Xi und Li sorgen für bessere Laune

Reformsignale holen Chinas Aktien aus dem Keller - Für 2013 steht ein zweistelliger Wertzuwachs an

Xi und Li sorgen für bessere Laune

Kaum dass Chinas neues Führungsgespann Xi Jinping und Li Keqiang angetreten ist, hat sich die Stimmung am chinesischen Aktienmarkt gedreht. In Hoffnung auf eine sich erstarkende Konjunktur und einen flotteren Reformkurs im Reich der Mitte geben sich die chinesischen Anleger einen Ruck und nähren eine Hausse, die über das Jahr 2013 hinweg anhalten dürfte .Von Norbert Hellmann, Schanghai Die chinesische Wirtschaft scheint wieder Tritt zu fassen, ein heftig angeknackstes Anlegervertrauen und der damit einhergehende Liquiditätsschwund beginnen sich zu legen, und die Unternehmensgewinne zeigen wieder nach oben. Nach einer sehr ansehnlichen Jahresendrally steht der über weite Strecken des Jahres 2012 baissierende Aktienmarkt wieder höher in der Gunst chinesischer und internationaler Marktbeobachter. Laut Konsensschätzung der Analysten ist dem Shanghai Composite Index (SCI) als führendem Börsenbarometer im Reich der Mitte im Jahr 2013 ein kräftiger Satz um etwa 17 % nach oben zuzutrauen. Hinter der aufkommenden Börseneuphorie liegt allerdings eine dunkle Wegstrecke. Drei trübe Jahre lang hat sich der chinesische Aktienmarkt als ein Hort der Verzweiflung dargestellt, dem die in Schanghai und Shenzhen tonangebenden Kleinanleger enttäuscht den Rücken kehrten und Liquidität entzogen. Von Hongkong abgehängtAuf globaler Ebene mag sich 2012 als ein äußerst freundliches Börsenjahr dargestellt haben, doch zeigten sich die Märkte auf dem chinesischen Festland vom gerade auch im asiatischen Raum vorherrschenden Haussetrend weitgehend abgekoppelt. Dass dies auf ein angeschlagenes Investorensentiment in China zurückzuführen ist, wo die Kleinanleger noch immer für über 80 % der Marktkapitalisierung gerade stehen, zeigt der Vergleich mit dem Aktienmarkt der Sonderverwaltungszone Hongkong. Während der dortige Hang-Seng-Index praktisch das gesamte vergangene Jahr über im positiven Territorium lag und letztlich mit einem Plus von 22,9 % abschloss, ist der SCI trotz einer sehr ansehnlichen Jahresendrally nur mit Ach und Krach auf eine positive Wertentwicklung von 3,2% gekommen. Den traurigen Tiefpunkt markiert der 3. Dezember, als der Index in Schanghai bei 1 949 Punkten unter die 2000er Marke und auf den tiefsten Stand seit vier Jahren gedrückt wurde, womit nach elf Monaten mit 13 % im Minus lag. Gleichzeitig registrierte man ein historisch niedriges durchschnittliches Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) auf Basis ausgewiesener Gewinne von 10,8.Den Umschwung brachten dann neben positiven Konjunktursignalen vor allem die an Reformakzente einer neuen chinesischen Regierung geknüpften Hoffnungen. Vom Dezemberloch bis Jahresultimo galoppierten die Kurse um gut 16 % davon und brachten den SCI auf 2 269 Punkte. Nach den ersten Handelstagen des neuen Jahres liegt man geringfügig verbessert bei 2 276 Zählern. Es scheint, als würden sich die Anleger immer mehr für die freilich noch vagen Reformsignale der im November berufenen neuen politischen Führungsspitze um Xi Jinping und Li Keqiang begeistern. Diese geloben, einen strukturellen Umbau der chinesischen Wirtschaft zu beschleunigen.Während eine forcierte Urbanisierungspolitik die Infrastrukturinvestitionen und Bautätigkeit auf Trab halten soll, deutet sich eine Förderung des Binnenkonsums durch steuerliche Erleichterungen, die Senkung von Importzöllen und wohlfahrtspolitische Ausgabenprogramme an. Dies wird als frohe Botschaft verstanden, zumal sich parallel eine Erholung der zuvor über sieben Quartale hinweg schwindenden Wachstumskräfte abzeichnet.Die Industrieproduktion ist wieder auf eine knapp zweistellige Wachstumsrate gekommen, und die Inflationsrate wirkt bei zuletzt 2 % im November eher zahm. Für das laufende Jahr zeichnet sich ein moderater und inflationszielkonformer Anstieg der Teuerungsrate ab. Dies dürfte allerdings bedeuten, dass sich die chinesische Zentralbank passiv verhält und kaum Bereitschaft zeigen wird, mit Zinssenkungen den Anlegern eine Freude zu machen. Immerhin aber gibt es die latente Aussicht auf eine leichte monetäre Lockerung über die Rücknahme von Mindestreservequoten der Banken. Flottere GewinnentwicklungEntscheidend ist, dass die sich abzeichnende Konjunkturerstarkung die in diesem Jahr für chinesische Verhältnisse in den Keller geschickten Unternehmensgewinne wieder aufmöbeln dürfte, ein Trend, der sich spätestens im Frühjahr sichtbar abzeichnen sollten. Dann wäre die Grundlage für eine nachhaltige Erholung des chinesischen Aktienmarktes gegeben. Analysten bei Goldman Sachs rechnen damit, dass die Gewinne der im CSI 300-Index zusammengefassten größten Werte an den Börsen Schanghai und Shenzhen für das 2012 durchschnittlich nur um 1,2 % zugelegt haben dürften und im neuen Jahr um etwa 9 % klettern sollten. Sie trauen dem CSI 300 ein Kursanstieg im Jahr 2013 von gut 25 % zu.Dabei dürften die chinesischen Großbanken im Fokus stehen, die zwar nicht mehr ganz so rasante Gewinnfortschritte wie in den Jahren nach der Finanzkrise machen dürften, aber allemal für einen zweistelligen Zuwachs gut sind. In der Liste der zehn gewinnstärksten chinesischen Adressen findet man sieben chinesische Großbanken, allen voran die weltweit nach Bilanzsumme, Gewinnhöhe und Marktkapitalisierung vorne liegende Industrial and Commercial Bank of China (ICBC).Aus fundamentaler Sicht findet sich in jedem Fall genügend Raum nach oben. Auch nach der Dezemberrally liegt das KGV der Schanghai-Werte mit 12,6 noch deutlich unter einem als faire Bewertung angesehenen Niveau bei etwa 17. Das Gros der Analysten ist denn auch positiv gestimmt, dass im Jahr 2013 ein klarer Indexfortschritt um 15 bis 20 % auf 2 700 bis 2 800 Punkten gelingen sollte. Für langfristig investierte chinesische Anleger ist dies freilich nur ein Trostpflaster. Bis die vor der Finanzkrise im Oktober 2007 gekannten luftigen Höhen bei über 6 000 Zählern erreicht werden können, ist es noch ein sehr langer Marsch.