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Neues Risikogewicht für SNP-Anleihen

Senior-Nob-Preferred-Anleihen erhalten ein neues Risikogewicht. Die Analysten der DZ Bank beleuchten die Details hierzu.

Neues Risikogewicht für SNP-Anleihen

Von Alex Constanze Steinmann*)

Im vergangenen Herbst hat die EU-Kommission ihren Entwurf zur finalen Umsetzung der Basel-III-Änderungen – Basel IV – veröffentlicht, der sich hauptsächlich mit Anpassungen der Eigenkapitalverordnung sowie der Eigenkapitalrichtlinie, bekannt unter den Namen CRR III und CRD IV, befasst. Das Legislativpaket wird seitdem im Europäischen Parlament und im Rat erörtert.

Dabei wird unter anderem der Kreditrisikostandardansatz (KSA) mit dem Ziel, die Risikosensitivität der Banken zu erhöhen, überarbeitet. Dafür kommt es zur Neuklassifizierung bestimmter Risikopositionen, wobei die EU-Kommission den Empfehlungen des Basler Komitees weitgehend folgt. So auch bei der Neueinstufung nachrangiger Forderungen, zu denen nun auch Senior-Non-Preferred-(SNP-)Anleihen gezählt werden. Wie alle Nachranganleihen sollen auch sie dann ein pauschales Risikogewicht von 150% erhalten. In der Konsequenz müssten solche Papiere zukünftig mit erheblich mehr Eigenkapital hinterlegt werden.

Institute, die den KSA anwenden, haben die Risikogewichte ihrer Risikopositionen gegenüber Banken bislang gemäß Art. 120 Abs. 1 CRR ermittelt. Dort werden unbesicherten Positionen gegenüber Banken (mit einer Restlaufzeit von über drei Monaten) Risikogewichte zugewiesen, die an das von einer aufsichtlich anerkannten, externen Ratingagentur vergebene Rating geknüpft sind.

Sitzstaat im Blick

Daneben gibt es im KSA eine weitere Option, die Risikogewichte von Forderungen an Banken zu ermitteln, die oftmals zu niedrigeren und damit für die Institute attraktiveren Risikogewichten geführt hat. Bei der sogenannten Sitzstaatenmethode wird nämlich nicht auf das Rating der Bankenemission, sondern auf das Rating ihres Sitzstaates abgestellt: Verkürzt formuliert erhalten alle Forderungen an Banken nach dieser Methode ein um eine Stufe höheres Risikogewicht als ihr Sitzstaat.

Günstigere Option

Dass diese zweite, zumeist günstigere Option bislang überhaupt in größerem Stil möglich ist, liegt an einem gewissen „Auslegungsspielraum“, den die anwendenden Institute zu nutzen wissen. So heißt es in der CRR, dass Risikopositionen gegenüber Instituten, für die keine anerkannte, externe Bonitätsbeurteilung vorliegt, ein Risikogewicht zugewiesen wird, das sich an der Bonitätsstufe des Staates, in dem das Institut seinen Sitz hat, orientiert. Das bedeutet, dass ein Institut, das schlicht keine anerkannte externe Bonitätsbewertung für eine gehaltene Forderung bei der Aufsicht einreicht beziehungsweise „vorlegt“, die Sitzstaatenmethode anwenden kann – obwohl es vielleicht eine solche Bewertung gibt. Damit kann die Sitzstaatenmethode, die sich streng genommen nur auf Risikopositionen gegenüber unbeurteilten Banken bezieht, letztlich auf so gut wie alle Forderungen an Banken angewendet werden.

Risikogewicht gespart

Bei der Ermittlung des Risikogewichts einer SNP-Anleihe ist man folglich bislang entweder von dem Rating der entsprechenden Bankanleihe oder dem des Sitzstaats der emittierenden Bank ausgegangen. Gerade bei der Risikobewertung von Bankanleihen aus der Europäischen Union (EU), in der viele Staaten über ein gutes Rating im Bereich „AAA“ und „AA“ verfügen, konnte durch das Ausweichen auf die Sitzstaatenmethode viel Risikogewicht gespart werden.

