Beratungen der EU-Energieminister

Europa ist in Energiefragen gespalten

Die EU-Staaten finden keine gemeinsame Basis in der Energiepolitik. Bei einem Treffen der Energieminister zeigte sich erneut eine Spaltung der Union in mindestens zwei Gruppen.

Europa ist in Energiefragen gespalten

ahe/ms Brüssel/Frankfurt

Die EU-Energie­minister haben sich bei einem außerordentlichen Treffen in Brüssel nicht auf gemeinsame Schritte gegen die explodierenden Energiepreise einigen können. Dies bestätigte der slowenische Infrastrukturminister Jernej Vrtovec, der die Sitzung geleitet hatte.

Insbesondere Spanien hatte zuvor auf einen gemeinsamen Erdgas-Einkauf der EU-Staaten gedrängt und ein eigenes Positionspapier für eine Reform des Energiemarktes vorgelegt. Das Land ist besonders von der aktuellen Preisentwicklung betroffen, da es vor allem auf dem Spot-Markt kauft und im Gegensatz etwa zu deutschen Versorgern nicht auf langfristige Gaslieferverträge setzt. Spanien will wie auch Frankreich, Griechenland oder Tschechien eine größere Reform des EU-Energiemarkts, darunter eine Entkopplung der Strom- und Gaspreise. Die spanische Energie-Staatssekretärin Sara Aagesen Muñoz bezeichnete die Energiepreisentwicklung in Brüssel als „ein besonders wichtiges Problem für Europa mitten im wirtschaftlichen Aufschwung, für das man außergewöhnliche Lösungen finden“ müsse.

Die Bundesregierung positionierte sich allerdings ebenso klar gegen Markteingriffe und veröffentlichte mit acht weiteren Ländern – den Nachbarstaaten Niederlande, Österreich, Luxemburg und Dänemark sowie Irland, Finnland und den baltischen Staaten Estland und Lettland – schon vor dem Ministertreffen ein eigenes Positionspapier. „Wir können keine Maßnahme unterstützen, die mit dem Gas- und Strombinnenmarkt in Konflikt steht, beispielsweise eine Ad-hoc-Reform des Stromgroßhandelsmarktes“, hieß es hier.

Marktdesign erhalten

Da die Preisspitzen globale Treiber hätten, müsse man mit Markteingriffen sehr vorsichtig sein. Diese seien auch kein Heilmittel gegen die Preissteigerungen auf den Märkten für fossile Brennstoffe. Besser sei, die weitere Integration der europäischen Strommärkte voranzutreiben.

Staatssekretär Andreas Feicht, der Deutschland bei den Beratungen vertrat, verwies zudem darauf, es sei auch nicht zielführend, in das EU-Emissions­handelssystem einzugreifen, das ebenfalls nicht der aktuelle Treiber der Energiepreise sei. Damit widersprach er unter anderem Polen und Ungarn, die den CO2-Handel für den Preisanstieg mitverantwortlich machen.

Unterstützung kam auch von der EU-Kommission, die sich ebenfalls noch einmal skeptisch gegenüber Eingriffen in das Marktdesign aussprach. „Ich bin überzeugt, dass das jetzige System das beste ist“, betonte Energiekommissarin Kadri Simson. Über Marktmanipulationen als Basis für die Preisentwicklung habe ihre Behörde bislang keine Informationen. Und bei der geforderten Entkopplung von Strom- und Gaspreisen sei unklar, wie dies in der Praxis funktionieren solle. Zudem müsse hier die Versorgungssicherheit mit beachtet werden.

In der Stromerzeugung der EU haben die erneuerbaren Energien im vergangenen Jahr erstmals die Produktion auf Basis von fossilen Energieträgern überholt (siehe Grafik), wie die EU-Kommission am Dienstag mitteilte. Über die künftige Rolle der Atomkraft, die aktuell noch für 25% der EU-Stromproduktion verantwortlich ist, wurde auch auf dem Ministertreffen intensiv gestritten, wie es im Anschluss hieß. Die EU-Kom­mission will noch in diesem Jahr klären, wie es mit der Atomenergie in der Taxonomie weitergeht.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hatte erst Ende vergangener Woche erklärt, dass die Hartnäckigkeit und das globale Ausmaß der aktuellen Preisspitzen auf dem Energiemarkt „beispiellos“ seien, und gewarnt, dass die Probleme mindestens bis zu Beginn des nächsten Jahres andauern dürften. Dann, so die Hoffnung, sollten die Preise wieder auf ein normaleres Niveau zurückgehen, da die Heizungsnachfrage nachlassen und sich das Angebot anpassen sollte.

Die politischen Entscheider stünden vor „schwierigen Entscheidungen“, so der IWF. Die Regierungen sollten Maßnahmen ergreifen, um Stromausfälle zu verhindern, zumal diese zu Störungen in der globalen Versorgungskette führen könnten.