Immer mehr Neuaufträge

Automobilindustrie über Vorkrisenniveau - Maschinenbau hinkt hinterher

Immer mehr Neuaufträge

Die deutsche Industrie macht spürbare Fortschritte bei der Erholung vom Coronaschock: Im August hat das verarbeitende Gewerbe mehr neue Aufträge eingesammelt als erwartet. Frühindikatoren wie etwa die Produktionserwartungen lassen hoffen, dass die Erholung weiter voranschreiten wird.ba Frankfurt – Vor allem die höhere Nachfrage aus den Ländern des Euroraums hat der deutschen Industrie im August das vierte Auftragsplus in Folge beschert. Trotz des kontinuierlichen Aufholprozesses nach dem Coronaschock ist das Vorkrisenniveau noch nicht erreicht – und dies lag im Frühjahr zudem noch um etwa 10 % unter den Höchstständen von Ende 2017. Die Geschäfte im verarbeitenden Gewerbe laufen zwar besser als zuletzt und kompensieren auch die Schwäche im Dienstleistungssektor, wie etwa der jüngste Einkaufsmanagerindex oder das Ifo-Geschäftsklima zeigen, über den Berg ist die Industrie damit aber nicht. Die Aussichten auf eine weitere Erholung stehen angesichts der sinkenden Kurzarbeit und gestiegener Export- und Produktionserwartungen insgesamt nicht schlecht. Besser als erwartetLaut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) sammelte das verarbeitende Gewerbe 4,5 % mehr Neuaufträge ein als im Juli. Ökonomen hatten nach dem Zuwachs von revidiert 3,3 (zunächst: 2,8) % im Juli im Schnitt mit einer 3,0 % höheren Orderzahl gerechnet. Im Vergleich zu Februar, dem letzten vollständigen Monat vor dem Lockdown, liegt der Auftragseingang 3,6 % niedriger, zum Niveau von August 2019 fehlen 2,2 %. “Der Aufholprozess der Auftragseingänge im Verarbeitenden Gewerbe setzt sich weiter mit bemerkenswertem Tempo fort”, kommentierte das Bundeswirtschaftsministerium die gestern veröffentlichten Daten. Getragen werde er vor allem von der Nachfrage aus dem Ausland. Am kräftigsten legten die Bestellungen aus den Euro-Ländern zu (+14,6 %), während aus der übrigen Welt 1,5 % mehr kamen. Insgesamt gingen aus dem Ausland damit 6,5 % mehr Aufträge ein als im Vormonat. Die Inlandsbestellungen stiegen um 1,7 %. Und auch ohne die Berücksichtigung der volatil ausfallenden Großaufträge lag das Plus der Neubestellungen um 4,5 % über dem Vormonatsniveau.Als erfreulich an den Zahlen wertet Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank, dass in der Automobilindustrie – der größten Branche des verarbeitenden Gewerbes – “der Auftragseingang jetzt 0,3 % über dem Vorkrisenniveau im Februar 2020 liegt”. Mau sehe die Bilanz allerdings noch im – ebenfalls sehr wichtigen – Maschinenbau aus: Trotz des Plus von 11,4 % im Monatsvergleich sei der Auftragseingang gegenüber Februar noch um 5,8 % im Minus.Ralph Solveen, Ökonom der Commerzbank, wertet den Anstieg der Maschinenbauaufträge als gute Nachricht, “da er zeigt, dass die Unternehmen angesichts der fortschreitenden Erholung der Weltwirtschaft ihre Investitionen allmählich wieder hochfahren”. Die Frage der Investitionen treibt auch den Industrieverband BDI um: Beim “Tag der Industrie” forderte Verbandspräsident Dieter Kempf erneut bessere Rahmenbedingungen für Innovationen und Investitionen (siehe Bericht Seite 4).Solveen erwartet, dass die “Industrie im beträchtlichen Ausmaß zu dem von uns erwarteten deutlichen Plus des realen Bruttoinlandsproduktes” im dritten Quartal von 9 % im Quartalsvergleich beitragen wird. Im zweiten Quartal war das BIP noch um 9,7 % eingebrochen. Dass die Produktion im August leicht gefallen sei, worauf der um 0,1 % zum Vormonat gesunkene reale Industrieumsatz hindeutet, ändere an seiner Einschätzung nichts, da die in diesem Jahr später als üblich gelegenen Werksferien die Produktion im August unüblich stark beeinträchtigt hätten. Die Auftragszahlen sowie die am Montag vorgelegten VDA-Zahlen zur Autoproduktion im September sprächen dafür, dass die Produktion im September “wieder deutlich zugelegt hat”. Destatis veröffentlicht heute die Produktionszahlen: Während Solveen ein Minus von 0,5 % im Monatsvergleich prognostiziert, liegen die Erwartungen der Ökonomen im Durchschnitt bei 1,0 %.Verbesserte Produktionserwartungen für die kommenden Monate zeigt die jüngste Ifo-Umfrage: Der entsprechende Indikator kletterte im September um 5,2 auf 20,8 Punkte. “Der Ausblick in den einzelnen Branchen ist aber sehr unterschiedlich”, betonte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe.