Comeback als Finfluencer

Der findige Herr Woodford

Neil Woodford ist wieder da. Der ehemalige Star-Fondsmanager versucht sich nun als Finfluencer.

Der findige Herr Woodford

Der findige Herr Woodford

hip London
Von Andreas Hippin, London

Neil Woodford (64) hat man in der City of London nicht vergessen. Vor fünf Jahren implodierte sein Reich. Rund 300.000 Anleger wurden geschädigt, als der LF Woodford Equity Income Fund Liquiditätsprobleme bekam und zusammenbrach. Nun versucht sich der einst als „britische Antwort auf Warren Buffett“ gefeierte Anlagestratege als Finfluencer.

„In Ungnade gefallen“

„Vielleicht erinnern Sie sich an mich als den Fondsmanager, der die Internet-Blase und die Bankenkrise vermied und mehr als 25 Jahre lang eine bessere Performance lieferte als der Index, oder vielleicht als den ‚in Ungnade gefallenen' Fondsmanager, der dem Kollaps von Woodford Investment Management 2019 vorsaß‘, schrieb er auf seiner neuen Website. Kurz zuvor hatte ihm die Finanzaufsicht FCA (Financial Conduct Authority) ein „mangelhaftes“ und „unangemessen begrenztes“ Verständnis seiner Verantwortung für das Management von Liquiditätsrisiken vorgeworfen.

„Weder Held noch Bösewicht“

Was seine Rolle angeht, schrieb Woodford, er sei „weder Held noch Bösewicht“ gewesen. Er versprach zugleich, Licht auf die Ereignisse zu werfen, die zu den Verlusten führten, die Anleger hinnehmen mussten, als der Fonds abgewickelt wurde. Da gebe es noch viel offenzulegen. Man darf gespannt sein, denn um offene Worte war Woodford nie verlegen. Allerdings kam bei den Betroffenen schlecht an, dass er auch nach Schließung seines Fonds noch Managementgebühren erhob.

Steile Ansagen, treues Gefolge

Als er seinem ehemaligen Arbeitgeber Invesco Perpetual den Rücken kehrte, um sich mit Woodford Investment Management selbständig zu machen, folgten ihm Gelder in Milliardenhöhe. Der Vermögensverwalter St. James’s Place war nur einer der Kunden, die ihm ihr Geld auch weiterhin anvertrauen wollten. Er war gegen den Merger von BAE Systems und EADS und lehnte das Angebot des Viagra-Herstellers Pfizer für AstraZeneca ab. Dem ehemaligen Labour-Spitzenkandidaten Ed Miliband warf er „wirtschaftlichen Vandalismus“ vor, als dieser Energieversorgern mit dem Einfrieren der Preise drohte. Der Eurozone räumte er einst kaum Überlebenschancen ein.

Alles Definitionssache

Die Probleme seines Fonds erschütterten die Branche, denn es handelte sich um einen ganz gewöhnlichen Aktienfonds. Doch wieder einmal wurden riskante Investments als vergleichsweise sichere Anlagen vermarktet – mit dem Segen der FCA, die solchen Fonds erlaubte, bis zu ein Zehntel ihres Volumens in illiquide Assets zu investieren. Dabei war die Definition von „illiquide“ so eng gefasst, dass es ausreichte, wenn ein Unternehmen vorhatte, an die Börse zu gehen, um seine Anteile als „liquide“ Assets zu behandeln. Woodford hatte so viel Geld der Anleger in illiquide Anlagen gesteckt, dass er nicht alle auszahlen konnte, die ihre Anteile zurückgeben wollten.

Optimistisch für Großbritannien

Es sei mehr dem Glück als einer bewussten Entscheidung zu verdanken gewesen, dass er nach seinem Studium in Exeter in der Investmentbranche landete, schrieb er auf seiner Website. Anders als viele seiner Kollegen besuchte er keine teure Privatschule. Er studierte auch auf keiner der Eliteuniversitäten von „Oxbridge“. Vor diesem Hintergrund ist es vielleicht nicht überraschend, dass seine Ideen vom Konsens in der Branche abweichen. Auf der Website findet sich ein Stück unter dem Titel „Gründe dafür, guter Dinge zu sein“. Darin erläutert er, warum die britische Wirtschaft seit der Finanzkrise vergleichsweise gut abgeschnitten hat und beim Wachstum nicht hinter den Kontinentaleuropäern zurückgeblieben ist. Vielleicht gibt es dafür ja ein Publikum.

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