Wirecard zieht Shortseller an
Die Leerverkäufer haben im Januar stark auf die Aktien des in die Schlagzeilen geratenen Zahlungsabwicklungsdienstleisters Wirecard gesetzt. Laut IHS Markit stieg der Anteil ausgeliehener Titel in Wirecard auf hohe 6,2 % der Marktkapitalisierung, womit sie sich vor Deutsche Bank mit einem Anteil von 5 % setzten.dm Frankfurt – Im Januar sind die Leerverkäufer am deutschen Aktienmarkt selektiv sehr aktiv gewesen. Dies zeigen Informationen des Finanzdatendienstleisters IHS Markit zum Anteil ausgeliehener Aktien im Verhältnis zur Marktkapitalisierung. Unter den Blue Chips ist der steile Anstieg in den Aktien des Zahlungsabwicklungsdienstleisters Wirecard augenfällig. Im Vierwochenvergleich per 5. Februar ist die Zahl ausgeliehener Aktien in Wirecard um 284 % auf 6,2 % der Marktkapitalisierung gestiegen.Der steile Anstieg ist erst in den vergangenen Tagen zustande gekommen: Am 30. Januar, dem Tag, an dem die “Financial Times” über angebliche bilanzielle Unregelmäßigkeiten berichtet hatte und der Kurs eingebrochen war, betrug die Menge ausgeliehener Aktien laut IHS Markit erst 3,1 % (3,8 Mill. Stück) des Marktwerts. Der Short-Anteil ist seit Jahresbeginn ausgehend von rund 1,9 % kontinuierlich gestiegen. Die Aktien von Wirecard sind erst seit dem 24. September 2018 im Dax enthalten, damals betrug das Short Interest 0,34 %. Hedgefonds Odey legt offenIm Bundesanzeiger ist derzeit als einzige Adresse mit einem Anteil von über 0,5 % (Meldeschwelle) der britische Hedgefonds Odey Asset Management mit einer Netto-Leerverkaufsposition von zuletzt 0,7 % aufgeführt. Ein Short-Anteil von über 6 % in einem Dax-Wert ist außergewöhnlich und erinnert an die Deutsche Bank. Im Juli 2018 hatte der Short-Anteil dort vorübergehend über 6,3 % erreicht (vgl. BZ vom 4. Juli 2018). Im weiteren Jahresverlauf war die Deutsche-Bank-Aktie um weitere 30 % gefallen.Bei Wirecard sind in der Vergangenheit immer wieder Vermutungen über angebliche Bilanzunregelmäßigkeiten geäußert worden, darunter auch im Blog Alphaville der “Financial Times” im Jahr 2015 unter dem Titel “The House of Wirecard”. Das Unternehmen hatte sie jeweils zurückgewiesen. Bereits im Jahr 2008 hatten Repräsentanten der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) dem Zahlungsabwickler Bilanzierungsfehler vorgeworfen. Es kam deswegen später gegen die SdK-Vertreter zu einem Verfahren vor dem Münchner Landgericht, das mit einer Verurteilung endete. 2016 äußerte eine bis dato unbekannte Researchfirma, Zatarra Research, Betrugsvorwürfe gegenüber Wirecard. Die Staatsanwaltschaft München eröffnete daraufhin ein Verfahren wegen Marktmanipulation.Unter den anderen Dax-Titeln blieb der Short-Anteil in Deutsche Bank mit rund 5 % unverändert hoch. Einen deutlichen Anstieg gab es – auf niedrigerem Niveau – in Continental (+47 % auf 1,6 %) und RWE (+56 % auf 1,6 %). Demgegenüber fiel der Anteil ausgeliehener Aktien bei Thyssenkrupp deutlich um 48 % auf 1,2 %. Über die umstrittene Aufspaltung des Konzerns soll erst auf der Hauptversammlung 2020 abgestimmt werden (vgl. BZ vom 2. Februar). Die Großaktionäre Krupp-Stiftung und Cevian halten zusammen rund 39 % der Aktien. Auch bei Infineon fiel der Short-Anteil um 31 % auf knapp 2 %, und bei Merck KGaA ging er um 20 % auf 1,5 % zurück. Scout24 auf Platz 1 im MDaxUnter den Nebenwerten im MDax fiel der starke Anstieg ausgeliehener Aktien beim Online-Konzern Scout24 auf. Die ehemaligen Mehrheitsgesellschafter, die US-Finanzinvestoren Hellman & Friedman und Blackstone, wollen für 43,50 Euro je Aktie die Titel wieder im Rahmen eines freiwilligen Übernahmeangebots von der Börse nehmen. Der Vorstand hat die Offerte aber als unangemessen zurückgewiesen (vgl. BZ vom 22. Januar). Der Anstieg ausgeliehener Aktien um 183 % auf einen hohen Anteil von 9,8 % könnte ein Indiz sein, dass hier größere Anteilseigner eine Aufstockung ihres Anteils vorbereiten und sich absichern oder aber dass Wetten auf ein Scheitern der Übernahme laufen.Weiter angestiegen ist auch der Short-Anteil in den Titeln der Online-Modekette Zalando, während bei Osram Licht das Short Interest auf hohem Niveau leicht rückläufig war. Osram hatte von einem schleppenden Geschäftsgang gewarnt, zugleich wurde in den vergangenen Monaten ein Übernahmeinteresse seitens Finanzinvestoren kolportiert. Im Vierwochenvergleich weiter angestiegen ist der Anteil ausgeliehener Titel zudem bei Euroshop, Siltronic und MTU Aero Engines, während er bei Gerresheimer und Dürr deutlich zurückging.