Unsicherheit treibt Nachfrage nach Gold an
Unsicherheit treibt Nachfrage nach Gold kräftig an
Rekordhoher Preis dämpft Käufe nur in wenigen Marktsegmenten − Edelmetall-ETF sind wieder stark gefragt − Notenbanken bleiben im Markt
Trotz des im zweiten Quartal rekordhohen Goldpreises hat es gemäß einer Erhebung des World Gold Council eine auch mengenmäßig steigende Nachfrage nach dem gelben Metall gegeben. Angetrieben wird diese durch die Verunsicherung der Anleger wegen der erheblichen handels- und geopolitischen Risiken.
ku Frankfurt
Trotz des starken Anstiegs des Goldpreises ist die internationale Goldnachfrage im zweiten Quartal dieses Jahres mengenmäßig weiter gestiegen. Gemäß den Berechnungen des Branchenverbands World Gold Council (WGC) ergab sich von April bis Juni im Vergleich zum gleichen Zeitabschnitt des Vorjahres ein Anstieg um 3% auf 1.249 Tonnen. Wertmäßig war ein starker Anstieg um 45% auf 132 Mrd. Dollar festzustellen. Das anhaltende Interesse an Gold betreffe sowohl Konsumenten und Investoren als auch Zentralbanken, sagte Krishan Gopaul, Senior Analyst beim WGC, der Börsen-Zeitung.
Auf hohem Niveau
Im zweiten Quartal hatte der Goldpreis in London mit 3.500 Dollar je Feinunze seinen bisher höchsten Stand markiert. Danach gab er leicht nach, notiert aber mit aktuell rund 3.328 Dollar nach wie vor auf einem sehr hohen Niveau. Was aber treibt die Goldnachfrage und damit den Goldpreis derzeit an? „Es gibt weltweit eine breite makroökonomische Unsicherheit, etwa hinsichtlich der Inflationserwartungen“, erläutert Gopaul. „Darüber hinaus gibt es erhebliche geopolitische Risiken, rund um den Globus, was die allgemeine Unsicherheit zusätzlich erhöht. Im zweiten Quartal 2025 haben wir ferner Auswirkungen der amerikanischen Handelspolitik gesehen. Es gibt also aus Sicht der Goldnachfrager gleich mehrere Ebenen der Unsicherheit, die sich in der Wirkung addieren“, so der Goldexperte.
In allen Regionen beliebt
Auffällig ist, dass es nun schon das zweite Quartal in Folge ein lebhaftes Interesse an den auf Gold spezialisierten Exchange-Traded Funds (ETF) gegeben hat. Diese kauften 170,5 Tonnen Gold, was nur wenig unter den 226,6 Tonnen des ersten Quartals liegt. Im zweiten Quartal 2024 hatte es noch Nettoverkäufe von 7,1 Tonnen geben. „Das Interesse an ETF war dabei in allen großen Weltregionen hoch, beispielsweise in den USA als dem wichtigsten Markt für ETF als auch in China“, erläutert Gopaul. In China habe dabei eine Rolle gespielt, dass noch längst nicht sämtliche Details der handelspolitischen Übereinkunft der USA und China bekannt seien, so dass hier noch Unsicherheit auch hinsichtlich der langfristigen Wirkungen bestehe. „Darüber hinaus hat der starke Anstieg des Goldpreis natürlich auch zu weiteren Käufen von ETF-Investoren geführt“, so Gopaul.
Säule des Marktes
Als eine der wesentlichen Säulen der Goldnachfrage haben sich in den vergangenen Quartalen die Zentralbanken erwiesen. Dies war auch im zweiten Quartal des laufenden Jahres der Fall. Die Notenbanken kauften in den drei Monaten 166,5 Tonnen an Gold, was allerdings spürbar unter dem Wert des Vorquartals von 248,6 Tonnen und der Menge des Vorjahresquartals von 211,5 Tonnen liegt. Gopaul wertet die Nachfrage der Institutionen als nach wie vor sehr robust, merkt aber an: „Der gegenwärtig hohe Goldpreis hat natürlich seine Auswirkungen auf die Nachfrage der Zentralbanken. Notenbanken sind zwar langfristig orientierte strategische Käufer von Gold, das bedeutet aber natürlich nicht, dass sie nicht preissensitiv wären.“ Er geht davon aus, die Notenbanken weiter Interesse an Gold zeigen werden: „Die Nachfrage der Zentralbanken wird ebenfalls langfristig auf einem robusten Niveau bleiben.“
Vor einigen Monaten habe die jüngste Umfrage des WGC unter den Zentralbanken gezeigt, dass die Notenbanken Gold gegenüber weiterhin sehr positiv eingestellt sind.