Bei Anwendung der Sitzstaatenmethode blieb das unterschiedliche Risikoprofil der verschiedenen Banken und ihrer SNP-Bankanleihen, das in ihren unterschiedlichen Ratings zum Ausdruck kommt, unberücksichtigt, es zählte allein die Bonität des Sitzstaates. Dazu kommt, dass die Anwendung des Sitzstaatenprinzips auch nicht zwischen Senior-Preferred- (SP-) und SNP-Anleihen eines Emittenten differenziert: Die SNP-Anleihen haben nach der Sitzstaatenmethode logischerweise das gleiche Risikogewicht wie die SP-Anleihen, obwohl sie in der Haftungshierarchie eine Stufe weiter unten rangieren.

Unzureichende Sensitivität

Aufgrund dieser unzureichenden Risikosensitivität wird die Sitzstaatenmethode in der CRR-III-E gemäß den finalisierten Basel-III-Regelungen komplett eliminiert. Für „Risikopositionen gegenüber Instituten“ gilt dann nur noch die Methode mit externen Ratings. Institute beziehungsweise Risikopositionen, für die tatsächlich kein anerkanntes externes Rating vorliegt, werden nach einem neuen „standardisierten Ansatz für Positionen ohne Rating“ (SCRA) eingestuft.

Für die Risikoklassifizierung von SNP-Anleihen gilt dies aber nicht. Für sie gilt weder der externe Ratingansatz noch der neue SCRA, falls kein externes Rating vorliegt. Sie erhalten aufgrund ihrer Neubewertung als „mit besonders hohem Risiko verbundene Positionen“ ein pauschales Gewicht von 150%, das nach offizieller Einschätzung die Risiken besser widerspiegelt.

Die Änderungen werden die Eigenkapitalanforderungen von Banken erhöhen. Die Institute müssen­ sich also auf weitere Re­gulierungskosten einstellen. Die EU-Kom­mis­si­on weist aber mit Recht darauf hin, dass die neuen Regelungen zu einer angemesseneren Bewertung der Risikopositionen und damit letztlich auch zu einer weiteren Stärkung des Bankensektors führen werden. Dass bei Anwendung der Sitzstaatenmethode weder zwischen den SP- und SNP-Anleihen derselben Bank noch zwischen den verschiedenen Instrumenten unterschiedlich bonitätsstarker Banken differenziert wurde, hat die unterschiedlichen Risiken nicht adäquat widergespiegelt. Zu deutlich schwingt hier außerdem mit, dass die Bonität des Sitzstaates einen dominierenden Einfluss auf das Risiko der Forderung haben könnte – und gerade diesem Eindruck will die Regulierung ja seit dem Ende der Finanzkrise entgegenwirken. Die Abschaffung der Sitzstaatenmethode ist da nur eine logische Konsequenz.

Wenig überzeugend

Dass die SNP-Anleihen eines Emittenten zukünftig höher gewichtet werden sollen als seine SP-Anleihen, erscheint angesichts der unterschiedlichen Risiken ebenfalls plausibel. Weniger überzeugend ist allerdings, dass bei den Papieren, im Gegensatz zu SP-Anleihen, nicht differenziert werden soll. Vielmehr sollen sie nun alle das gleiche pauschale Risikogewicht erhalten, das zudem noch genauso hoch ausfällt, wie das der in der Haftungskaskade noch eine Stufe schlechtergestellten Tier-2-Anleihen. Das erscheint angesichts der doch sehr unterschiedlichen Bonitäten innerhalb des SNP-Segments wenig risikosensitiv. Stattdessen hätte man zum Beispiel eine eigene Mappingtabelle für SNP-Anleihen mit höheren, aber ebenfalls nach externen Ratings oder anderen messbaren Faktoren abgestuften Risikogewichten einführen können. Auch eine Abstufung gegenüber Tier-2-Anleihen wäre angemessen gewesen.

*) Alex Constanze Steinmann ist Senior Bankanalystin bei der DZ Bank.

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