Metzler: Chinesische Aktien eine eigene Kategorie

Singapur gilt als ein Modell für das Riesenreich - Outperformance zieht Investoren an

Metzler: Chinesische Aktien eine eigene Kategorie

wbr Frankfurt – Mit der Überschrift “Staatskapitalismus als Erfolgsmodell” fasst die Investmentgesellschaft Metzler Asset Management ihre Einschätzung des chinesischen Marktes zusammen. Die Entwicklung des Landes sei dabei durchaus paradox zu sehen, meint Rainer Matthes, Anlagechef der Gesellschaft, anlässlich eines Pressegesprächs in Frankfurt. “Auf der einen Seite wird das Land von einer sehr autoritären Regierung geführt, auf der anderen Seite wächst die Volkswirtschaft stark und die Aktienmärkte boomen.” Matthes sieht damit die Vermutung, dass autoritäre Strukturen Innovation verhindern, widerlegt. Er verweist auf die stark gestiegenen Ausgaben für Forschung und Entwicklung des Landes im Vergleich zu anderen Staaten (siehe Grafik).Die positive Entwicklung der Wirtschaft und der Märkte führt Matthes auch darauf zurück, dass die Ökonomie immer stärker digitalisiert wird. “In der digitalen Wirtschaft gelten andere Spielregeln als in der analogen Wirtschaft. In der neuen Welt ist der Einfluss des Staates eher förderlich.” Seiner Ansicht nach profitiere China von den erforderlichen Finanzierungsstrukturen in der digitalen Wirtschaft; anders als in der alten Welt spiele die Fremdkapitalfinanzierung eine geringere Rolle, da es keine materiellen Güter gebe, die als Sicherheiten dienen könnten. Wichtig sei dann Eigenkapitalfinanzierung wie in China oder in den USA und die Venture-Capital-Finanzierung. Hinzu komme als zweiter Erfolgsfaktor, dass digitale Produkte leichter kopierbar und daher ein Einfluss des Staates viel wichtiger sei. Chefvolkswirt Edgar Walk verweist darauf, dass Singapur so etwas wie ein Modell für China in klein sei: “Autoritäre Regierung plus freie Marktwirtschaft als Erfolgsformel.” Zweitgrößter MarktFür Investoren und Assetmanager bedeuten die Erkenntnisse laut Metzler, dass an chinesischen Aktien kein Weg mehr vorbeiführt. Während generell 2020 für die Kapitalmärkte bisher ein schwieriges Jahr war, konnte der Inlandsaktienindex CSI 300 nach Angaben von Metzler von Anfang Januar bis Mitte September einen Wertzuwachs von 19,9 % in Dollar erreichen. Der MSCI World kam im selben Zeitraum dagegen nur ein Plus von 3,5 %. “Die Outperformance scheint für viele institutionelle Investoren in Deutschland ein Weckruf gewesen zu sein, sich China genauer anzuschauen”, so Matthes.Der Aktienmarkt von Festlandchina liegt inzwischen gemessen an der Börsenkapitalisierung auf Platz 2 hinter den USA. Hinzu kommt, dass der Anteil von China und insbesondere der A-Aktien ein immer größeres Gewicht in internationalen Indizes hat. So beträgt der Anteil chinesischer Aktien im MSCI Emerging Markets mittlerweile über 40 %. “Der Einbezug chinesischer Aktien in internationale Indizes wird für langfristige Kapitalflüsse nach China sorgen”, sagt Yanling Zhu, Chinaexpertin bei Metzler Asset Management. Aus Sicht von Metzler sollten institutionelle Investoren chinesische Aktien nicht mehr als Teil der Schwellenländer sehen, sondern als eigenen Block wie die USA, Europa und Japan. Matthes rät davon ab, das Land wie in der Vergangenheit über breite Emerging-Markets-Fonds abzudecken: “China hat es verdient, von Investoren als eigene Region wahrgenommen zu werden.”Bemerkenswert ist für die Spezialisten von Metzler die Zweiteilung der chinesischen Wirtschaft in eine Old Economy und eine New Economy mit Technologie, Gesundheit und Konsum. Die Aktien der New Economy Chinas seien in den vergangenen zehn Jahren um durchschnittlich 12,8 % gewachsen, die der alten Branchen lediglich um 4,4 % pro Jahr. Im laufenden Jahr sei der Unterschied noch größer. Die Bedeutung der neuen Wachstumsbranchen zeige sich auch daran, dass das Indexgewicht des IT-Sektors in den vergangenen zehn Jahren von 3 % auf 15 % gestiegen ist.