Spanische Börse tritt auf der Stelle
Die Madrider Börse gehört zu den Schlusslichtern in Europa mit Kursgewinnen von gerade einmal 3 % im laufenden Jahr. Die Banken leiden unter der Zinspolitik, während die Kurse vieler Energiekonzerne wegen der Pläne der Regulierer in den Keller gingen. Gut lief es dagegen für Bau- und Immobilienwerte.ths Madrid- Der spanische Aktienmarkt kommt 2019 einfach nicht in Fahrt. Der Leitindex Ibex 35 der Madrider Börse legte seit Jahresbeginn gerade einmal etwas mehr als 3 % zu, weit unter dem Plus anderer führenden Marktplätze in Europa sowie des Euro Stoxx 50. Nachdem im April der diesjährige Höchststand von etwas mehr als 9 500 Punkten erreicht worden war, fiel der Ibex 35 nach einem schwachen Juli zuletzt wieder unter die 9 000er Marke. Am Montag schloss der Index nach weiteren Kursverlusten bei 8 800 Punkten.In Spanien sind natürlich auch die globalen Faktoren wie der Handelskrieg oder der Brexit die Hauptsorgen für die Anleger. Doch der Rückstand zu den anderen europäischen Börsen erklärt sich durch hausgemachte Probleme. Das wären zunächst einmal die Banken, deren Gewicht ein Drittel des Ibex 35 ausmacht. Banken leidenVier der sechs Kreditinstitute der iberischen Benchmark haben 2019 herbe Verluste von bis zu 30 % wie im Falle der verstaatlichten Bankia hinnehmen müssen. Grund ist die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank. Daher stuften Caixabank, Banco Sabadell und Bankia bei der Vorlage ihrer Halbjahreszahlen in den letzten Tagen die Gewinnprognosen für das laufende Jahr herab.Hatten die Institute vor ein paar Monaten noch Hoffnungen auf eine Zinserhöhung gehegt, machte EZB-Chef Mario Draghi diesem Wunsch vor kurzem ein Ende. Spaniens Kreditinstitute sind besonders sensibel für die Zinsentwicklung, da sie sich größtenteils auf das klassische Retailgeschäft konzentrieren, etwa Hypotheken. Daher konnten die beiden Branchenführer Santander und BBVA die Kursstürze der Mitbewerber vermeiden, da sie den Hauptteil ihrer Einnahmen außerhalb der Eurozone verdienen.Die Ratingagentur Moody’s stufte schon vor den Quartalszahlen die Aussichten für Spaniens Banken von positiv auf stabil herunter mit der Begründung, dass der Abbau der Erblasten aus der Immobilienblase schwieriger wird. “Die Veräußerungen von Aktiva werden in diesem Jahr wahrscheinlich nicht das hohe Volumen von 2018 erzielen, als die größten Banken den Großteil ihrer verkaufbaren Aktiva in der Bilanz verkauften”, heißt es Mitte Juli.Nach dem Finanzsektor hat die Energiebranche das meiste Gewicht im Ibex 35. Und auch hier gingen die Kurse einiger Unternehmen zuletzt in den Keller. Anfang Juli wurden in der spanischen Presse die Pläne der Wettbewerbsaufsichtsbehörde CNMC bekannt, wonach die regulierten Tarife für die Benutzung der Strom- und Gasnetzwerke ab 2021 drastisch gekürzt werden sollen.Die Nachricht traf vor allem Enagás, den vom Staat kontrollierten Quasi-Monopolisten der Gaspipelines, aber auch den Energieversorger Naturgy (vormals Gas Natural Fenosa), den Stromnetzbetreiber REE und andere Unternehmen der Branche. Die CNMC meint, dass die Renditen dieser Konzerne zu üppig ausfallen, während die Verbraucher zuletzt Preisanstiege hinnehmen mussten. Bis zum 9. August können die Beteiligten noch Einwände und Änderungsvorschläge unterbreiten. Die endgültige Entscheidung über die neue Tarifstruktur fällt vor Ende des Jahres (vgl. BZ vom 2. August).”Das ist ein perfekter Sturm”, erklärt Ramón Forcada, Chefanalyst des Madrider Kreditinstituts Bankinter. “Die Banken stehen wegen der Geldpolitik unter enormem Druck, die Energieversorger auch wegen der CNMC, und die Tourismusbranche, die 12 % zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) beiträgt, bekommt die Erholung klassischer Konkurrenten wie der Türkei zu spüren”, sagt der Experte.In der Tat macht sich der Abschwung des Tourismus nach ein paar Rekordjahren in der Konjunktur bemerkbar. Wegen des rückläufigen Gastgewerbes wurde im Juli der geringste Anstieg von Arbeitsplätzen seit der Krise verzeichnet. Das spanische BIP wuchs im zweiten Quartal um 0,5 %, nach 0,7 % in den ersten drei Monaten des Jahres. Dennoch steht Spanien mit einem Wachstum im Jahresschnitt von 2,3 % weit besser da als andere Volkswirtschaften in Europa. Politischer StillstandAllerdings bereitet der politische Stillstand im Lande zunehmend Sorgen. Dem geschäftsführenden Ministerpräsidenten Pedro Sánchez gelang es Ende Juli nicht, die nötigen Stimmen für eine Minderheitsregierung im Parlament zusammenzubekommen, weshalb er bei der Wiederwahl durchfiel. Bis zum 23. September hat der Sozialist Zeit, doch noch ein Abkommen zu erzielen, sonst käme es zu Neuwahlen im November. Wegen der politischen Blockade bleiben wichtige Reformen etwa auf dem spanischen Arbeitsmarkt sowie Fortschritte beim Abbau des Defizits und der Staatsschulden auf der Strecke.An der Börse hat diese Situation bislang jedoch kaum sichtbare Spuren hinterlassen. “Vor fünf Jahren hätte ich gesagt, dass die instabile politische Situation Folgen hat, doch mittlerweile haben sich die Märkte daran gewöhnt. Wir haben seit einem Jahr keine voll funktionsfähige Regierung mehr, und außerdem fordert hier auch niemand radikale Sachen wie einen Ausstieg aus dem Euro”, kommentiert Forcada von Bankinter.Es gibt aber auch Gewinner im Ibex 35, die deutlich mehr wert sind als zu Jahresbeginn, angeführt von Cellnex, einem Betreiber von Telekommasten, mit einem Anstieg von über 60 %. Auch der Flughafenbetreiber Aena, der Moderiese Inditex oder der Stromversorger Iberdrola, der von den Plänen der CNMC nicht so stark betroffen ist, legten ordentlich zu.Auch Aktien aus der Baubranche, wie ACS, Ferrovial oder Acciona, liegen deutlich im Plus, wie auch die beiden Immobilienunternehmen des Ibex 35, Merlin Properties und Colonial. Denn das Geschäft mit Immobilien boomt wieder, wenn auch lange nicht so stark wie zu Zeiten der Blase im vorigen Jahrzehnt. Schließlich waren auch die fast einzigen Firmen, die 2019 den Gang an die Börse wagten, Immobilienfonds, sogenannte “socimi”. Ansonsten herrscht bei Börsengängen in Spanien Flaute, ohne Aussicht auf Besserung.