"Zentralbank-Put ist wieder da"

J.P. Morgan Asset Management rät zu vorsichtiger Anlagepolitik - Sinkende Gesamterträge zu erwarten

"Zentralbank-Put ist wieder da"

Die Vermögensverwaltungssparte der Großbank J.P. Morgan erwartet deutlich sinkende Erträge und anhaltend niedrigere Zinsen. Aus der Gewinnentwicklung ergebe sich auf derzeitigem Niveau wenig Spielraum für eine Höherbewertung von Aktien, im Anleihesegment gelte das Augenmerk der Liquidität.dm Frankfurt- Spät im Zyklus, aber kein Krisenszenario: So umschreibt die Vermögensverwaltungssparte der Großbank J.P. Morgan das derzeitige Marktumfeld. Sie hält eine längere Zinspause der US-Notenbank Fed für möglich. Die geldpolitischen Tore seien “sperrangelweit offen”, hat Tilman Galler, globaler Marktstratege von J.P. Morgan Asset Management, am Mittwoch in Frankfurt erklärt. Sinkende Inflationsraten und die Erwartung der Märkte deuteten darauf hin, dass die Fed mit den Zinserhöhungen durch sei. Flirt mit der RezessionGaller erwartet aber keine miserablen konjunkturellen Zeiten: “Es gibt nur in wenigen Bereichen der US-Wirtschaft erhebliche Übertreibungen, dementsprechend besteht wenig Bedarf, nun Übertreibungen zu korrigieren.” Der US-Konsum als wichtigste Stütze der Konjunktur sei weiter robust, auch weil die Löhne stiegen. In Kontinentaleuropa flirte die Konjunktur in den nächsten Monaten zwar mit einer Rezession, doch dürfte 2019 letztlich ein Wachstum von rund 1 % resultieren. Silberstreifen seien eine mögliche Erholung des Wachstums in China sowie eine teilweise Beilegung des Handelskonflikts zwischen den USA und China. Galler rechnet auch nicht mit einem ungeordneten Brexit.Zu reden gibt dieser Tage viel die Inversion der US-Zinskurve. Dass die Renditen von Treasuries mit 10-jährigen Laufzeiten unter die Renditen zweijähriger Treasuries gefallen ist, habe in der Vergangenheit zuverlässig eine Rezession angezeigt, die allerdings im Mittel erst siebzehn Monate später eingetreten ist, sagt Galler. Die Aussagekraft einer Inversion wird im derzeitigen Umfeld mitunter in Frage gestellt (vgl. unten). Doch selbst wenn dies nicht in eine Rezession münden müsse, sei eine Inversion oft ein Vorbote einer Zinssenkung gewesen, so Galler. Er könne sich nur einen weiteren Fed-Zinsschritt vorstellen, falls die Assetpreise weiter deutlich steigen würden.Der J.P.-Morgan-Stratege verweist dabei auf das extrem niedrige Realzinsniveau in diesem Zyklus. “Früher lag der Realzins bei rund 3 bis 4 % am Ende eines Zyklus, derzeit sind wir in den USA bei 0,2 %”. Die Jagd nach Rendite gehe deshalb weiter, in Europa sogar noch ausgeprägter als in den USA, da die Europäische Zentralbank (EZB) Kurs auf japanische Verhältnisse nehme. Die EZB setze alle ihre Karten darauf, dass eine weiche Landung in den USA gelinge, sie habe einen “All-in-Wager” am Laufen. Auch in den Schwellenländern würde die Geldpolitik wieder lockerer. “Der Zentralbank-Put ist wieder da”, so Galler.Dies stütze die Märkte, doch seien die Bewertungen weder besonders attraktiv noch unattraktiv. “Die Bewertungen an den Aktien- und Bondmärkten sind ausgereizt”, sagt auch Jakob Tanzmeister, Investment Specialist und Portfoliomanager Multi Asset von J.P. Morgan Asset Management. Die Vermögensverwaltungssparte rät deshalb auf mittlere Sicht zu einem moderaten Risiko-Exposure im Aktienbereich. Für die nächsten zwölf Monate werde ein Gewinnwachstum von 4 bis 5 % erwartet. Daraus resultiere kaum Potenzial für eine höhere Bewertung.Dabei bevorzugt J.P. Morgan Asset Management Value- gegenüber Wachstumsaktien, die sich in den vergangenen Jahren sehr gut entwickelt haben (vgl. Grafik). Als Value-Aktien werden in der Regel Unternehmen bezeichnet, die eine moderate Verschuldung haben und robuste Cash-flows verbunden mit hohen Ausschüttungen erwirtschaften oder günstig bewertet sind.Im MSCI World Value sind etwa BMW oder Vonovia, aber auch viele Versicherungs- und Bankwerte wie Deutsche Bank oder klassische Pharmawerte wie Pfizer, Merck & Co. oder Bayer enthalten. Im MSCI World Growth sind wachstumsstärkere Unternehmen wie Alphabet – die Holding von Google -, Amazon oder Facebook zu finden, aber auch Unternehmen wie Nestlé, die intuitiv eher dem Bereich Value zuzuordnen sind. Dass die Grenzen nicht eindeutig sind, zeigt Novartis, deren Aktien in beiden Indizes enthalten sind.Generell steige die Bedeutung der Ausschüttungen und Aktienrückkäufen an den Gesamterträgen, die künftig aus Gründen der Demografie und geringerer Produktivitätszuwächse viel geringer ausfallen dürften. Tanzmeister erwähnt einen Wert von rund 3,7 % pro Jahr über die nächsten zehn Jahre für ein Portfolio aus jeweils 50 % Aktien und Bonds.Im Anleihensegment rät der Vermögensverwalter zu Liquidität sowie gezielten Engagements im Hochzinsbereich. Dort seien die Spreads zwar eingelaufen, aber noch vergleichsweise attraktiv. Der Anteil von erstklassigen und eher kurzlaufenden Anleihen liege im Anleiheteil des Multi-Asset-Portfolios (Global Income Fund) bei rund 20 %. Dieser diene dazu, dass in Marktverwerfungen der Fonds nicht gezwungen sei, sich von Hochzinsanleihen zu trennen, und flexibler agieren kann. Bedingt durch die quantitative Lockerungspolitik sei die Volatilität am US-Anleihenmarkt in den vergangenen Jahren deutlich gesunken, wie sich am Merrill Lynch Move Index ablesen lässt (vgl. Chart). Bis Ende 2019 alles auf ESGDarüber hinaus will J.P. Morgan Asset Management zudem bis Ende 2019 Kriterien für Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) über alle Anlageklassen hinweg in den Anlageentscheidungsprozess integrieren, so Tanzmeister. Auch soll ein Multi-Asset-Produkt angeboten werden, der Unternehmen aus der Rüstungs- und Tabakindustrie sowie aus dem Bereich fossiler Brennstoffe ausschließe.