Weder Fisch noch Fleisch
Geld oder Brief
Henkel ist kein defensiver Wert
Von Martin Dunzendorfer, Frankfurt
vom Industriezulieferer (Klebstoffe) und Konsumgüterproduzenten (Persil, Perwoll, Somat, Vernel, Schwarzkopf usw.)
52-Wochen-Hoch: 88,50, 52-Wochen-Tief: 65,54, aktuell: 69,40
Der langfristige Kursverlauf der Vorzüge lässt sich in drei Phasen einteilen. Von Anfang 2009 bis Mitte 2017, also über acht Jahre lang, ging es fast nur aufwärts: von knapp 20 Euro auf das Rekordhoch von rund 129 Euro. Erst in der Endphase dieser Periode kam es zu größeren Ausschlägen in beide Richtungen, was typisch für einen auslaufenden Trend ist. Im Anschluss kam es zu einer Korrektur bis Mitte 2022 – in der zweiten Hälfte dieser Phase verstärkt durch die Corona-Krise - auf 57,50 Euro, gefolgt von einer Erholung bis März dieses Jahres auf über 87 Euro. Dann krachte der Kurs innerhalb eines Monats, u.a. wegen der Ankündigung von US-Importzöllen durch Präsident Donald Trump, um ein Viertel auf 66 Euro ein. Seit diesem Kurssturz bewegen sich die Vorzüge in der engen Bandbreite zwischen 66 und 71 Euro.
Aus dem Kursverlauf lässt sich klar ersehen, dass die Volatilität der Aktie in diesem Jahrzehnt nicht zuletzt durch die Krisen (z.B. Corona-Pandemie, Ukraine-Krieg, Nahost-Konflikt, Trumps Zollpolitik) beträchtlich gestiegen ist. Daher ist der Stempel „defensiver Wert“, mit dem Henkel über viele Jahre versehen wurde, nicht mehr angebracht. Das lässt sich auch operativ erklären: Die Sparte Consumer Brands, die für das Konsumgütergeschäft von Henkel steht, befindet sich stärker denn je im Wettbewerb mit anderen Anbietern von Wasch- und Reinigungsmitteln sowie Kosmetikprodukten, und die Division Adhesive Technologies (Klebstoff-Technologien), die Henkel zu einem Industriezulieferer macht, ist stark konjunkturabhängig.
ENDE
Den Angaben zufolge lag der organische Umsatz – also bereinigt um Wechselkurseffekte (Wirkung auf den Umsatz: –1,4%) und Akquisitionen/Divestments (+1,1%) – um 1% unter dem Vorjahreswert. Der Industriezulieferer und Konsumgüterproduzent
Zu dem Rückgang habe vor allem das seit Jahresbeginn deutlich schwierigere geopolitische und gesamtwirtschaftliche Umfeld beigetragen, das sowohl die industrielle Nachfrage als auch die Verbraucherstimmung – insbesondere in Nordamerika – beeinflusst habe
Von den beiden Sparten Adhesive Technologies (Klebetechnologien) und Consumer Brands
Veräußerung des Geschäfts mit den Handelsmarken in Nordamerika früher als erwartet vollzogen und damit das Portfolio-Optimierungsprogramm in unserem Unternehmensbereich Consumer Brands, das wir Anfang 2022 angekündigt hatten, erfolgreich abgeschlossen.
BPK:
Konsumgüter- und Industrieklebstoff-Hersteller
07.09.23: Wäre Carsten Knobel Bundeskanzler, müsste er sich demnächst seinen Wählerinnen und Wählern stellen. Seit knapp vier Jahren ist der Henkel-Chef jetzt im Amt – und seine Bilanz fällt bestenfalls durchwachsen aus. Abzulesen ist das vor allem am Aktienkurs: Seit Knobels Antritt beim Persil-Hersteller und Klebstoff-Weltmarktführer hat der Kurs der im Dax notierten Vorzugsaktien um rund 23% nachgegeben. Der deutsche Leitindex dagegen hat in dem Zeitraum um gut 16% zugelegt, der größte Wettbewerber und Konsumgüter-Riese Procter & Gamble gewann sogar rund 22%. Auch im innerdeutschen Vergleich zieht das Henkel-Papier den Kürzeren: Seit Anfang 2020 ist die Aktie des Nivea- und Tesa-Produzenten Beiersdorf um gut 13% teurer geworden. Colgate-Palmolive
ein Haus mit diversen Baustellen übernommen. Dann kam gleich wenige Wochen nach seinem Amtsantritt die Pandemie, später der Ukraine-Krieg, der Henkel wegen seines starken Russland-Geschäfts stärker traf als die meisten Wettbewerber. Rund 5% des Konzernumsatzes, was 1 Mrd. Euro entspricht, erzielte der Persil-Hersteller früher im flächenmäßig größten Land der Erde. Das Kapitel Russland ist mittlerweile Geschichte, die Trennung war jedoch schmerzhaft. Der Verkauf für 600 Mill. Euro an ein Konsortium heimischer Investoren bescherte Henkel einen Nettobuchverlust von 214 Mill. Euro in der ersten Hälfte dieses Jahres. Immerhin ist das Thema jetzt vom Tisch,
Ein kleiner Abschlag im Vergleich zum Wettbewerb ist bei Henkel dabei chronisch. Denn im Dax sind weiterhin ausschließlich die Vorzugsaktien des familiendominierten Konzerns notiert, der in der Rechtsform einer Kommanditgesellschaft auf Aktien daherkommt. Beides ist manchen Investoren ein Dorn im Auge, da diese Konstruktion die Mitspracherechte außenstehender Aktionäre beschränkt. Eine schon seit Jahren eher überschaubare Dividendenrendite dürfte da kein Trost sein. Die Ausschüttung, deren Höhe seit Jahren von Aktionärsvertretern auf der Hauptversammlung immer wieder als zu niedrig kritisiert wird, betrug im laufenden Jahr 2,6% des aktuellen Aktienkurses.
Die Familie Henkel, die mit Simone Bagel-Trah an der Spitze von Aufsichtsrat und mächtigem Gesellschafterausschuss in fünfter Generation die Fäden in der Hand hält, besitzt mit fast 62% der Stammaktien eine komfortable Mehrheit.
Über Querelen in dem weit verzweigten Clan, der mittlerweile über 200 Mitglieder zählt, ist nichts bekannt. Die Mehrheit im Konzern ist auf Jahre gesichert: Der Aktienbindungsvertrag der Familie kann erstmals 2033 gekündigt werden. Durch Übernahmegerüchte wird der Henkel-Kurs traditionell nicht beflügelt.
das schwache, weil zu kleine Retail-Geschäft in der Kosmetik
Knobel: Er hat im eigenen Haus kräftig geräumt. Die zwei Markenartikelsparten Laundry & Home Care sowie Beauty Care wurden zur Einheit Consumer Brands fusioniert.
In den Research-Abeilungen großer Finanzhäuser ist Henkel längst kein Liebling mehr. Als defensiver Wert mit soliden, wenn auch nicht herausragenden Ergebnissen und Margen war der Dax-Konzern lange gefragt. 60% raten „Halten“