Suche nach sicheren Häfen
Auf einem hohen Niveau gehalten hat sich auch die Nachfrage nach Goldbarren und Münzen. Mit 306,8 Tonnen lag diese um 11% über dem Vorjahreswert, während gegenüber dem ersten Quartal diesen Jahres ein Rückgang um 6% festzustellen war. „Die Käufe in diesem Segment haben sich trotz des Preisanstiegs sehr gut gehalten“, stellt Gopaul fest. „Als Motiv ist natürlich in erster Linie das Bedürfnis von Investoren zu vermuten, über sichere Häfen zu verfügen.“
Weniger Schmuck gekauft
Deutlich unter dem Preisanstieg gelitten hat indes die Schmucknachfrage. Sie ermäßigte sich im Vorjahresvergleich um 14% auf 356,7 Tonnen, was gegenüber den ersten drei Monaten des laufenden Jahres einem Rückgang von 16% entspricht. Gopaul weißt daraufhin, dass sich wertmäßig aber immer noch ein deutlicher Anstieg der Schmucknachfrage ergeben hat.
„Grundsätzlich kann man davon sprechen, dass sich der Goldmarkt selbst ausbalanciert, weil die einzelnen Marktsegmente unterschiedlich auf Preisveränderungen bei Gold reagieren. So ist die Schmucknachfrage mengenmäßig auf ein Niveau gesunken, dass es zuletzt im Rahmen der Coronavirus-Pandemie gegeben hat“, betont der WGC-Analyst.
Gut gehalten hat sich die Nachfrage nach dem gelben Metall aus dem Technologiesektor, die gegenüber Vorquartal und Vorjahrequartal nur um 2% auf 78,6 Tonnen nachgab. Sie wurde belastet durch die möglichen Auswirkungen der amerikanischen Einfuhrzölle, sie profitiert aber von dem starken Anstieg der Nachfrage nach Computertechnik aufgrund des Siegeszug der künstlichen Intelligenz.
Mit dem Anstieg der Nachfrage mithalten konnte das Angebot durch einen Anstieg der Minenproduktion um 1% und eine Ausweitung des Recycling um 4%. Während die Minenproduktion von langfristigen Investitionsentscheidungen der Minenbetreiber abhängig ist, reagiert das Recycling stärker auf Preisänderungen bei dem Edelmetall. „Interessanterweise hat das Recycling von Gold nicht so stark auf den Preisanstieg reagiert, wie zu erwarten gewesen wäre“, erläutert Gopaul.
„Interessant ist aber, dass wir weltweit keinen Anstieg der notfallmäßigen Goldverkäufe gesehen haben, etwa weil Konsumenten das Geld ausgeht. Auch das deckelt das Niveau an Gold-Recycling.“
Was die weitere Entwicklung des Goldpreises betrifft, so sieht es nach Unterstützung durch die Nachfrage aus. So geht der World Gold Council beispielsweise davon aus, dass das Investoreninteresse an Gold weiter stark sein wird: „Wir sind davon überzeugt, dass es weiteres Aufwärtspotenzial in der Goldnachfrage der ETF gibt, zumal wir noch nicht wieder das alte Rekordniveau der Goldhaltung der ETF erreicht haben“, so Gopaul.
Weiter über 3.000 Dollar
Gemäß einer aktuellen Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters unter 40 Analysten und Händlern rechnen diese jedenfalls damit, dass der Goldpreis oberhalb von 3.000 Dollar bleiben wird. Der Durchschnittspreis für das laufende Jahr wird bei 3.220 Dollar gesehen, für 2026 dann bei 3.400 Dollar. Und in Abhängigkeit von neuen handels- oder geopolitischen Krisen sind auch neue Rekordstände nicht auszuschließen.

