Chinas Boom elektrisiert deutsche Industrie
rec Frankfurt
Der starke Aufschwung in China nährt zunehmend Hoffnungen in Deutschlands Industrie. „Die deutschen Exporte nach China haben die Chance, überdurchschnittlich zuzulegen und schwächere Nachfrage in anderen Märkten auszugleichen“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Industrieverbands BDI, Joachim Lang. Er reagierte damit auf Zahlen aus dem Reich der Mitte, wonach die chinesische Volkswirtschaft im ersten Quartal auf Jahressicht um 18,3% zugelegt hat.
Volkswirte versahen die höchste je gemessene Wachstumsrate mit Vorbehalten: Zum einen handele es sich im Wesentlichen um einen statistischen Effekt, da Chinas Wirtschaft wegen weitreichender Beschränkungen zur Eindämmung des Coronavirus zwischen Januar und März 2020 teils quasi zum Stillstand gekommen war. Zum anderen kaschiere die beeindruckende Jahresrate den Umstand, dass der Post-Corona-Boom zuletzt an Schwung eingebüßt hat. So hat sich das Wachstumstempo im Quartalsvergleich auf 0,6% verlangsamt. Zwischen Oktober und Dezember 2020 waren es 3,2%.
Das geht einher mit einer abgeschwächten Kredit- und Geldmengenexpansion und regionalen Beschränkungen wegen neuer Coronaausbrüche in China. Auch Einkaufsmanagerindizes signalisierten zuletzt verhalteneres Tempo. Positiv werten Beobachter, dass die Einzelhandelsumsätze in jüngster Zeit stark angezogen haben – ein Indiz, dass der bislang maßgeblich von der Nachfrage aus dem Ausland angetriebene Aufschwung auf die Binnenkonjunktur überspringt und die Konsumenten zur treibenden Kraft der Konjunkturerholung werden.
Vor allem für die deutschen Autobauer stellt sich der China-Boom einmal mehr als Segen dar. Auch andere Branchen dürfen mit anhaltend positiven Impulsen rechnen. Denn die deutschen Exporteure profitieren nach Analysen von Katharine Neiss, Chefvolkswirtin Europa bei PGIM Fixed Income, von einem Multiplikatoreffekt: Analysen zeigten, „dass ein Anstieg des chinesischen Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe um 1% mit einem Anstieg der deutschen Exporte nach China um fast 3 Prozentpunkte fünf Monate später einhergeht“. Deshalb dürfte die über weite Strecken zu beobachtende Dynamik in China „weiterhin der deutschen Wirtschaft zugutekommen“, so Neiss (siehe BZ vom 2. April).
Der Internationale Währungsfonds rechnet damit, dass Chinas Wirtschaftsleistung 2021 um 8,4% wächst. Deutschlands führende Wirtschaftsforschungsinstitute haben laut Gemeinschaftsdiagnose ein Plus von 9,5% auf der Rechnung.