„Eine weitere Zinssenkung der EZB wäre angemessen“
„Eine weitere Zinssenkung der EZB wäre angemessen“
„EZB-Zinssenkung wäre angemessen“
Bank of America hält Geldpolitik im Euroraum für zu restriktiv – Zeichen stehen aber auf Zinspause – Inflation bei 2,1 Prozent
Die allermeisten Finanzmarktteilnehmer gehen fest von einer Verlängerung der Zinspause der EZB im Dezember aus. Doch es gibt innerhalb und außerhalb der Notenbank durchaus Stimmen, die eine weitere Lockerung der Geldpolitik für möglich halten. EZB-Rat Olli Rehn spricht gar eine Warnung an die Finanzmärkte aus.
mpi Frankfurt
Auch wenn die Zeichen auf einer längeren Zinspause der EZB stehen, gibt es innerhalb und außerhalb der Notenbank weiterhin Stimmen, die eine Lockerung der Geldpolitik ins Spiel bringen. „Es wäre angemessen, noch eine Zinssenkung zu beschließen“, sagt etwa Ruben Segura-Cayuela, Ökonom bei der Bank of America, im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Er kommt zu dem Schluss, dass die Notenbank den Inflationsdruck derzeit überschätze. „Es ist nicht so eindeutig, ob das von der EZB prognostizierte Unterschießen des Inflationsziels nur vorübergehend ist.“
Im Dezember aktualisiert die EZB ihre Projektionen zu Inflation und Wirtschaftswachstum. Bislang beziffern die Ökonomen des Eurosystems die Jahresinflation für 2026 bei 1,7% und für 2027 bei 1,9%. Die neue Projektion wird auch erstmals Zahlen für 2028 enthalten. Segura-Cayuela rechnet inzwischen nicht mehr damit, dass bereits bei der kommenden Zinssitzung eine Lockerung der EZB ansteht. Bis März werde jedoch die ein oder andere Inflationszahl seiner Einschätzung nach niedriger ausfallen als erwartet und so zu einer Zinssenkung führen.
Inflation fast exakt bei 2,0 Prozent
Im Oktober hat die Inflation im Euroraum 2,1% betragen. Eurostat bestätigte am Mittwoch seine Erstschätzung. Die Kernrate als Indikator für den unterliegenden Preisdruck stagnierte bei 2,4%.
84 der 90 von Reuters befragten Ökonomen rechnen für Dezember mit einer Verlängerung der Zinspause. Allgemein erwarten die meisten Volkswirte ohne einen neuen disinflationären Schock auch keine Lockerung der Geldpolitik mehr im laufenden Zinszyklus.
Warnung an die Finanzmärkte
Die derzeit vielleicht lauteste Stimmen aus dem EZB-Rat, die im öffentlichen Diskurs vor einer möglicherweise unerwünscht niedrigen Inflation warnt, ist der finnische Notenbankpräsident Olli Rehn. „Niedrige Energiepreise, ein stärkerer Euro und eine nachlassende Lohn- und Dienstleistungsinflation bergen das Risiko, dass die Gesamtinflation gegenüber unserem Ziel von 2% übermäßig zurückgeht“, sagte er am Wochenende.
Rehn, der 2026 EZB-Vizepräsident werden möchte, warnte die Finanzmärkte zudem davor, die Wahrscheinlichkeit einer Zinssenkung im Dezember zu unterschätzen. Derzeit gehen Anleger fest davon aus, dass es kurz vor Weihnachten keine Anpassung der Leitzinsen gibt. Dies deckt sich auch mit Äußerungen der meisten EZB-Ratsmitglieder.
EZB-Direktorin Isabel Schnabel warnt gar vor zunehmenden Inflationsrisiken durch mögliche Unterbrechungen in den globalen Lieferketten aufgrund der US-Zölle. Segura-Cayuela von der Bank of America überzeugt das Argument nicht. „Es ist wahrscheinlicher, dass eine Umlenkung der chinesischen Handelsströme nach Europa wegen der US-Zölle zu einer Disinflation in der Eurozone führt, als dass zollbedingte Störungen in den globalen Lieferketten zu einer höheren Inflation in Europa führen.“
