Italien

Draghi kurz vor der Bildung einer neuen Regierung

Ex-EZB-Präsident Mario Draghi wird womöglich schon am Dienstagabend oder Mittwoch eine Regierungsmannschaft vorstellen. Es bleibt aber abzuwarten, wie lang der Burgfrieden zwischen den Parteien hält.

Draghi kurz vor der Bildung einer neuen Regierung

bl Mailand

Ex-EZB-Präsident Mario Draghi wird Italiens Staatspräsidenten Sergio Mattarella womöglich schon am heutigen Dienstagabend oder am Mittwoch eine Regierungsmannschaft vorstellen. Draghi ist auf dem Weg zur Bildung einer großen Koalition, der, mit Ausnahme der postfaschistischen Fratelli d’Italia, alle wesentlichen politischen Parteien angehören. Formal dürfte die neue Regierung spätestens am Freitag ihre Arbeit aufnehmen. Das künftige Kabinett wird wohl sowohl aus parteilosen Fachleuten als auch aus Vertretern der Parteien bestehen. Der bisherige Premierminister Giuseppe Conte will nicht in die Regierung eintreten, unterstützt Draghi aber.

Draghi verhandelt nun über ein Regierungsprogramm. Ganz oben auf seiner Agenda stehen die Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie und die Erarbeitung einer Impfstrategie. Darüber hinaus will er schnell ein Programm zur Verwendung der Mittel aus dem Europäischen Wiederaufbauprogramm erarbeiten sowie einen großen Infrastrukturplan und Reformen der Justiz, der öffentlichen Verwaltung und des Steuersystems auf den Weg bringen.

Draghi peilt eine Regierung an, die bis zu den nächsten Parlamentswahlen im Frühjahr 2023 im Amt bleibt. Es bleibt aber abzuwarten, wie lang der Burgfrieden zwischen den Parteien anhält. Denn die inhaltlichen Gegensätze sind groß und der wahrscheinliche neue Regierungschef wird es nicht allen recht machen können, sodass es bei Parlamentsabstimmungen zumindest im Laufe der Zeit Absetzbewegungen geben dürfte. Aktuell will sich aber keine Partei gegen Draghi stellen, der als einziger Vertreter des Landes in allen Lagern sowie in der Bevölkerung Respekt genießt und zudem ein starkes europäisches Standing hat. Selbst Beppe Grillo, Gründer der 5-Sterne-Bewegung, die dem früheren EZB-Präsidenten traditionell kritisch gegenübersteht, bezeichnet ihn als „unsere Rettung“. Grillo und die meisten anderen Parteiführer der Bewegung sprechen sich für den Eintritt in die Regierung aus. Formal soll darüber aber eine Mitgliederbefragung am Mittwoch und Donnerstag befinden.

Der neuen Regierung könnte auch Lega-Chef Matteo Salvini angehören, der sich in den vergangenen Monaten um Mäßigung bemüht hat. Die Lega ist im Europaparlament auf Distanz zur deutschen AfD gegangen und strebt nun in der Flüchtlingspolitik eine europäische Lösung an.