Aktieninvestments

Was Familienunternehmen interessant macht

Familienunternehmen zeichnen sich durch Eigenschaften aus, die sie für Anleger interessant machen. Das zeigte das Jahr 2020, in dem die Umsätze der 500 größten Familienunternehmen nur um 2,5% sanken.

Was Familienunternehmen interessant macht

Die Ergebnisse des Global Family Business Index, der die 500 umsatzstärksten Familienunternehmen weltweit auflistet und gemeinsam von der Universität St. Gallen und Ernst & Young herausgegeben wird, zeigen, dass viele familiengeführte Unternehmen die Pandemie vergleichsweise gut überstanden haben. Demnach erwirtschafteten die 500 weltweit größten Familienunternehmen zusammen knapp 7,3 Bill. US-Dollar, wobei gegenüber dem Vor-Corona-Jahr 2019 ein durchschnittlicher Umsatzrückgang von gerade einmal 2,5% zu verzeichnen ist.

Zwar verfügt der Standort Deutschland mit 79 Unternehmen oder 16% an der Gesamtanzahl der Top 500 nicht über die größte Zahl an Familienunternehmen – der erste Rang geht an die USA mit 119 Unternehmen. Dafür sind die Familienunternehmen hierzulande mit durchschnittlich mehr als 100 Jahren Firmengeschichte die mit Abstand ältesten. Ein Beweis für die generationenübergreifende Stärke vieler Unternehmen des Mittelstandes, die so jedoch nicht abzusehen war. Denn noch vor gut einem halben Jahrhundert sah es so aus, als ob die Unternehmen nicht mehr lange bestehen würden.

Die Argumente reichten damals von der besseren Kapitalbeschaffung von Aktiengesellschaften und der Fähigkeit, Talente anzuziehen, bis hin zu der Problematik der Nachfolgeregelung, die nicht selten in innerfamiliären Konflikten endet. Unternehmen wie LVMH, Hermès, Straumann, Walmart oder L’Oréal, jedes für sich namhafte und international tätige Unternehmen, die noch heute von oder unter dem Einfluss der Gründerdynastien geführt werden, beweisen jedoch das Gegenteil. Warum also haben sich all die Vorhersagen über das Ende von Familienunternehmen als falsch erwiesen? Und warum können diese Unternehmen unter Qualitätsaspekten interessante Anlagemöglichkeiten sein?

Wenn man an bekannte Persönlichkeiten wie Steve Jobs (Apple), Elon Musk (Tesla) oder Warren Buffett (Berkshire Hathaway) denkt, dann ist es die Kombination aus talentierten Unternehmern und der Freiheit, nach eigenen Regeln führen zu können, die gründergeführten Unternehmen oft einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Wenn sie erfolgreich sind, können ihre Prinzipien und Werte in der Unternehmenskultur in Form einer DNA überleben, auf der ihre Nachfolger weiter aufbauen können. So ist sich exemplarisch L’Oréal des Wertes ihrer Kultur bewusst und legt großen Wert darauf, diese an ihre Führungskräfte weiterzugeben. Heute zeichnet sich der weltweit größte Kosmetikhersteller durch eine große Führungsstabilität aus, denn Nicolas Hieronimus ist erst der sechste CEO seit der Gründung des Unternehmens im Jahr 1909.

Doch auch die langfristige Leistungsorientierung sollte mit Blick auf das Management nicht unbeachtet bleiben. Ein CEO eines familienkontrollierten Unternehmens mag ähnliche finanzielle Anreize haben wie die CEOs von Nichtfamilienunternehmen. Allerdings kann deren Engagement zu ganz anderen strategischen Entscheidungen führen. Führungskräfte von Familienunternehmen investieren oft mit einem Zeithorizont von 10 bis 20 Jahren und konzentrieren sich darauf, was sie bereits heute tun können, damit die nächste Generation davon profitiert. So ergab eine in der Harvard Business Review veröffentlichte Studie, dass Familienunternehmen dazu neigen, sich auf ihre Widerstandsfähigkeit zu konzentrieren, um schlechtere Zeiten besser überbrücken zu können. Dies steht im klaren Gegensatz zu vielen Aktiengesellschaften, von denen nicht wenige während der Pandemie in existenzielle Schwierigkeiten gerieten.

Geringere Fluktuation

Ein weiterer wertvoller Aspekt ist, dass Familienunternehmen für ihre ausgeprägte Kultur bekannt sind, eine Kultur, die oft von der Vision und den Werten des Gründers geprägt ist und über Generationen hinweg gepflegt wird. Diese Kultur bindet die Mitarbeiter an eine gemeinsame Sache und trägt zu einer geringeren Fluktuation und dem Abfluss von Know-how bei. Dies zeigt sich beispielsweise beim japanischen Unternehmen Keyence, einem weltweit operierenden Anbieter von Komponenten für die Automatisierungstechnik, der sich von der Rolle eines reinen Produktionsherstellers entfernt hat. Stattdessen hat der Gründer Takemitsu Takizaki ein Unternehmen aufgebaut, das seine Mitarbeiter als Berater für die Fabrikautomation einsetzt. Unter gut qualifizierten Fachkräften ist Keyence daher für seine leistungsorientierte Kultur bekannt, die Leistung fördert und es qualifizierten Ingenieuren ermöglicht, ihre eigene Forschung zu betreiben.

Es spricht also viel für familiengeführte Unternehmen. Allerdings gibt es auch Merkmale, die, wenn sie falsch gehandhabt werden, ihren Fortbestand gefährden können. Hierzu zählen Familienstreitigkeiten über die Nachfolge und ein mög­licher Vertrauensverlust in der Öffentlichkeit. Ein Beispiel dafür waren die Spannungen zwischen Essilor und Luxottica nach ihrer Fusion in der Frage, wer das Unternehmen zukünftig leiten sollte. Durch eine Aktionärsresolution in Zusammenarbeit mit anderen Investoren schlugen wir daher Kandidaten als unabhängige Direktoren vor, um Ordnung in die Angelegenheit zu bringen und eine Verschärfung der Governance-Krise zu vermeiden. Dennoch neigen familiengeführte Unternehmen aufgrund von Reputationsrisiken eher dazu, integer zu handeln. Ein wichtiger, wenn nicht sogar zentraler Grundsatz, der für eine langfristig erfolgreiche Qualitätswachstumsstory spricht. Oder wie Warren Buffett es einst so treffend festzuhalten vermochte: Es dauert 20 Jahre, einen Ruf aufzubauen, und nur fünf Minuten, ihn zu rui­nieren.

Zuletzt erschienen:

Tektonische Verschiebungen für die Finanzmärkte (213), Metzler Capital Markets

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