Bondmarkt

„Die Renditen am High-Yield-Markt sind attraktiv“

High-Yielder in Europa stehen vor guten Perspektiven, erklärt Roman Gaiser von Columbia Threadneedle im Interview der Börsen-Zeitung. Bei Bonds aus dem Autosektor gibt es Chancen.

„Die Renditen am High-Yield-Markt sind attraktiv“

Im Interview: Roman Gaiser

„Die Renditen am High-Yield-Markt sind attraktiv“

Bondexperte von Columbia Threadneedle erachtet Autosektor als interessant – Vorsicht angebracht bei zyklischen Branchen

Am High-Yield-Markt bieten sich Investoren derzeit attraktive Renditen. Die Nachfrage bei Neuemissionen ist weiterhin gut. Roman Gaiser vom Vermögensverwalter Columbia sieht auch gute Chancen im Automobilsektor, wo die Bonitäten der meisten Firmen recht gut sind. Die größte Gefahr sieht er derzeit aber im Telekomsektor.

Herr Gaiser, am Primärmarkt der High-Yielder hat es in den vergangenen Wochen eine gute Resonanz der Investoren gegeben, die Nachfrage war sehr gut. Worauf führen Sie das zurück?

Die Investoren sind weiterhin daran interessiert, gute Renditen zu erzielen, und insbesondere europäische High-Yielder bieten eben besonders gute Konditionen. Die Renditen sind über im Vergleich zu vor vier Jahren stark angestiegen und sind auch jetzt noch auf einem deutlich höheren Niveau als vor einigen Jahren. Und das ist weiterhin interessant für Investoren. Deswegen sehen wir auch diese anhaltende Nachfrage, die zuletzt sogar noch etwas Verstärkung erfahren hat, da die EZB weiterhin die Zinsen senkte. Zudem müssen die Unternehmen weiter refinanzieren. Die Zurückhaltung der Firmen, die 2022 beim Anstieg der Zinsen vorhanden war, ist aus dem Markt nun heraus. Wir haben zuletzt auch viele neue Emittenten gesehen, und Unternehmen verlängern auch ihr Laufzeitenprofil. Wir partizipieren über unsere Fonds an den Neuemissionen, was den Markt unterstützt.

Wie geht der Markt mit den anstehenden Fälligkeiten um? Wird das zum Problem?

Nein, da sehe ich kein Problem. Die Refinanzierbarkeit ist gut für Unternehmen, die kein Bilanzproblem haben. Es gibt natürlich etliche Unternehmen, die auch Schwierigkeiten haben, weil sie überschuldet sind. SFR In Frankreich ist so ein Beispiel oder Thames Water in Großbritannien. In den USA gibt es diesbezüglich auch ein paar Fälle. Aber insgesamt stellt sich das für den Großteil der Firmen im europäischen Markt nicht als Problem dar. 70% der Unternehmen verfügen hier über ein BB-Rating, also in der besten HY-Bonitätskategorie, was hilft. Und das trifft auf einen gesunden Investorenappetit.

Von welcher Emissionstätigkeit gehen Sie im zweiten Halbjahr aus?

Es sieht nach einer recht ordentlichen Emissionstätigkeit aus. Wir haben neue Emittenten, und es sind teilweise Unternehmen, die vom Loan Markt wieder zurück an den Bondmarkt kommen. Und es gibt auch wieder Akquisitionstätigkeit sowie Spinoffs von Unternehmensteilen. Das alles ist mit Finanzierungsbedarf verbunden. Es bleibt natürlich das Risiko von Verwerfungen durch geopolitische Risiken und den US-Handelsstreit. Wir sehen in den USA durchaus Anzeichen für einen Rückgang der konjunkturellen Aktivität. Das ist ein Unsicherheitsfaktor. Ein damit verbundener Sell-off hätte dann natürlich einen Einfluss auf die Spreads.

Mit welcher Spread-Entwicklung rechnen Sie in den kommenden Wochen?

Die Spreads sind schon relativ eng aktuell, die Renditen insgesamt sind attraktiv, also Staatsanleiherendite plus Spread. Wir gehen in den kommenden Wochen eher von einer Seitwärtsbewegung aus. Der HY-Markt preist derzeit ein relativ stabiles wirtschaftliches Szenario, weshalb weitere Spread-Einengungen eher nicht zu erwarten sind. Bei einer stärkeren Unsicherheit bzw. einer sehr starken Verlangsamung der Wirtschaftstätigkeit könnten wir Spread-Ausweitungen sehen. Aber das müssen die Zahlen zum zweiten Quartal zeigen.

