Draghis Vertrauensoffensive in Berlin

EZB-Präsident widerspricht dem Vorwurf der monetären Staatsfinanzierung

Draghis Vertrauensoffensive in Berlin

wf Berlin – “Die Schönheit liegt im Auge des Betrachters”, antwortete der Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, diplomatisch auf die Frage, ob er nun ruhig schlafen könne, weil es ihm gelungen sei, in der zweistündigen Aussprache im Bundestag Vertrauen in der öffentlichen Meinung Deutschlands zur Euro-Stabilisierungspolitik der EZB zu schaffen. Draghi stellte in seinem öffentlich gemachten Eingangsstatement für den Bundestag heraus, dass die Risiken im jüngst angekündigten Anleihekaufprogramm OMT der EZB minimiert worden seien. Zugleich widersprach er dem Vorwurf der monetären Staatsfinanzierung. Die EZB gehe für diese Geschäfte ausschließlich an die Sekundärmärkte, wo bereits begebene Anleihen gehandelt würden, betonte Draghi. Bei den Interventionen erwerbe die EZB zudem Staatsanleihen von Anlegern, nicht von Regierungen. “Diese Vorgehensweise steht voll und ganz im Einklang mit dem im Vertrag festgelegten Verbot der monetären Finanzierung.” Darüber hinaus liege der Fokus der Anleihekäufe auf den kürzeren Laufzeiten. Der Spielraum für Marktdisziplin bleibe dadurch erhalten, so Draghi.Die zweistündige Sitzung mit rund 100 Abgeordneten fand hinter verschlossenen Türen statt. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) begründete dies damit, dass die Abgeordneten und der EZB-Chef die Möglichkeit haben sollten, auch “schwierige Abwägungsfragen” nebeneinander zu legen und zu sehen, ob “absehbare und nicht absehbare Nebenwirkungen hinreichend bedacht” worden seien.Vertreter von CDU/CSU und FDP werteten den Auftritt Draghis als “sehr überzeugend”. Man könne die Botschaft an die deutschen Bürgerinnen und Bürger senden, dass “hier und da geäußerte Inflationsängste unbegründet” seien, sagte der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Norbert Barthle. Draghis oberstes Bemühen gelte der Einhaltung der Preisstabilität. Für die haushaltspolitische Sprecherin der Grünen, Priska Hinz, haben die Aussagen Draghis gezeigt, “dass das Eingreifen der EZB in der Krise nötig ist, weil das Vertrauen in den Euro gestört ist”. Der Bundesregierung warf sie vor, sie habe die Euro-Skeptiker zu lange gewähren lassen.Für den Haushaltsexperten der SPD, Carsten Schneider, hat der EZB-Präsident “überzeugend klargemacht”, dass die teuerste Lösung der Krise für Deutschland ein Auseinanderbrechen des Euro sei. Zugleich kritisierte Schneider jedoch die fiskalpolitischen Auflagen, die die EZB mit dem Anleihekauf verknüpfe. Diese Verknüpfung schütze nicht deren Unabhängigkeit. Vielmehr stelle die EZB ihre Unabhängigkeit in Frage, wenn sie die Finanzpolitik mitbestimme.