Reformen stützen Japan-Aktien

Neuer Premier Suga will Verkrustungen aufbrechen - Schwerpunkte bei Regionalbanken und IT-Ausrüstung

Reformen stützen Japan-Aktien

Der japanische Aktienmarkt zeigt sich angesichts des Regierungswechsels in Tokio robust. Erwartet wird, dass es keine wirtschafts- und finanzpolitischen weitreichenden Änderungen gibt. Allerdings dürfte der neue Premier Suga einige andere Akzente setzen, die sich auch einzelne Aktien und Branchen auswirken.Von Martin Fritz, TokioJapans Aktienmarkt zeigte seine resiliente Seite, sobald Yoshihide Suga als Nachfolger von Premier Shinzo Abe feststand. Der Nikkei 225 hielt sich über 23 000 und der breit gefasste Topix über 1 600. Neben der weiter positiven globalen Anlegerstimmung spielte dabei besonders eine Rolle, dass Suga die Abenomics-Wirtschaftspolitik fortsetzen und bisher vernachlässigte Strukturreformen anpacken will. Als langjährige rechte Hand von Abe und heimlicher Verantwortlicher für die Wirtschaft verspricht er jene Kontinuität und Stabilität, die ausländische Anleger in den Abe-Jahren schätzen lernten. Zugleich bekräftigte die Bank of Japan, die coronageplagte Wirtschaft weiter zu stützen und falls notwendig weitere Maßnahmen zu ergreifen.Einige Anleger blieben an der Seitenlinie, weil einige Politiker über eine vorzeitige Neuwahl noch in diesem Herbst gesprochen hatten. Diese Investoren könnten sich jedoch bald engagieren. Suga will offenbar mit einer Neuwahl so lange warten, bis die Pandemie unter Kontrolle gebracht ist. Allerdings ist sich die Gemeinde der Japan-Analysten nicht einig, ob seine Reformpläne wirklich viel Neues bringen. Während Barclays schon von Suganomics spricht, führte Nikko AM das Hybridwort “Sugabenomics” ein. Die Unterschiede zwischen Abe und Suga seien nicht groß genug, um den Begriff Suganomics zu rechtfertigen, meinte Nikko-Chefstratege John Vail. Daher sollten Anleger keine Wunder erwarten, aber auf Verbesserungen in Japan vertrauen. Eine klare Kaufempfehlung sieht anders aus. Spezifische SchwerpunkteDessen ungeachtet müssen Investoren die spezifischen Schwerpunkte von Suga beachten. Erstens: Unter dem Druck der Regierung werden die Mobilfunkpreise in Japan und damit auch die hohen Margen der drei Platzhirsche NTT Docomo, KDDI (mit der Marke au) und Softbank sinken. Eine Folge: Ihre Aktienkurse haben bereits deutlich nachgegeben, eine zweite: NTT wird die Tochter Docomo schlucken. Zweitens: Zur Stärkung des ländlichen Raums will Suga die über 100 Regionalbanken konsolidieren. Davon sind 78 an der Börse notiert. Die Reform dürfte große regionale Kreditgeber wie Chiba Bank, Shizuoka Bank und Hiroshima Bank stützen. Drittens: Die angestrebte Digitalisierung von Verwaltungsdiensten kurbelt die Umsätze von IT-Unternehmen für Hard- und Software an. Die Ministerien erhöhen bereits ihre Budgetvorschläge für den Haushalt 2021. Der Trend zum Homeoffice, der nach der Pandemie anhalten dürfte, zwingt zugleich die Unternehmen zum digitalen Aufrüsten. Laut Ayako Fujita von J.P. Morgan Japan könnten solche ICT-Investitionen die privaten Kapitalausgaben über die nächsten Jahre stützen. Vor diesem Hintergrund tauschte Morgan Stanley MUFG in ihrer Japan-Fokusliste kürzlich KDDI gegen NEC aus.Das größte Risiko für Japan-Anleger bleibt auch unter der neuen Regierung der Yen. Die coronabedingten Lockerungen in den USA haben den Renditeabstand der Treasuries zu japanischen Staatsanleihen gedrückt und die japanische Währung gegenüber dem Dollar gestärkt. Aber die Yen-Bullen müssen damit leben, dass Finanzminister Taro Aso im Amt blieb, der schnell gegen eine allzu feste Währung spricht. Auch Suga gilt als Anhänger eines schwachen Yen. Viele Analysten erwarten neue Lockerungen in Japan, wenn die Deflation zurückkehrt. Doch Kenataro Koyama, Chefökonom der Deutschen Bank Japan, ist anderer Meinung. Die Notenbank habe sich schon auf eine längere Niedriginflation eingestellt. Mehr Easing gebe es eher bei einem zu festen Yen, meint Koyama. Dann könnte es nach Ansicht des Institute of International Finance zu einem Politikwechsel kommen. Statt wie seit bald fünf Jahren die Zinskurve zu kontrollieren und die Rendite der zehnjährigen Staatsanleihe auf 0 % zu fixieren, könnte Gouverneur Haruhiko Kuroda zu seinen Anfängen zurückkehren und wieder verstärkt Wertpapiere kaufen, sagte das IIF vorher. Geheimtipp Nikkei 500Als Kaufargument für Japan gilt die niedrige Bewertung vieler Titel, die kürzlich schon Warren Buffett anlockte. Der Nikkei 225 weist mit einem vorauslaufenden Kurs-Gewinn-Verhältnis von 19 einen selten hohen Abschlag zum S&P 500 auf. Als Geheimtipp gelten derzeit Indexfonds auf den Nikkei 500. Während der Nikkei 225 40 % unter seinem Rekordwert von 1989 handelt, kletterte der Nikkei 500 am Dienstag auf ein historisches Hoch. Das Barometer enthält viele populäre Titel von innovativen und gewinnstarken Unternehmen wie Nintendo, Nidec, Murata, Keyence und Nitori mit hoher Kapitalrendite.