Werden Infrastruktur-Investments der nächste Megatrend?
Werden Infrastruktur-Investments der nächste Megatrend?
Wird Infrastruktur der nächste Megatrend?
Themenfonds und Aktien haussieren – Analysten sehen noch viel Potenzial – Auch KI-Investments möglich
Das Interesse an Investments in die Infrastruktur nimmt deutlich zu. Das liegt nicht nur an dem Infrastrukturpaket der Bundesregierung. Für Anleger gibt es drei Möglichkeiten, an dem neuen Boom-Thema zu partizipieren. Sie haben unterschiedliche Vorteile. Einige Fonds haben den Markt zuletzt deutlich geschlagen.
Von Tobias Möllers, Frankfurt
Nach KI und Rüstung ist Infrastruktur für viele Investmentprofis das nächste große Ding an den Aktienmärkten. Das gilt nicht nur für Deutschland, wo die Bundesregierung ein 500 Mrd. Euro schweres Sondervermögen aufgelegt hat, mit dem die Wirtschaft angekurbelt werden und die Infrastruktur wieder in Stand gesetzt werden soll. Analysten erwarten, dass auch in anderen Industrieländern die Infrastruktur erneuert werden muss und in Entwicklungsländern weiter ausgebaut werden wird. Die Unternehmens- und Strategieberatung McKinsey schätzte jüngst, dass bis zum Jahr 2040 weltweit Investitionen in Höhe von sagenhaften 106 Bill. Dollar in die Infrastruktur notwendig sind. Dagegen wirken die 500 Mrd. der Bundesregierung fast schon unterdimensioniert.
Fidelity-Kapitalmarktstratege Carsten Roemheld sagte kürzlich gegenüber der Börsen-Zeitung: „Das ganze Infrastrukturthema halte ich für extrem spannend. Für mich ist es das entscheidende Megatrend-Thema der nächsten Jahre.“ Laut Roemheld geht es dabei um Kommunikation, Energie, den Ausbau von Transportwegen, Gesundheit, aber auch um Technologie.
Verbunden mit einer möglichen Infrastruktur-Rally sieht der Fidelity-Experte auch das Thema Rohstoffe, also alles, was notwendig ist, um diese Infrastruktur aufzubauen. Das könne das nächste Thema sein, das einen neuen Nachfrageboom hervorruft. Die Friktionen rund um Seltene Erden aus China haben Anlegern jüngst wieder vor Augen geführt, wie abhängig Länder wie Unternehmen von einzelnen Rohstoffen sind. Zunächst aber dürfte der Bereich Infrastruktur von enormen Zuflüssen profitieren.
Drei Möglichkeiten
Doch wie können Anleger an einer möglichen Rally partizipieren? Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten, in den Sektor zu investieren: Da sind zunächst direkte Investments in Infrastrukturprojekte. Diese bieten neben dem direkten Projektbezug stabile Cash-Flows und ansehnliche Renditen. Allerdings fordern derartige Investments in der Regel eine langfristige Bindung. Zudem ist die Mindestanlage häufig so hoch, dass diese Option für Privatanleger schnell ausscheidet, auch wenn inzwischen erste Produkte auf dem Markt sind, die von Anlegern gut angenommen wurden.
Daneben können Anleger entweder über Themenfonds oder über Aktien von Unternehmen aus dem Sektor in das Thema Infrastruktur investieren. Für Marc Caretti, Fondsmanager des Raiffeisen-NewInfrastructure-ESG-Aktien bei Raiffeisen Capital Management, sind Investitionen in Infrastrukturprojekte strategische Entscheidungen, die auf langfristige Entwicklungen und globale Megatrends wie Energiewende, Digitalisierung, Mobilität, Urbanisierung und Demographie abzielen. Caretti unterscheidet zwischen physischer Infrastruktur und immaterieller Infrastruktur. Ein großer Vorteil von Fonds wie dem Raiffeisen-NewInfrastructure-ESG-Aktien sei es, dass Anleger ohne hohe Mindestanlagebeträge einsteigen können. Dazu kämen regelmäßige und vorhersehbare Cashflows, die Infrastrukturprojekte wie Verkehrsnetze, Energieanlagen oder öffentliche Dienstleistungen oft generieren. Zudem reagierten Infrastrukturunternehmen oft stabiler auf Marktschwankungen und böten langfristige Wachstumschancen.
KI im Energiesektor
„Besonders spannend sind derzeit Trends wie Cloud-Computing, künstliche Intelligenz im Energiesektor und die Integration von KI im Bereich erneuerbare Energien“, erklärt Caretti gegenüber der Börsen-Zeitung. Ein wichtiger Pluspunkt des Sektors sei auch die geringe Korrelation mit anderen Asset Klassen: „Infrastruktur reagiert anders auf wirtschaftliche Zyklen, was die Gesamtvolatilität eines Portfolios verringert“, erklärt Caretti. Das Interesse privater Anleger an dem Sektor habe in den letzten Jahren beständig zugenommen.
