Europas Arbeitsmärkte driften auseinander

EU-Kommission zeichnet düsteres Bild für Süden und Osten und spricht von einem "miserablen Jahr"

Europas Arbeitsmärkte driften auseinander

fed Brüssel – Im Euroraum und in der EU werden die Unterschiede zwischen den Entwicklungen der Wirtschaftskraft und der Beschäftigung im Norden und im Süden immer eklatanter. Der aktuelle Arbeitsmarktbericht der EU-Kommission präsentiert eine ausgesprochen unerfreuliche Bilanz für die Länder am Mittelmeer. So gab es etwa 2007 ähnlich hohe Arbeitslosenraten in den Euro-Staaten des Südens und des Nordens. Anschließend kletterte die Differenz der Erwerbslosenquoten jedoch auf mehr als 7 Prozentpunkte.Besonders dramatisch bleibt die Lage in Griechenland und Spanien. Nach aktuellen Daten von Eurostat lag dort die Arbeitslosigkeit bei mehr als 26 %. Im Vergleich dazu rangieren Luxemburg, Deutschland und die Niederlande mit weniger als 6 % und Österreich sogar mit nur 4,5 % am anderen Ende der Tabelle. Im – vor diesem Hintergrund mit Vorsicht zu genießenden – Durchschnitt ergibt sich ein Wert von 11,8 % für die Eurozone, obwohl gerade einmal fünf der 17 Euro-Mitglieder darüber liegen – dieses Quintett (neben Griechenland und Spanien auch Portugal, Irland und die Slowakei) dafür aber deutlich.EU-Kommissar Laszlo Andor bezeichnet 2012 ungeschminkt als “ein weiteres miserables Jahr für Europa” – diese drastische und direkte Formulierung ist ungewöhnlich für einen EU-Kommissar. Er macht zugleich wenig Hoffnung, dass sich die Aussichten zügig aufhellen. Zwar zeigt ein wichtiges Stimmungsbarometer der Wirtschaft in Euroland, der Economic Sentiment Indicator, am aktuellen Ende wieder leicht aufwärts. Der ESI stieg um 1,3 Punkte auf 87,0. Die Volkswirte melden einen Anstieg für alle Branchen außer den Einzelhandel. Jenseits dieses kleinen Hoffnungsschimmers sind die Prognosen für die konjunkturelle Entwicklung in den Ländern des Club Med aber nach wie vor düster. “Es ist unwahrscheinlich, dass sich die sozioökonomische Lage in Europa 2013 wesentlich verbessern wird”, meint Andor.Der EU-Sozialkommissar warnt, dass die Gefahr, in Armut abzurutschen, “in den einzelnen Mitgliedstaaten höchst unterschiedlich ausgeprägt” sei. Das Bruttorealeinkommen, das den Haushalten zur Verfügung steht, sei in den Zeiten der Krise binnen drei Jahren in den besonders hart betroffenen Ländern dramatisch gesunken – in Griechenland beispielsweise um 17 %. Aber auch in Spanien, Zypern, Estland oder Irland haben die Menschen deutlich weniger Einkommen.Der Ungar hält an seinem Vorschlag fest, dass die Länder der Währungsunion eine gemeinsame Arbeitslosenversicherung aufbauen sollten. Allerdings hält er es selbst für unrealistisch, mit diesem Instrument noch auf die aktuellen Probleme reagieren zu können. Seine Idee sei eher langfristig orientiert, signalisiert Andor. Ein erster konkreter politischer Schritt auf diesem Wege könnte eine öffentliche Konsultation sein.Der EU-Kommissar verteidigt die Entscheidung, Spanien ein weiteres Jahr zu erlauben, keine neuen rumänischen Arbeitssuchenden aufzunehmen. Diese Einschränkung der Freizügigkeit sei aber nur mit der besonderen Situation in Spanien zu rechtfertigen, wo die Arbeitslosenrate unter immigrierten Rumänen noch höher liege als die spanische. Andor kündigt an, dass 2014 keine weitere Verlängerung dieser Ausnahmeregelung in Frage komme. Auch habe kein anderer EU-Staat einen solchen Antrag gestellt.