EZB erwartet niedrigeres und stabiles Lohnwachstum
EZB erwartet niedrigeres und stabiles Lohnwachstum
EZB erwartet niedrigeres Lohnwachstum
Rückgang könnte hartnäckige Dienstleistungsinflation senken – Erzeugerpreise sinken überraschend
Die Entwicklung der Tariflöhne und der Erzeugerpreise signalisiert einen nachlassenden Inflationsdruck im Euroraum. Die Daten geben denjenigen Auftrieb, die sich eine weitere Zinssenkung vorstellen können. Bundesbankpräsident Joachim Nagel sieht dagegen keine Anzeichen für eine mittelfristig zu niedrige Inflation.
mpi Frankfurt
Neue Daten zur Entwicklung der Tariflöhne und der Erzeugerpreise im Euroraum geben denjenigen im EZB-Rat Auftrieb, die sich eine Zinssenkung der Notenbank im Dezember vorstellen können. Der EZB-Indikator für die Entwicklung der Tariflöhne misst für August eine Verlangsamung des Wachstums auf 2,2% nach 2,9% im Juli. Für die darauffolgenden Monate signalisiert die Schätzung einen weiteren Rückgang.
Im November und Dezember könnte der Notenbank zufolge das Wachstum nur noch bei 1,8% liegen. Diesen Wert weist die EZB auch für die ersten beiden Quartale 2026 aus, ehe es einen leichten Anstieg auf 2,2% geben könnte. Die Entwicklung der Löhne ist für die EZB derzeit von besonderer Bedeutung bei der Kalibrierung ihrer Geldpolitik. Denn die Inflation im arbeitsintensiven Dienstleistungssektor ist wegen des hohen Lohnwachstums aktuell stark überdurchschnittlich.

Im Oktober ist sie nach vorläufigen Daten des Statistikamts Eurostat von 3,2 auf 3,4% gestiegen. Sollte der Preisauftrieb bei Dienstleistungen in den kommenden Monaten wegen des niedrigeren Lohnwachstums deutlich nachlassen, würde dies den Wert für den gesamten Warenkorb nach unten drücken. Die Euro-Inflation lag im Oktober bei 2,1%. Die EZB erwartet ein temporäres, geringfügiges Unterschießen ihres Inflationsziels von 2,0%. So sagt sie derzeit für 2026 eine durchschnittliche Rate von 1,7 und für 2027 von 1,9% voraus. Sollte die im Dezember aktualisierte Projektion der EZB deutlich niedrigere Werte ausweisen, könnte dies im EZB-Rat eine Diskussion um eine Zinssenkung entfachen.
Revision nach unten
Ein Hinweis für eine etwas niedrigere Inflation als erwartet könnte die Entwicklung der Erzeugerpreise sein. Entgegen den Vorhersagen von Ökonomen sanken die Erzeugerpreise im September im Vergleich zum Vormonat um 0,1%. Eurostat revidierte zudem das Minus für August von 0,3 auf 0,4%. Die Erzeugerpreise gelten als Frühindikator für die Verbraucherpreise, anhand denen die EZB ihre Geldpolitik steuert. Unternehmen geben veränderte Produktionskosten oftmals zeitverzögert mindestens teilweise an ihre Kunden weiter.
Ein Grund für den Rückgang der Erzeugerpreise waren niedrigere Energiekosten für die Industrie. Energiepreise sind allerdings traditionell ziemlich volatil. Die Herstellerpreise für Investitionsgüter wie Maschinen und Anlagen stagnierten im September ebenso wie jene für Vorleistungsgüter.
Zwei Lager in der EZB
Der österreichische Notenbankpräsident Martin Kocher bestätigte am Montag, dass es derzeit zwei Lager in der Zentralbank gibt. „Es ist kein Geheimnis, dass es einige Mitglieder des EZB-Rats gibt, die sich noch vorstellen können, einen Zinsschritt zu machen, sollten die Daten das im Dezember hergeben.“ Andere glaubten hingegen, das Ende des Zinssenkungszyklus sei erreicht. Kocher betonte, eine Entscheidung werde auf Basis der Daten gefällt: „Und ich bin mir sicher, wir werden dann so viel Klarheit haben, dass die Entscheidung auch gar nicht so schwierig sein wird.“
Bundesbankpräsident Joachim Nagel sagte am Mittwoch, dass er aktuell keine Anzeichen für eine mittelfristig unerwünscht niedrige Inflation im Euroraum feststellt. „Was ich derzeit sehe, ist, dass wir auf mittlere Sicht ziemlich nahe unserem Inflationsziel sind“, sagte er bei einer Veranstaltung in Paris. „Wir befinden uns in einer guten, aber in dieser sehr unsicheren Welt nicht in einer komfortablen Position“, sagte sein französischer Amtskollege François Villeroy de Galhau.
