Bitte ein Denkmal für Draghi
Das wird wohl nichts mehr mit der Beziehung zwischen Mario Draghi und den Deutschen. Was hat der EZB-Präsident nicht alles versucht. Selbst die Abbildung mit preußischer Pickelhaube in der “Bild”-Zeitung zu Beginn seiner Amtszeit als Präsident der Europäischen Zentralbank hat er lächelnd ertragen, um Sympathiepunkte im Land der D-Mark zu sammeln. Es hat wenig geholfen. Schade. Die vielen Charmeoffensiven bei deutschen Politikern und Journalisten: ebenfalls weitgehend vergebens. Die Sorge der Deutschen, dass ihr Erspartes unter Draghis Geldpolitik wegschmilzt wie Eis unter der italienischen Sonne, ist seit Donnerstag sogar noch gewachsen. Mit einem geradezu mephistophelischen Lächeln lässt die “Frankfurter Allgemeine Zeitung” den armen Mario Draghi von der Titelseite in die Augen ihrer vom Billionenspiel der EZB irritierten Leser schauen. Das war nicht fair. Die Aktienkurse gehen abHätten die Deutschen nicht allen Grund, Draghi zuzujubeln? Sind sie nicht der große Nutznießer dieser Mischung aus Nullzins und Quantitative Easing? Der Dax macht Freudensprünge, der Euro geht auf Talfahrt. Was will man mehr? Allein seit Jahresanfang und damit in nur drei Wochen sind die Aktionäre der in den deutschen Indizes Dax, MDax, SDax und TecDax gelisteten Titel um 75 Mrd. Euro reicher geworden. Doch statt Beifall erntet Draghi in Deutschland mahnende Worte bis beißende Kritik. Exporteure dürfen jubelnWenn es so ist, dass nun die Italiener, Franzosen und vielleicht auch Griechen noch weniger Druck verspüren, überfällige Strukturreformen durchzuziehen, dann kann sich die deutsche Industrie doch die Hände reiben. Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Hersteller wird durch die ausbleibenden Reformen in den anderen Ländern gestärkt, ihr Vorsprung vergrößert sich.Und dann das Gejammere über den schwachen Euro! Ist es nicht so, dass von der gezielten Euro-Abwertung durch Draghi der Exportweltmeister Deutschland zwangsläufig am meisten profitiert? Auf einen zusätzlichen warmen Regen dürfen sich die deutschen Exportfirmen freuen, wenn sie für ihre erlösten Dollar künftig viel mehr Euro bekommen.Das wird die Kursrally am deutschen Aktienmarkt dann auch fundamental untermauern. Was der Telekom-Börsengang, der Neue Markt und alle Regierungsinitiativen zur Förderung der Aktienkultur nicht vermochten, Draghi hat’s geschafft: Alle wollen deutsche Aktien. Schon in Vorfreude auf die Draghi-Billion kannten deutsche Aktienindizes seit Dezember ja nur eine Richtung. Gewiss, der kleine Sparer und seine Interessenvertreter in den Verbänden klagen wegen der niedrigen Zinsen. Aber soll er doch Aktien kaufen! Wenn Draghi Brei regnen lässt, muss halt auch der Kleinsparer mal den Löffel raushalten. Und die Rückkehr der Inflation und damit des Zinses kommt noch früh genug. Das ist schließlich nur eine Frage der Zeit angesichts der gigantischen Gelddruckmaschine der EZB. Auch in dieser Hinsicht werden sich die Deutschen auf Draghi verlassen können. Mit Sicherheit.Wie wunderbar die Bekämpfung der Deflationsgefahr durch die EZB funktioniert, sieht man schließlich schon in Teilmärkten. Am Immobilienmarkt beispielsweise. Steigende Preise, wohin man schaut. Und das ist erst der Anfang. Wenn endlich die EZB-Milliarden auf den Markt strömen und den Abwertungswettlauf befeuern, dann werden sich sogar die Millionäre aus den Euro-Peripherieländern genau überlegen, ob sie ihre Flucht-Millionen noch in Immobilien außerhalb der Eurozone investieren sollen oder nicht besser in Deutschland. Die Immobilienbesitzer und Immobilienentwickler in Deutschland dürfen sich auf die Schenkel klopfen, zumal es die Finanzierung der Luxusobjekte inzwischen dank Draghi für lau gibt. Die Millionäre aus den südlichen Euro-Ländern treffen sich künftig nicht mehr in London, Zürich oder Singapur, sondern in Frankfurt, München oder Berlin. Da kommt in Euroland zusammen, was zusammengehört. Islamkonforme GeldpolitikDie EZB rette mit ihren QE-Milliarden die maroden Banken in Euroland, werfen Kritiker dem EZB-Präsidenten vor. Na und? Mal ganz ehrlich: Ist es nicht besser in diesen politisch aufgeheizten Zeiten von Pegida und islamistischem Terror, wir finanzieren unsere Pleitebanken in Euroland mit dem Geld unserer EZB als mit Finanzspritzen aus Saudi-Arabien oder Katar? Nichts gegen ausländische Investoren, aber könnte die Abschaffung des Zinses in der Eurozone durch die EZB nicht als Einladung an die islamische Welt zum Aufkauf des Abendlandes missverstanden werden? Da ist es gut, dass Draghi potenziellen Überfremdungsängsten von vornherein mit der großzügigen Einbindung der Deutschen Bundesbank in das Anleihenaufkaufprogramm entgegenwirkt. Besser als gewählte PolitikerDraghi setze sich und die EZB an die Stelle der Politik, so ein weiterer Vorwurf, der gerade in Deutschland immer wieder laut wird. Von unseren Nachbarn sind solche Töne selten zu hören. Dort haben die Bürger längst erkannt, dass sie mit Draghi viel besser fahren als mit ihren gewählten Volksvertretern. Dass bei Draghi im Gegensatz zu ihren nationalen Regierungen immer Geld in der Kasse ist. Dass Draghi nicht nur verspricht, sondern auch liefert. Die Deutschen sollten ihr Verhältnis zum EZB-Präsidenten ernsthaft überdenken.Wie wäre es, wenn die Deutschen Mario Draghi vor dem neuen EZB-Turm in Frankfurt ein Denkmal setzten? Das fehlt schließlich noch vor diesem Meisterwerk der Architektur, dessen schiefe Linien und stürzende Wände auf so eindrucksvolle Weise die Geldpolitik des Hausherrn symbolisieren. An diesem Denkmal könnte man – in memoriam – immer am 22. Januar mit einem Feuerwerk und einer Euro-Konfetti verschießenden “Bazooka” in die fünfte Jahreszeit der Geldpolitik starten.—-c.doering@boersen-zeitung.de——–Von Claus DöringIn memoriam sollte die EZB künftig immer am 22. Januar die fünfte Jahreszeit der Geldpolitik einläuten.——-