Deutsche Industrie produziert mehr
Die deutsche Industrie hat im März die Produktion unerwartet ausgeweitet. Ökonomen werten dies noch nicht als Trendwende, sehen darin aber einen Hoffnungsschimmer für ein doch stärkeres Wirtschaftswachstum im ersten Quartal als prognostiziert.ba Frankfurt – Die in einer Schwächephase steckende deutsche Industrie hat im März überraschend mehr gefertigt als im Vormonat. Insbesondere die Bauproduktion hat kräftig zugelegt, aber auch alle anderen Komponenten haben zu dem Plus beigetragen. Die stark exportabhängige Industrie kämpft mit einer sinkenden Nachfrage infolge der lahmenden Weltkonjunktur sowie der Unsicherheit, wie es mit den globalen Handelskonflikten weitergeht. Auch ist der Brexit bislang nur verschoben.Laut vorläufigen Angaben des Statistischen Bundesamts (Destatis) steigerten Industrie, Bau und Versorger zusammen im März ihren Ausstoß im Vormonatsvergleich preis-, saison- und kalenderbereinigt um 0,5 %. Ökonomen hatten mit dem dritten Zuwachs in den vergangenen vier Monaten nicht gerechnet – auf ihrem Zettel stand ein Minus von 0,5 %. Allerdings ist der Output im Februar nicht ganz so kräftig gesteigert worden wie zunächst gemeldet: statt +0,7 % waren es +0,4 %.Für Skepsis bei Experten sorgt die Auftragsentwicklung, die laut Bundeswirtschaftsministerium im ersten Quartal “merklich rückläufig” war. Da sich auch das Geschäftsklima im verarbeitenden Gewerbe weiter eintrübt, mahnt das Ministerium: “Daher ist weiterhin von einer gedämpften Industriekonjunktur in den kommenden Monaten auszugehen.” Auch Ökonomen warnen vor zu viel Optimismus. So erinnert Charlotte Heck-Parsch von der BayernLB an das späte Osterfest, durch das sich die Ferientage überdurchschnittlich auf den April konzentrieren. “Im Umkehrschluss bedeutet dies auch, dass im April wieder mit schwächeren Zahlen zu rechnen ist.” Dass sich der deutliche Rückgang der Auftragseingänge von 4,0 % im Februar bislang noch nicht in der Produktion gezeigt habe, liege wohl an den noch zu hohen Auftragsbeständen und Kapazitätsauslastungen. Hochkonjunktur am BauCommerzbank-Ökonom Ralph Solveen erwartet wegen der schlechten Stimmung und der schwachen Auftragsentwicklung, dass die Produktion in den kommenden Monaten wieder fallen wird. Dass auch die Industrie im engeren Sinne im März um 0,4 % zugelegt hat, sei vor diesem Hintergrund eine Überraschung. Besonders kräftig hat der Ausstoß von Konsumgütern zugelegt (+1,1 %), gefolgt von den Vorleistungsgütern (+0,4 %). Einzig die Herstellung von Investitionsgütern stagnierte. Außerhalb der Industrie legte die Energieerzeugung 0,3 % zu.Besonders ins Auge falle die Bauproduktion, sagte Andreas Rees, Chefvolkswirt Deutschland bei Unicredit. Diese hatte witterungsbedingt im Februar mit 3,9 % stark zugelegt, und statt einer Gegenbewegung gab es im März ein Plus von 1,0 %. Die im ersten Vierteljahr um knapp 4 % gegenüber Vorquartal ausgeweitete Baufertigung “war die stärkste Performance der vergangenen drei Jahre”, so Rees. Das Baugewerbe “befindet sich weiter in der Hochkonjunktur”, unterstreicht auch das Wirtschaftsministerium.Auch im ersten Quartal insgesamt erwies sich die Baubranche als Treiber. Im Vorquartalsvergleich wurde hier der Ausstoß um 3,9 % gesteigert, während die Industrie 0,1 % weniger herstellte. Laut Wirtschaftsministerium konnte die Kfz-Industrie den Output zwar um 0,4 % erhöhen, “blieb damit aber noch deutlich unter dem Produktionsniveau zu Beginn des letzten Jahres”.Ökonomen werten die gestern veröffentlichten Zahlen als positives Signal für die am nächsten Mittwoch anstehende Schnellmeldung zum Bruttoinlandsprodukt (BIP). In Verbindung mit den guten Daten des privaten Konsums “dürfte die deutsche Wirtschaft im Startquartal 2019 um mindestens 0,4 % im Vorquartalsvergleich gewachsen sein”, erwartet Katharina Utermöhl von der Allianz. Im weiteren Jahresverlauf allerdings dürfte die Konjunktur zunehmend an Fahrt verlieren – zwar seien die binnenwirtschaftlichen Rahmenbedingungen weiter gut, die Impulse aus dem Ausland allerdings verhalten. “Die Abhängigkeit von der Auslandsnachfrage erweist sich im Umfeld von Handelskonflikten und Abschottungstendenzen als Bürde”, dabei sei es derzeit so einfach, für binnenwirtschaftliche Impulse zu sorgen, findet Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. Viele wichtige Zukunftsthemen würden derzeit auf Bearbeitung warten, etwa der zügige Ausbau der digitalen Infrastruktur, die weitere Umsetzung der Energiewende oder die Modernisierung der Schulen: “Die öffentliche Hand könnte jetzt klotzen und die Binnenkonjunktur anschieben.” In der Realität werde aber leider nur gekleckert. Möglicherweise wirke die nachgebende Konjunktur als Impulsgeber für mehr Mut, “dann könnte dem schwachen Wachstum sogar etwas Positives abgewonnen werden”.