Neuordnung der Börse Tokio enttäuscht Erwartungen
mf Tokio
Die erste Neustrukturierung der Tokioter Börse seit 60 Jahren hat den Finanzmarkt enttäuscht. Nach Ansicht vieler Marktteilnehmer verfehlt der lange vorbereitete Umbau sein zentrales Ziel, Aktienanlagen in Japan für institutionelle ausländische Adressen attraktiver zu machen. Dagegen beteuerte der Betreiber der Börsen in Tokio und Osaka, die Japan Exchange Group, die Umgruppierung sei nur ein erster Schritt. Zum 1. April wird die Zahl der Segmente von vier auf drei verringert. Dafür werden die 3777 Aktien der ersten (2185 Titel) und zweiten Sektion (474) der Tokioter Börse sowie in den Indizes Jasdaq (730) und Mothers (424) auf die Gruppen Prime, Standard und Wachstum verteilt. Bisher gehörten fast 60% aller Aktien dem Topix an, der den meisten Investoren als Benchmark-Index dient. Das neue Prime-Segment enthält jedoch immer noch 1841 Titel und damit nur 16% weniger als der Topix. Noch vor einem halben Jahr kursierten Berichte über einen Abbau von einem Drittel der Topix-Aktien. 1477 Titel gehören zum Standard- und 459 zum Wachstumssegment.
Zwar sortierte die Börse 296 Unternehmen nur auf Probe unter Prime ein, weil sie die Kriterien für tatsächliche Marktkapitalisierung (76 Mill. Euro), frei handelbaren Aktienanteil (35%) und Quote der unabhängigen Direktoren (ein Drittel) erst später erfüllen wollen. Doch die Börse hat bisher darauf verzichtet, ihnen dafür eine Frist zu setzen. Selbst falls alle diese Firmen ausscheiden müssten, hätte Prime immer noch 1545 Mitglieder. Dabei zählte die Verschlankung des obersten Börsensegments zu den wichtigsten Reformzielen. „Falls Prime ,am besten‘ und ,am wichtigsten‘ bedeuten sollte, dann trifft beides nicht zu“, sagte Fondsmanager Taku Ito vom Vermögensverwalter Nissay der Finanzzeitung „Nikkei“.
Angst vor Gesichtsverlust
Ursprünglich sollte Prime jene Unternehmen enthalten, die „ihre Geschäfte auf einen konstruktiven Dialog mit globalen Investoren zentrieren“. Doch viele Topix-Mitglieder fürchteten einen Gesichtsverlust, wenn sie den Hauptindex verlassen müssten, und verweigerten daher die Abwanderung in das Standard-Segment.
Die Folgen: Die durchschnittliche Marktkapitalisierung der künftigen Prime-Mitglieder beträgt nur 60 Mrd. Yen (458 Mill. Euro) und liegt damit weit unter dem Radar von größeren Investoren aus dem Ausland. Der E-Commerce-Anbieter Market Enterprise zum Beispiel weist lediglich einen Börsenwert von 3,8 Mrd. Yen (29 Mill. Euro) auf. Fast die Hälfte der Prime-Unternehmen bewertet die Börse niedriger als ihr Nettovermögen. Die Kapitalrendite von 7,8% liegt im internationalen Vergleich ebenfalls zurück.