Briefe der CSO der Notenbank

Gewerkschaft IPSO verklagt EZB wegen Einschüchterung

Nach einem Gespräch des Personalratsvorsitzenden der EZB mit der Börsen-Zeitung hat die CSO der Notenbank diesen aufgefordert, sich nicht mehr öffentlich rufschädigend zu äußern. Die Auseinandersetzung landet nun vor Gericht.

Gewerkschaft IPSO verklagt EZB wegen Einschüchterung

Gewerkschaft verklagt EZB

Vorwurf der Einschüchterung durch Chief Service Officer der Zentralbank

mpi Frankfurt

Die Gewerkschaft IPSO geht juristisch gegen die Europäische Zentralbank vor. Wie IPSO am Montag mitteilte, hat sie bereits in der vergangenen Woche Klage vor dem Gerichtshof der EU gegen die EZB erhoben. Die Gewerkschaft wirft der EZB vor, ihre Mitglieder eingeschüchtert zu haben, um unliebsame öffentliche Äußerungen zu verhindern.

„Die Klage richtet sich gegen Schreiben der Chief Services Officer (CSO) der EZB, in denen sie Mitarbeitern und Gewerkschaftsvertretern untersagt, sich öffentlich zu Problemen am Arbeitsplatz zu äußern, wie beispielsweise Begünstigungen und eine Kultur der Angst bei der EZB“, heißt es in der Pressemitteilung von IPSO. Dies sei eine Verletzung der Meinungs- und Vereinigungsfreiheit, die durch die Charta der Grundrechte der EU und die Europäische Menschenrechtskonvention garantiert ist. Deswegen ist nach Ansicht der Gewerkschaft der Gerichtshof der EU zuständig in dieser Angelegenheit.

IPSO wirft der EZB schon länger vor, ein „Klima der Angst“ zu schaffen. Dadurch würden sich Mitarbeiter häufig nicht trauen, Kritik zu äußern, aus Sorge vor Karrierenachteilen wie ausbleibende Vertragsverlängerungen und Beförderungen. Zudem seien psychische Erkrankungen durch das angeblich schlechte Arbeitsklima weit verbreitet. Als Belege für ihre Vorwürfe führt IPSO Umfragen unter Mitarbeitern an, die sie durchgeführt hat. Die EZB bestreitet die Vorwürfe vehement und verweist unter anderem auf eigene Umfragen mit besseren Ergebnissen.

Kritik am Führungspersonal

Bei einer IPSO-Umfrage im April hatte eine Mehrheit angegeben, dem Board der EZB nicht mehr zu vertrauen. Besonders schlecht waren die Umfragewerte der CSO Myriam Moufakkir. Hier sprachen 69% der Befragten ihr Misstrauen aus. Die Börsen-Zeitung hatte nach der Veröffentlichung der Umfrage mit Carlos Bowles, dem Personalratschef der EZB gesprochen, der gleichzeitig auch Vize-Präsident von IPSO ist. Dieser erhob schwere Vorwürfe gegen die Notenbank. „Ob sie ihren Job behalten, hat nichts mit messbaren Leistungen zu tun. Es hängt nur damit zusammen, ob ihr Vorgesetzter sie behalten möchte oder nicht“, sagt er damals. „Es gibt daher Druck, Studienergebnisse anzupassen und Probleme nicht anzusprechen“, ergänzte er. Auch diese Anschuldigungen wies die EZB auf Anfrage der Börsen-Zeitung damals vehement zurück.

Anschließend versendete die CSO der EZB die Schreiben, die nun Gegenstand der juristischen Auseinandersetzung sind. Sie wirft Bowles vor, mit seinen Äußerungen die Treuepflicht gegenüber der EZB verletzt zu haben. Zudem forderte sie ihn auf, künftig keine öffentlichen Äußerungen zu tätigen, die „dem Ruf der EZB schaden“. Nachdem sich der Board von IPSO deswegen bei EZB-Präsidentin Christine Lagarde beschwert hatte, hätte die CSO ein ähnliches Schreiben an das gesamte Board von IPSO verschickt.

Das Verhältnis zwischen EZB und IPSO ist auch über diesen Sachverhalt hinaus sehr angespannt. So plant die Notenbank etwa, die Arbeitszeit zu begrenzen, die Mitarbeiter für Personalratstätigkeiten aufwenden dürfen. Für Bowles ist dies eine Vergeltungsmaßnahme als Reaktion auf die unerwünschten Umfrageergebnisse und öffentlichen Äußerungen. Die EZB widerspricht: Um sicherzustellen, dass die Personalvertreter eng mit der eigentlichen Arbeit der Notenbank verbunden bleiben, sollen sie nicht nur für dieses Gremium arbeiten.