ausgleich von Volatilität konzipiert ist“, so der Manager. Es handele sich um ein Gegengewicht zu Risikopapieren, diente in der Nullzinsphase quasi als „Zinsersatzprodukt“ und habe darüber hinaus den Vorteil, „dass es auch mit Anleihen praktisch gar nicht korreliert ist“, betont Günther.

In den vergangenen zwei Jahren seien die Mittelzuflüsse bei Tungsten um mehr als die Hälfte angeschwollen. Daher soll nun in Kürze ein zweiter KI-gesteuerter Fonds aufgelegt werden, „dessen Konzept zugunsten einer höheren Zielrendite mehr Risiko akzeptiert, indem mehr in Derivate investiert wird“, erklärt Hess. Auch der neue Fonds zielt auf Investoren in der DACH-Region.

KI-basierte Strategien sind zweifellos ein Trend, der noch in den Kinderschuhen steckt, wie auch die insgesamt überschaubaren Mittelzuflüsse in jüngster Zeit zeigen. Allerdings entfällt laut Next Gen Alpha mehr als die Hälfte der global getrackten KI-basierten Investmentstrategien auf Europa, und zwar mehrheitlich auf Deutschland, gefolgt von der Schweiz und Skandinavien. Die großen Assetmanager hierzulande haben alle bereits begonnen, KI für die Vermögensverwaltung einzusetzen, sind laut Branchenverband BVI allerdings noch in der Experimentierphase.

Union Investment lässt wissen, man setze KI „bereits erfolgreich zur Risikosteuerung und Optimierung bestimmter Anlagestrategien in den Portfolios ein“. So solle die hauseigene KI-Lösung Malina vor allem dazu dienen, „neue Perspektiven für unterschiedliche Entscheidungsprozesse im Tagesgeschäft zu schaffen“.