Euro-Inflation entfernt sich weiter von EZB-Ziel
ms Frankfurt – Die Inflation im Euroraum hat sich im Juli noch einmal merklich abgeschwächt und sich damit weiter vom EZB-Preisziel entfernt. Zugleich deuten schwächere Konjunkturdaten an, dass es länger dauern dürfte, bis die Teuerung überhaupt wieder spürbar anzieht. Das schürt Erwartungen, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihre ohnehin bereits sehr expansive Geldpolitik weiter lockert – und das sogar schon sehr bald und kräftig.Die Inflationsrate ging von 1,3 % im Juni auf 1,1 % im Juli zurück, wie Eurostat gestern in einer ersten Schätzung mitteilte. Das ist der schwächste Anstieg seit Februar 2018. Während sich vor allem unverarbeitete Lebensmittel im Vorjahresvergleich deutlich stärker verteuerten als im Juni, schwächte sich der Preisauftrieb etwa bei Energie und bei Dienstleistungen merklich ab. Die viel beachtete Kernrate ohne Energie und Lebensmittel ging von 1,1 % im Juni auf 0,9 % zurück.Der EZB-Rat hatte sich vergangene Woche noch einmal besorgter über den Inflationsausblick geäußert als zuvor schon und deshalb neue expansive Maßnahmen in Aussicht gestellt, falls die tatsächliche und die projizierte Inflation unterhalb des EZB-Ziels von unter, aber nahe 2 % verharrten. Die neuen Daten dürften die Frustration im EZB-Rat jetzt noch erhöhen. Neben Zinssenkungen liegt auch eine Neuauflage breiter Nettowertpapierkäufe (Quantitative Easing, QE) auf dem Tisch.”Eine Inflation unter dem Ziel, ein langsameres Wirtschaftswachstum und Abwärtsrisiken für beides sind klare Gründe, bereits im September ein neues Paket von politischen Lockerungsmaßnahmen durchzusetzen”, kommentierten die Experten von Morgan Stanley die neuen Daten zur Inflation und zum Wachstum im Euroraum (siehe dazu auch Bericht oben auf dieser Seite). Der EZB-Rat trifft sich am 12. September zur nächsten geldpolitischen Sitzung.Als nahezu ausgemacht gilt inzwischen eine weitere Absenkung des Einlagenzinses von derzeit -0,4 %. Als wahrscheinlichste Option gilt eine Absenkung um 10 Basispunkte auf -0,5 %. In dem Fall könnte der Rat zudem Maßnahmen beschließen, um die negativen Wirkungen auf die Banken im Euroraum abzumildern. Viele Beobachter erwarten inzwischen auch neue Nettowertpapierkäufe (Quantitative Easing, QE). Die Hürde für eine QE-Neuauflage liegt im EZB-Rat sicher höher als bei einer Zinssenkung, aber die Bereitschaft, falls nötig auch dieses Instrument zu nutzen, teilt wohl eine Mehrheit der Notenbanker.Besondere Sorgen bereitet den Euro-Hütern auch der zuletzt deutliche Rückgang der Inflationserwartungen, weil diese etwa über das Lohnsetzungsverhalten großen Einfluss auf die tatsächliche Inflation in der Zukunft haben. Vor allem an den Finanzmärkten haben die Erwartungen deutlich nachgegeben, aber auch umfragebasierte Erwartungen sind nun etwas zurückgegangen. Einige Notenbanker fürchten bereits um die Glaubwürdigkeit der EZB.Auch deshalb haben die Euro-Hüter vergangene Woche die Symmetrie ihres Ziels stark betont. Der EZB-Rat werde gegen zu niedrige Inflationsraten genauso entschlossen vorgehen wie gegen zu hohe Raten.