Auf Infrastruktur setzt auch Matthias Klein, Leiter EMEA Macro Sales bei der Bank of America. Er betreut den Infrastruktur-Aktienkorb der BofA: „Unser deutscher Infrastruktur-Aktienkorb liegt seit Jahresbeginn über 50% im Plus. Das spiegelt vor allem das wachsende Interesse internationaler Investoren wider, die in diesem Bereich investieren möchten.“ Trotz der starken Entwicklung sei die Bewertung weiter moderat. Sie liege aktuell bei einem KGV von 18,7 gegenüber 16,6 im europäischen Leitindex.“ Mit Blick auf das deutsche Infrastrukturpaket setzt Klein auf Branchen mit hoher Wertschöpfung in Deutschland. „Wir decken dabei die gesamte Wertschöpfungskette ab – von direkten Projektumsetzern bis zu Zulieferern, die das Infrastrukturprogramm überhaupt erst möglich machen“, erklärt Klein. Ziel sei es, von steigenden Volumina und Pricing zu profitieren, sobald die angekündigten staatlichen und privaten Mittel in Höhe von insgesamt über 1,2 Bill. Euro in konkrete Projekte fließen.“ Parallel zum 500 Mrd. schweren Sondervermögen der Bundesregierung haben über 100 Unternehmen Investitionen von 735 Mrd. Euro zugesagt, teils als neue Mittel in dreistelliger Milliardenhöhe.
Fiskalpaket ist wichtiges Signal
Vom deutschen Fiskalpaket gehe ein wichtiges Signal aus, das Auswirkungen auf globale Investitionsentscheidungen habe. „So zeigt unser Research-Team auf, dass europäische Aktienfonds dieses Jahr bereits rund 47 Mrd. US-Dollar Zuflüsse verzeichnet haben, was eine bedeutende Trendwende darstellt gegenüber mehr als 500 Mrd. Dollar Mittelabflüssen in der Dekade zuvor“, erklärt Klein. Er sieht aber auch Chancen in anderen Regionen: „Unsere Kundenbasis ist international – von Asien über Europa, die USA und Lateinamerika. Infrastruktur, Energie und industrielle Erneuerung sind langfristige Investmentthemen, die über Kontinente hinweg gespielt werden“.
Ganz frisch am Markt ist der Deka-Infrastruktur Aktien. Fondsmanager Karsten Schrader erklärt der Börsen-Zeitung die Motivation zur Auflegung des Fonds: „In vielen Ländern wurde über Jahrzehnte hinweg zu wenig in Infrastruktur investiert. Deshalb sind jetzt große Summen nötig, die langfristig sinnvoll eingesetzt werden müssen“. Mit dem neuen Themenfonds könnten Anleger weltweit in Unternehmen investieren, die den Ausbau und Betrieb von Infrastruktur vorantreiben. Ein aktiv gemanagter Aktienfonds wie der Deka Infrastruktur biete gegenüber der direkten Anlage in Infrastrukturprojekte oder Einzelwerte entscheidende Vorteile: Diversifikation, Liquidität und Transparenz. Schrader zeigt sich dann auch zufrieden mit dem Start des neuen Produkts: „Der Fonds ist erst seit kurzer Zeit am Markt und wir sehen bereits ein reges Interesse – sowohl von Seiten der Sparkassen als auch von Kundinnen und Kunden.“
Fresenius profitiert
Das Infrastrukturpaket der Bundesregierung ordnet Schrader eher zurückhaltend ein: „Mit Blick auf die Summen, die benötigt werden, ist fiskalischer Handlungsspielraum zwar hilfreich, um Impulse zu setzen, letztendlich sind es aber private Investitionen, die den Großteil des Infrastrukturausbaus stemmen werden.“ Die Motivation für Investitionen in den Sektor liefert Schrader gleich mit: „Infrastrukturdefizite wie verspätete Züge oder Staus mögen im Alltag „nur“ lästig sein, sie führen auf volkswirtschaftlicher Ebene aber zu erheblichen Produktivitätsverlusten und Wettbewerbsnachteilen.“
Tom Ackermans, Experte von Fidelity Germany, blickt neben dem Sondervermögen der Bundesregierung auch auf einzelne Unternehmen, die von Investitionen in den Sektor profitieren dürften. Er rät: „Das Infrastrukturpaket umfasst beispielsweise „Investitionen in die Krankenhausinfrastruktur“, in Forschung und Entwicklung sowie in die Digitalisierung. Anleger sollten sich nicht nur auf das konzentrieren, was traditionell als „Infrastruktur“ gilt.“ Im Krankenhausbereich stünden Unternehmen wie Fresenius SE im Fokus. Fidelity sei auch bei RWE und E.ON investiert. „Und im Hinblick auf Investitionen in die Schieneninfrastruktur sollte man sich Vossloh genau anschauen“, empfiehlt Ackermans. Schaut man auf die Gewinner am Aktienmarkt im Jahr 2025, dann zählen auch jetzt schon einige Unternehmen aus dem Sektor zu den größten Gewinnern. Im Dax konnten neben Rüstungs- und Finanztiteln Siemens Energy und Heidelberg Materials am stärksten zulegen, im MDax zählt Industriedienstleister Bilfinger zu den besten Werten.