Welche Branchen sollten besonders gut laufen im zweiten Halbjahr?

Uns gefällt weiterhin der Bereich Leisure, also Reiseveranstalter, Fitness etc. Diese Branche sollte von relativ stabilen Konsumausgaben in Europa profitieren. Die Automobilbranche hat zuletzt eine Underperformance gezeigt, aber wir sind da nicht so beunruhigt, denn die meisten der High-Yield-Emittenten aus der Automobilbranche verfügen über wirklich gute Bonitäten, d.h. Doppel-B. Diese Adressen haben also einen vergleichsweise niedrigen Verschuldungsgrad und sollten von daher auch in der Lage sein, eine konjunkturelle Verlangsamung abfedern zu können. Der Automobilsektor könnte also durchaus interessant sein. Eine andere Branche, die uns relativ gut gefällt, ist der Real Estate Sektor. Viele kamen hier unter Druck, weil die Zinsen so stark angestiegen waren. Die meisten Unternehmen haben sich aber wieder gefangen und können sich jetzt auch refinanzieren. Sie könnten auch von weiteren EZB-Zinssenkungen profitieren.

Und von welchen Branchen sollten Investoren lieber die Finger lassen?

Bei den zyklische Branchen sollte man vorsichtig sein, obwohl auch hier derzeit gute Prämien gezahlt werden. Wo vielleicht die größte Gefahr lauern könnte, ist etwa der Telekombereich. Hier haben die Firmen tendenziell auch eher einen höheren Verschuldungsgrad. Es ist natürlich nicht so, dass sie sich nicht refinanzieren können. Aber gerade im Telekombereich ist doch der Wettbewerb ziemlich hoch und auch der Margendruck. Da sind wir etwas vorsichtiger, weil auch die Prämien hier nicht gerade sehr hoch sind.

Welche Laufzeiten legen Sie im aktuellen Umfeld Anlegern ans Herz?

Wir haben ganz klar am europäischen High-Yield-Markt das kurze bis mittlere Laufzeitenende im Blick, also drei bis vier Jahre in den meisten Fällen. Hier lassen sich gute Renditen erzielen. In den langlaufenden Bereichen sind wir derzeit dann doch eher untergewichtet, also bei mehr als fünf Jahren Fälligkeit.

Mit welcher Entwicklung der Default-Rates in Europa rechnen Sie?

Eine extreme Bewegung nach oben sehen wir bei den Ausfällen nicht. Auf Sicht von zwölf Monaten erwarten wir bei europäischen High-Yieldern im Schnitt eine Ausfallquote bei rund 5%. Der langfristige Durchschnitt liegt hier bei rund 2%. Die Defaults sind allerdings wie bei SFR schon lange im Markt eingepreist.

Aktuell sind auch viele Reverse Yankee Deals in Europa zu registrieren. Worauf führen Sie das zurück?

Momentan sind die Spreads in Europa im Vergleich zu den USA für die US-Unternehmen attraktiv. Das ermutigt natürlich einige nach Europa zu kommen und sich hier zu refinanzieren. Was die Firmen zudem anlockt, ist der rege Investorenappetit auf die Papiere im High-Yield-Segment. Darüber hinaus ist es für international agierende Firmen relevant, sich gemäß ihrer global ausgerichteten Geschäftspolitik auch entsprechend auf der Refinanzierungsseite aufzustellen. Das bedeutet, sich in verschiedenen Beschaffungs- und Absatzmärkten auch Refinanzierungszugänge vorzuhalten.

Rechnen Sie mit einer fortgesetzten Emissionstätigkeit der US-Unternehmen im Euro?

Ja, wir gehen davon aus, dass sich das in den kommenden Wochen und Monaten, also nach der Berichtsperiode zum zweiten Quartal fortsetzen wird. Voraussetzung ist natürlich, dass das attraktive Marktumfeld aus US-Sicht anhält. Es bleibt natürlich auch die Unsicherheitskomponente des US-Handelskrieges.

Viele europäische Unternehmen gehen aber ebenso an den US-Bondmarkt. Was spricht dafür?

Auch für europäische Unternehmen, die global agieren, ist es verständlicherweise notwendig, sich auch Refinanzierungszugänge im Dollar offen zu halten und über eine dortige Investorenbasis zu verfügen. Und dieser Markt muss dann auch mit Emissionen bedient werden.

Das Interview führte Kai Johannsen.

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