WIE ES NACH DER EINIGUNG IM HANDELSSTREIT WEITERGEHT

EU nimmt Deal unter die Lupe

Hogan: Übereinstimmung mit WTO-Regeln zu prüfen - Altmaier lobt Einigung

EU nimmt Deal unter die Lupe

ms/rec/xaw Frankfurt – Die EU-Kommission will die erste Teileinigung im Handelsstreit zwischen den USA und China genau unter die Lupe nehmen und insbesondere prüfen, ob sie mit den Welthandelsregeln in Einklang steht. “Der Teufel steckt im Detail”, sagte EU-Handelskommissar Phil Hogan laut der Nachrichtenagentur Reuters gestern, als er aus Washington per Videoübertragung zu einer Konferenz in London zugeschaltet wurde. “Wir müssen überprüfen, ob es konform mit der WTO ist”, so Hogan mit Blick auf das Abkommen und die Vorgaben der Welthandelsorganisation (WTO).Bereits zuvor hatte sich ein Sprecher der Brüsseler Behörde zurückhaltend zu dem Deal geäußert. “Die EU unterstützt Initiativen, die zur Marktöffnung beitragen und Spannungen im Handel abbauen, solange sie die multilateralen Handelsregeln respektieren und keinen übermäßigen Wettbewerbsnachteil für EU-Unternehmen schaffen”, sagte er laut dpa-afx. Ob die Kommission das bei dem Deal zwischen den USA und China für gegeben hielt, ließ er offen.In dem seit fast zwei Jahren anhaltenden Handelskonflikt der beiden weltgrößten Volkswirtschaften hatten die USA und China am Mittwoch eine erste Teileinigung erzielt – das Phase-1-Abkommen. Demnach verpflichtet sich China beispielsweise, mehr amerikanische Produkte zu importieren. Die USA wollen im Gegenzug einige Einfuhrzölle verringern (vgl. Text oben auf dieser Seite). Explizite KaufvoluminaBereits unmittelbar nach der Unterzeichnung des Abkommens hatten Experten insbesondere Kritik daran geäußert, dass in dem Anhang konkrete Beträge aufgeschlüsselt werden, in welchen Branchen chinesische Unternehmen mehr Waren und Dienstleistungen aus den USA beziehen sollen. Laut Außenhandelsexperte Gabriel Felbermayr vom IfW in Kiel stehen explizite Vereinbarungen über Handelsvolumina für bestimmte Produktgruppen nicht im Einklang mit den Regeln der WTO. Der Deal hebele marktwirtschaftliche Prinzipien zugunsten der USA und zulasten von Drittländern aus (vgl. BZ vom 16. Januar).EU-Handelskommissar Hogan, der sich derzeit zu seinem ersten Besuch in den USA aufhält, kritisierte in Washington auch die Taktik von US-Präsident Donald Trump in Handelsfragen und den Druck via Strafzölle als kurzsichtig. Hogan rief zugleich der US-Administration zu, dass jetzt die Zeit für ernsthafte Gespräche und eine Kooperation sei.Optimistischer als die Reaktion von Hogan und der EU-Kommission auf die Teileinigung klang gestern jene von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU). “Es ist eine gute Nachricht, dass die USA und China ihre Handelskonflikte nicht weiter eskalieren, sondern nach gemeinsamen Lösungen suchen”, sagte Altmaier zu Reuters: “Schwelende Handelskonflikte schaden der gesamten Weltwirtschaft, so dass ich eine Annäherung begrüße.” Es brauche “weniger und nicht mehr Zölle”.Viele Ökonomen und Finanzmarktteilnehmer betonten gestern, dass der Konflikt mit dem Deal aber keineswegs endgültig gelöst sei. “Viele der heikleren Fragen – insbesondere Wettbewerbsverzerrungen durch die subventionierten Staatsunternehmen Chinas – sind noch nicht geklärt und sollen für ein Phase-2-Abkommen verhandelt werden. Hier ist ein Erfolg keineswegs garantiert”, sagten Bernd Weidensteiner und Hao Zhou von der Commerzbank. Das achte Kapitel umfassende Abkommen entspräche “weitgehend den Markterwartungen”.Laut Simon Lester vom Cato Institute ist damit ein Kalkül Trumps aufgegangen. “In diesem Phase-1-Abkommen geht es in erster Linie um Innenpolitik. Präsident Trump geht es darum, die Märkte zu beruhigen und ein Argument für den bevorstehenden Präsidentschaftswahlkampf zu haben”, sagte der Experte für Handelspolitik der Börsen-Zeitung. Weiter Risiken für die MärkteAus Sicht von Finanzmarktakteuren bleiben die wirtschaftspolitischen Konflikte zwischen Washington und Peking ein Risikofaktor für die globalen Finanzmärkte. “Die Stimmung in beiden Lagern hat sich etwas aufgehellt, im Grundton werden die Spannungen im US-Wahljahr aber anhalten”, sagte Catherine Yeung, Investmentexpertin beim Vermögensverwalter Fidelity, gestern in Frankfurt. Die Volksrepublik öffne ihre Aktien- und Bondmärkte weiter für ausländische Teilnehmer und steigere zeitgleich den Markenwert heimischer Unternehmen. Somit werde der Wettbewerb zwischen chinesischen und amerikanischen Großunternehmen in vielen Sektoren weiter steigen. “Apple muss künftig verstärkt mit Huawei um Investorengelder konkurrieren und Amazon mit Alibaba”, sagte Yeung.Positive Effekte auf die Märkte seien zu erwarten, wenn sich die Vereinigten Staaten und China früher als gedacht auf ein Phase-2-Abkommen einigen würden. Selbst ein solcher Deal bedeute aber “kein Ende der geopolitischen Risiken”, sagte Chris-Oliver Schickentanz, Chief Investment Officer der Commerzbank.